Gott, wir
gedenken deiner Güte in deinem Tempel.
Psalm 48,10
Psalm 48,10
Lasst uns
aufeinander acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht
verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander
ermahnen.
Hebräer 10,24-25
Hebräer 10,24-25
Liebe
Hausgemeinde!
Was macht
die Kirche, was nur die Kirche macht? Was machen wir, was sonst kein Anderer
macht? Woran sind wir so eindeutig als Kirche zu erkennen, dass man uns gar
nicht verwechseln kann?
Das ist,
auf modernem Medienfachsprech gesagt, die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal
der Kirche.
Dieses, so
wird man allenthalben von Marketingfachleuten, den modernen Nachfahren der
Marktschreier, belehrt, dient dazu, die Kirche auf dem Markt zu profilieren.
Ich stelle
die Frage immer wieder einmal gerne im Gespräch. Und bin immer ganz erstaunt
über die Antworten.
Da kommt:
„Naja, wir
stehen für Werte wie Nächstenliebe und Vertrauen“. Aha. Das würde die AWO auch
sagen, auch der friedliche Islam würde das sagen, und nur ein sehr hartgesottener
und fehlgeleiteter Atheist würde das nicht für sich in Anspruch nehmen. Werte?
Das ist nicht unser Alleinstellungsmerkmal.
„Ja, gut, soziale
Aktivitäten, wir kümmern uns“.
Nun, auch
das tun andere gut, sehr gut sogar, oft besser als wir, weil weniger umständlich
und betulich. Wer würde das bestreiten?
„Nun: wir
kümmern uns um die Seele.“
Tja, aber
das tun die Kurhessen-Thermen nach eigenem Bekunden auch. Und auch der
Yoga-Lehrer in der umgebauten Scheune im Dorfkern tut das. Und eine Armee von
Therapeuten kümmert sich.
„Wir
halten die Tradition aufrecht“. Das macht der Dorfverschönerungsverein, der
Gesangverein, die historische Gesellschaft und selbst die Kirmesbuchen auch.
Und oft richtig gut. Hochzeiten und Beerdigungen machen inzwischen auch Profis,
bei denen es sich lohnt, einmal hinzuschauen, womit die so viel Geld verdienen.
„Wir
halten den Glauben an Gott wach“. Das klingt schon besser, möchte man meinen.
Aber das würden der Imam, der Rabbi und die Zeugen Jehovas auch sagen.
Jetzt ist
der Punkt der Verunsicherung langsam erreicht. „Ja, wozu sind wir denn dann da?
Was macht uns zur Kirche?“
Nun denn,
die Antwort auf die Frage ist kinderleicht. ich gebe sie immer wieder gerne.
Und ernte damit immer wieder gerne bedenkliche Blicke, gefaltete Stirnen, gemessen-zweifelndes
Kopfwiegen. Das stimmt nun wieder mich sehr bedenklich und zeigt mir: Hier
stimmt was nicht. Haben wir vergessen,
wer wir sind?
Denn die
Antwort lautet: Kirche ist überall dort, wo das Evangelium lauter und rein
verkündigt und die Sakramente gemäß dem Worte Gottes gereicht werden. So steht
es in der Grundurkunde der evangelischen Kirche, der Confessio Augustana. Mit
anderen Worten: Dort, wo christlicher Gottesdienst stattfindet, da ist die
Kirche. Das machen nur wir. Nur wir
verehren Jesus Christus in der Versammlung der Getauften und reichen Abendmahl
und Taufe so, wie sie in der Bibel stehen. Also noch klarer:
Jesus
Christus macht uns zu Christen und damit zur Kirche. An Jesus Christus erkennt
man uns. Wo man darauf trifft, da trifft man auf Kirche. In vielerlei Gestalt,
wohlgemerkt. das ist nicht das Alleinstellungsmerkmal der Evangelischen Kirche
von Kurhessen Waldeck - das findet man in der Grundordnung.
Nein, es
geht um die Kirche als die Gemeinschaft der Heiligen, als die von Gott gerufenen
getrösteten Sünder und Sünderinnen, als die Boten der Frohen Botschaft von der
Versöhnung, es geht um uns, die wir das Salz der Erde und das Licht der Welt –
nein, nicht sein sollen: sondern eben sind!
Denn das
ist die wunderbare Botschaft, die uns anvertraut ist.
Die Tageslosung
beschreibt, was der Kern einer christlichen Existenz ist, und wo wir zu denken
anfangen und aufhören müssen: Gott, wir gedenken deiner Güte in
deinem Tempel, betet Israel und wir mit ihm. Dieser Tempel aber ist für den Glauben der
Leib Christi, schreibt Paulus, und das ist die versammelte Gemeinde. Alles, was wir als Kirche sonst noch tun, auch und
gerade das, was in diesem Haus hier geschieht – und ihr wisst, wie sehr ich
inzwischen die Arbeit, die in diesem Hause gleistet wird, schätze und für
wertvoll einschätze – alle Arbeit, die wir als Kirche leisten, dient nur diesem
einem: Gottesdienst zu ermöglichen, damit das Wort Gottes nicht verstummt und
wir als Kirche sichtbar und vor allem hörbar bleiben, als Kirche, und nicht als
Traditionsverein zur Pflege christlichen Brauchtums. Wir werden in den nächsten
Jahren diese Frage nach dem Kern unseres Tuns immer und immer wieder stellen.
Wir werden uns verabschieden müssen von unserem Wohlstand, und wir werden uns verabschieden müssen von
Dingen, über die wir jetzt noch gar nicht nachzudenken uns trauen. Nur vom
Gottesdienst, sollten wir uns nicht verabschieden. Aber dafür braucht´s nur Menschen und einen
Ort.
Und ich finde,
und das nehme ich aus den 2 ½ Jahren meiner Tätigkeit auf dem Marktplatz der
Meinungen mit, ich finde, wir können das ruhig offensiv und deutlich tun, auch
und gerade untereinander. Denn die Probleme sind nicht neu. Gemeinden haben
schon immer darum kämpfen müssen, bestehen zu bleiben. Der Schwund des Gottesdienstbesuches
ist nichts Neues. in der Gemeinde, in der ich jetzt anfange, ist der
Gottesdienstbesuch heute fast dreimal so hoch wie vor 70 Jahren. Es war
letztlich die preussische Polizeiverordnung, die dafür sorgte, dass im 19.
Jahrhundert die Kirchen Sonntag voll waren, jedenfalls auf dem Dorf. In den
Städten sah es immer schon anders aus, je nach Epoche. In Schleiermachers
Berlin, also um 1820, sah es auch ganz schlecht aus.
Wir haben da
auch ganz falsche Vorstellungen.
Dabei bräuchten
wir bloß aufmerksam die Bibel zu lesen. Der Hebräerbrief, ein Text aus der
dritten Generation, der schreibt am Ende seiner Gemeinde schon hinter die Ohren,
worum es geht, und zwar deutlich:
Lasst uns
aufeinander acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht
verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander
ermahnen.
Ja genau, darum geht es, dass wir uns zur Gemeinschaft auch anreizen und
ermahnen, einander einladen, einander mitbringen und einander tragen und
stützen. Wir spüren doch, wie gut es uns tut, wenn wir einander sehen und
erleben. Kein Medium, kein Fernsehen, kein Radio, kein Internet kann ersetzen,
dass man sich Aug´ in Aug´ sieht, eng beieinander sitzt und sich seines
Glaubens durch bloßes Dasein vergewissert. Der Glaube ist nicht
selbstverständlich. Alles in uns Sündern wehrt sich dagegen. Wir sind faul und
träge, wir sind im Kern gottlos. Käme Gott nicht zu uns, wir kämen nicht zu
ihm. Wir wollen uns gar nicht verändern lassen. Wir sind zwar unglücklich, in
dem, was wir sind, aber wir fürchten das mögliche Unglück der Veränderung noch
viel mehr. Damit aber verpassen wir auch das Glück der Veränderung. Wer Gottes
Wort nicht hört, wird nicht von selber darauf kommen. Darum. Gottesdienst,
Unterricht, Seelsorge. Eine Kirche, die nicht Gottesdienst feiert, wie ist wie ein
Fußballverein, der nicht spielt, ist wie ein stummes Orchester oder wie ein
Verschönerungsverein, der sich Dias davon anschaut, wie schön es mal war.
Ich will raus, ich will an die Menschen und unter Menschen. Dahin bin ich
gerufen. Da gehe ich wieder hin. Dafür bin ich ordiniert: das zu tun, was der Hebräerbrief
uns ans Herz legt, damit wir Kirche bleiben.
Und dass ich das mitmeiner Frau zusammen darf und unter so passenden
Verhältnissen, empfinde ich als besonderen Segen und besondere Herausforderung.
Diese Chance, so jedenfalls unser Gefühl, kommt so schnell nicht noch einmal.
Gottesdienst ist das Alleinstellungsmerkmal der Kirche,
die Verkündigung der Botschaft von Jesus Christus,
die Anbetung Gottes des Vaters, des Schöpfers
und das Leben aus der Liebe, die vom Geist gestiftet wird.
Jeder und jede an seinem Ort.
Jeder und jede nach seinen Gaben.
Jeder und jede nach seiner Kraft.
Aber immer im Dienst des Herrn:
Gott, wir
gedenken deiner Güte in deinem Tempel.
Lasst uns aufeinander acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen.
Lasst uns aufeinander acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen.
Darum gehe ich jetzt an meinen Ort.
In diesem Sinne: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen.
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