Freitag, 27. Dezember 2013
Predigen unter neuen Voraussetzungen
Ich merke es selber: ich predige zu wenig. Ich komme nicht in den Rhythmus. Während ich jetzt ja viele theologische Texte aller Art schreibe und dabei spüre, wie sich mein Stil und mein Denken verflüssigen, bemerke ich beim Predigen eher eine Art Stillstand. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass ich die Gemeinde erst noch finden muss bzw. sie mich. Mal sehen. Aber ich habe ja bisher auch wenig Gottesdienste gehabt, in denen ich einfach mal nur die Perikope predigen konnte. Ich hatte eigentlich bisher nur "Kasualien", wenn man so will, außer dem 4. Advent. Und da bin ich auch ganz zufrieden mit. Weihnachten litt ein wenig unter der Hetze eines zu eng geschnittenen Gottesdienstplanes: da muss etwas geschehen, wir tun uns keinen Gefallen damit. Nun denn, ich muss also meine Leser und Leserinnen (derer es ja doch viele gibt) vertrösten. Es wird noch dauern bis ich wieder Tritt gefasst habe beim Predigen.
Dienstag, 24. Dezember 2013
Predigt Gal 4,4-7. Zumutung! Gottesdienst zum 1. Feiertag, 2013
Gal 4,4-7
4 Als aber die Zeit erfüllt war,
sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan,
5 damit er die, die unter dem Gesetz
waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. 6 Weil ihr nun Kinder seid,
hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba,
lieber Vater!
So bist du nun nicht mehr Knecht,
sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.
Weihnachten, liebe Gemeinde, ist eine
Zumutung.
Und ich meine damit nicht all den
lauten oder leisen Kult, den wir in den letzten Wochen wieder erlebt haben und
der uns, je nach Gemüt und Charakter, auf die Nerven geht oder auch
nicht. Das ist Brauchtum: das kann man mögen oder nicht.
Weihnachten ist eine Zumutung, weil
es eine Tat, ein Fest Gottes ist. Weihnachten mutet uns zu, zu glauben. Und
gleichzeitig traut uns Gott auch zu, zu glauben. So wie es den Hirten und den
Weisen aus dem Morgenland, ja sogar den Engeln zugemutet wurde zu glauben.
Maria, Joseph, die Hirten, die Weisen, später die Jünger und all die
Menschen, denen Jesus begegnete, und noch später all die Menschen, die vom
Geist Gottes getroffen wurden, durch das Wort der Predigt und die Zeichen der
Sakramente: Sie wurden vom Wort Gottes getroffen und nun hieß und heißt es:
Glaube! Vertraue auf das, was du hörst! Vertraue auf Gott! Sie wurden und werden
überwältigt von der Liebe Gottes. Es kam alles so anders, als sie dachten. Weil
Gott ganz anders ist, als wir denken.
Sie alle hatte nicht damit gerechnet
und rechnen nicht damit, das Gott ernst macht mit dem, was er seit
Jahrhunderten verheißen hat: dass er kommt, um die Welt zu ändern. Dass er
kommt, um Gericht zuhalten und Gerechtigkeit herzustellen. Aber auf seine
Weise. Nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Leibe und Sanftmut. Fürchtet
Euch nicht! lautet die frohe Botschaft. Gott kommt!.
Aber wie kommt er! Er kommt als ein
Kind, das zu einem sanftmütigen, den Menschen zugewandter Mann heranwächst. Er
kommt nicht gewaltig, und schon gar nicht gewalttätig. Er erfüllt nicht unsere
Träume von Rache und Vergeltung, sondern von Liebe und Wertschätzung. Er
kommt nicht als Mächtiger zu den Mächtigen, sondern als Armer zu den Armen. Er
kommt zu seinen Kindern, nicht um sie zu enterben, wozu er allen Grund hätte,
sondern um sie als Erben einzusetzen. Er macht ernst mit dem, was er über
Jahrhunderte durch die Propheten verkündigt hat: Er kommt, die Welt zu ändern,
von innen heraus. Mit einfachen, schlichten Mitteln. Mitten in der
Weltgeschichte mit all ihren Grausamkeiten, mit aller ihrer Ungerechtigkeit,
Brutalität und entfesselten Dummheit beginnt er eine neue Geschichte. Und
an Weihnachten fängt diese Geschichte an. Und wir kommen alle darin vor.
Das ist die Zumutung des
Weihnachtsfestes: es ist die Zumutung der Freiheit und der Liebe, die uns in
den Dienst nehmen und uns rufen. In Wahrheit ist eine Ermutigung!
So hat es Paulus erlebt, davon
schreibt er in den trockenen und scheinbar so spröden Worten, die uns heute als
Predigttext aufgegeben sind.
„4 Als aber die Zeit erfüllt
war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan,
5 damit er die, die unter dem Gesetz
waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. 6 Weil ihr nun Kinder seid,
hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba,
lieber Vater!
So bist du nun nicht mehr Knecht,
sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.“
Inder trockenen Sprache des frommen
Rabbiners und Rechtsgelehrten hört man die tiefe Erschütterung, die diesem
Menschen wiederfahren ist. Und was ist ihm wiederfahren? Nun, seine kühnsten
Träume, seine tiefsten Hoffnungen, seine innersten Wünsche gingen in Erfüllung.
Aber wie! Es traf ihn, wie Maria, wie Joseph, wie die Hirten, wie die Weisen
aus dem Morgenlande: Er hörte den Ruf Gottes und konnte nur noch „Ja!“ sagen.
Und das krempelte sein Leben vollständig um. Aus dem fanatischen
Schriftgelehrten, aus dem Christenverfolger und Jesushasser wurde der Apostel,
der den Glauben zu uns brachte.
Paulus, der jüdische Gelehrte, hatte
versucht, wie die meisten von uns, ein rechtschaffenes, ein gutes, ein frommes,
ein gottgefälliges Leben zu führen, in der stillen Hoffnung, dass er damit den
Willen Gottes erfüllt, dass er damit mit sich und mit Gott ins Reine kommt,
wenn er sich an die Worte des Gesetzes hält und bis aufs letzte Komma alles
tut, was er für den Willen Gottes hielt. Seine Hoffnung war: so verdient er
sich das Erbe Gottes, Ruhm, Ehre, einen Platz an Gottes Seite, ewiges Leben.
Sein Fehler war: Gott mit dem Menschen zu verwechseln.
Das denken ja viele Menschen, dass
das so geht:
Wir rechnen auf. Wir stellen
Rechnungen aus. Wir denken nur in Gabe und Gegengabe. Wir stellen uns
Gerechtigkeit vor als die große Abrechnung.
Aber weit gefehlt. Was Paulus als
Frömmigkeit und Ernst des Glauben lebte und erlebte, entpuppte sich als
Heuchelei und Überheblichkeit, als fromme Raserei und tödlicher Fanatismus. Was
er als Glauben lebte und erlebte, entpuppte sich als bloße Ideologie und
Rechthaberei. Es war für Paulus eine zutiefst erschütternde Einsicht, dass Gott
ganz anders ist, als er ihn sich vorstellte. Es war eine zutiefst erschütternde
Einsicht, eine Zumutung eben, dass Gott sich als Liebe zeigte und seine
Gerechtigkeit sich als Geschenk entpuppte. Gott sprach zu ihm nicht, weil
er perfekt, fromm und gläubig war, sondern weil er ein Sünder, ein verlogener
und verwirrter Menschen war. Gott hat Paulus aus seinem religiösen Wahn
gerettet, wie er die Hirten aus der Vereinsamung und die Weisen aus ihrer
verdrehten Gelehrsamkeit holte, wie er Maria und Joseph aus der
Bedeutungslosigkeit holte.
Das war das Weihnachten des Paulus.
In ihm wurde Christus geboren, als er plötzlich die Stimme Gottes hörte. Und
was er hörte, war ungeheuer. Reine Liebe sprach zu ihm. Reine Gerechtigkeit.
Pure Gnade.
Paulus wurde nicht zur
Rechenschaft gezogen. Er musste sich nicht rechtfertigen vor Gott. Er wurde
nicht blamiert, vorgeführt und bestraft. Etwas völlig anderes geschah mit
ihm: Er wurde in den Dienst der Liebe gerufen. Alle Fesseln des Gesetzes, alle
Fesseln von Religion und Brauchtum fielen von ihm ab, etwas ganz Neues begann,
etwas Radikales, nie zuvor Gehörtes und Gesehenes: die Geschichte der Liebe.
Der Messias war längst da: geboren von einer jüdischen Frau. Es war der Mann,
den Paulus so tief verachtete, Jesus von Nazareth. Gott hat seine Erben längst
bestimmt: Alle die ihm vertrauen, gehören dazu. Es waren die Christen, die so
tief verfolgte.
Fortan sollte Paulus ein Zeuge von
dem sein, was er erlebt hat: Gnade! Überströmende Liebe, die weder nach Recht
und Gesetz, weder nach Sitte und Moral, weder nach Brauchtum, Kirche oder
Frömmigkeit fragt, sondern die nur eines will: unsere Gegenliebe, damit wir aus
Liebe zu lieben lernen. Die wirkliche Liebe steht nämlich über aller Moral und
Weisheit. Sie ist eine Tat: unbedingte Zuwendung, so, wie es eben nur Gott
kann. Das ist die Zumutung von Weihnachten: die Zumutung der Liebe.
Der Lebendige Christus rief ihn in
den Dienst, ohne alles, einfach so. Wie er die Hirten rief, wie er Maria rief,
und wie er uns ruft, bis heute. Erben sollen wir sein, Erben seines Reiches.
Hier ist diese Botschaft ganz
unmittelbar menschlich und politisch: Wir sind die Erben dieser Welt. Uns so
sollten wir sie auch behandeln. Muss ich euch jetzt noch große Vorlesungen
darüber halten, was das bedeutet? Wir Christen sind keine besseren Menschen,
aber wir sind hörende, aufmerksame Menschen, die Gott an ihrer Seite wissen.
Christen sind nicht mutiger als
andere, nicht klüger, nicht geschickter. Aber wir sind ohne Angst, wir kennen
den Grund der Welt, wir wissen, worauf wir vertrauen können. Wir müssen die Welt
nicht retten, weil sie längst gerettet ist. Unsere Aufgabe ist, das
weiterzusagen und uns zu fragen: wie gehen wir mit dem Erbe um, das uns
anvertraut ist?
Lasst uns dieses Erbe teilen: Brot
und Wein sind ja nur ein Anfang, sie stehen für alle Gaben der Schöpfung. Für
den Glauben ist der Wein, der hier steht, der wahre Glühwein, weil er uns zum
Brennen bringen will: Zum Brennen für Gott. Für den Glauben ist das Brot, das
wir reichen, der wahre Weihnachtschmaus: denn es stillt den Hunger unsere Seelen.
Gott sei Dank dafür, dass er unser
Leben so reich macht mit einfachen Mitteln. Gott sei Dank dafür, dass er uns zu
unserer Menschlichkeit führt mit so einfachen Taten. Gott sei Dank für Jesus
Christus, der uns alle Furcht nimmt und uns vereint in dem einen Volk, in das
man nicht geboren, sondern gerufen wird. Gott sei Dank für sein Wort, das uns
treffen will wie einst die Hirten auf dem Felde und den frommen Rabbiner
Paulus: Fürchtet Euch nicht, ich bins, der Vater Jesu Christi, Eures Bruders,
und ihr seid meine Kinder!
Amen.
Groß ist das Geheimnis, Vesper Heiligabend 2013
Ansprache 1. Tim 3, 16
16 Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens:
Er ist offenbart im Fleisch,
gerechtfertigt bim Geist,
erschienen den Engeln,
gepredigt den Heiden,
geglaubt in der Welt,
aufgenommen in die Herrlichkeit.
Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!
Genau, möchte man
rufen, genau so ist es: das Geheimnis des Glaubens ist groß. Es
übersteigt unsere Fähigkeiten, zu verstehen und zu begreifen. Darum sind
wir ja hier, alle Jahre wieder aufs Neue, um vor das
Geheimnis gestellt zu werden und von ihm zu hören:
Gott wird Mensch. Er
zeigt sich im Fleisch. Er ist gerechtfertigt im Geist. Er ist erschienen
den Engeln. Er wird gepredigt den Heiden. Er wird geglaubt in der Welt.
Er ist aufgenommen in die Herrlichkeit.
Das ist ein Lied, dass
der Apostel hier singt. Es ist ein Weihnachtslied, ein Lied, das davon
singt, wie sehr sich der Apostel freut und wie er davon ergriffen ist.
Von Weihnachten. Genau wie wir. Wir singen
auch, und oft verstehen wir so recht gar nicht, was wir singen. Wir
loben und preisen Gott, und oft verstehen wir gar nicht so genau, warum.
Wir sind tief berührt, wissen aber gar nicht so ganz genau, wovon
eigentlich. Wir kommen in die Kirche, weil uns etwas
zieht, wissen aber gar nicht so genau, was.
Weil es eben ein
Geheimnis ist. Ein Geheimnis darf man nicht verwechseln mit einem
Rätsel. Denn Rätsel kann man lösen. Geheimnisse aber werden immer
größer, je mehr man davon versteht.
Nehmen wir die Musik.
Das ist ein ganz großes Geheimnis, obwohl wir genau wissen, was da
geschieht. Und doch ist es kaum verständlich, wie sie wirkt. Da wird
Luft durch eine Blechröhre geblasen, indem mithilfe
eines hölzernen Schalters eine Klappe geöffnet wird. Die Luft beginnt
darin zu vibrieren, weil sie über eine scharfe Kante geführt wirdDa wird
ein Stahlseitl über einen kleinen Holzksten gespannt, und dann schabt
man mit Pferdehaaren, die mit Baumwachs klebrig
gemacht worden sind, darüber. Beim Ausatmen wird verbrauchte Atemluft
über eine Fleischspalte geführt, die mit Hilfe eines Muskel geöffnet und
geschlossen wird. Was ich hier beschrieben habe: die Orgel, eine Geige,
die menschliche Stimme. Alles gar nicht rätselhaft.
Aber die Geräusche, die da gemacht werden, treiben uns die Tränen in
die Augen, ergreifen unser Herzen, bewegen uns zu zutiefst, wenn wir sie
hören, aber auch wenn wir sie machen: Musik ist ein unbegreifliches
Wunder, obwohl wir genau beschreiben können, was
da geschieht. Musik verändert uns und macht uns zu besseren Menschen,
obwohl es doch nur bewegte Luft ist. Und sie führt uns zusammen in die
Gemeinschaft.
So ist es auch mit dem
Glauben. Wir erzählen Geschichten, die man genau aufdröseln kann. Wie
war das damals in Palästina? Wie sah es das aus? Wie waren die
Verhältnisse, wir wissen heute durch Wissenschaft unglaublich
viel aus der Zeit in der Jesus geboren wurde. Wir wissen, welche
Angaben in der heiligen Geschichte so geschehen sein können und welche
im Laufe der Zeit durch das Erzählen an Genauigkeit verloren haben. Und
doch hilft uns all das Wissen gar nichts, wenn uns
das Geheimnis anrührt, das in diesen Geschichten verborgen ist. Das
Geheimnis, das kein anderes ist, als Gott selber. wir hören in und unter
alle dem seine Stimme. Wir sehen in all den Rätseln ihn am Werke. Und
wir geraten ins Staunen, ins Loben und Preisen,
oder eben auch, und das wird oft unterschlagen, ins Zweifeln und
Grübeln, in Sorge, oder in Angst. Wenn Gott uns anrührt, rührt uns das
Leben selber an: Von außen und doch ganz innen, und wir wissen gar
nicht, wie uns geschieht. Wie die Musik. Das genau ist
der Zauber von Weihnachten: Da berührt uns das Geheimnis ganz tief,
weil es so einfach ist: Ein Kind wird geboren, Gott selber zeigt sich in
ihm. Weihnachten zaubert ein Lächeln in eine freudlose Welt – denn wir
werden vom Geheimnis des Lebens berührt.
Und darum meine Lieben,
ist es so wichtig, dass wir die alten Geschichten immer wieder hören
und dem Geheimnis immer wieder auf den Grund gehen, und dass wir damit
nicht aufhören und dass wir miteinander singen
und loben und Gott preisen für das, was er getan hat. Gott spricht ganz
einfach zu uns. Er kommt als Kind. Einfacher geht es nicht. Er ruft die
einfachen und schlichten Hirten: klarer kann man nicht sagen, wer zum
Glauben berufen ist. Er lässt die Weisen
aus dem Morgenlande kommen und ihn anbeten: klarer und einfacher kann
man nicht sagen, wer hier der wahre König ist. Er lässt die Engel
singen: einfacher und schlichter kann man nicht zum mitsingen einladen.
So will er uns anrühren, damit wir mithinein genommen
werden in das Geheimnis des Lebens, damit sich uns das Leben neu
erschließt und zu einem neuen, besseren Leben gerufen werde: Ehre sei
Gott inder Höhe und Frieden auf Erden bei den Menschen seines
Wohlgefallens.
Gott teilt sein Geheimnis mit uns in dieser Nacht.
Das lasst uns nach
draußen tragen, in die Dunkelheit der Welt. Vielen Menschen ist der
Glaube ein Rätsel. Viele reden davon, dass sie nicht glauben können,
weil sie denken, dass der Glauben so etwas wie Mathematik
oder Physik ist, das man studieren und lernen muss. Für viele ist der
Glaube ein Rätsel. Viele verloren ihren Glauben, weil er ihnen als
trockene Morallehre oder fromme Besserwisserei, oder gar als
doppelzüngige Heuchelei begegnet ist. Vielen ist der Glaube
egal, weil sie nicht sehen, was er bringt. Aber der Glaube ist nicht
wie Physik oder Mathematik, der Glauben ist eher wie Musik: fang an,
mach mit, lass Dich hineinziehen, höre gut zu, öffne dich für den Klang:
und sie wird dich berühren. So berühren uns die
alten, immer wieder erzählten Geschichten, die uns zum Geheimnis des
Lebens führen wollen. Die Herzen und die Hände sollen uns geöffnet
werden, damit wir Frieden in die Welt bringen, damit die Welt ein wenig
besser machen, als sie ist, damit wir das Licht
in die Welt bringen, das mit Jesus Christus in die Welt gekommen ist:
Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens:
Er ist offenbart im Fleisch,
gerechtfertigt bim Geist,
erschienen den Engeln,
gepredigt den Heiden,
geglaubt in der Welt,
aufgenommen in die Herrlichkeit.
An Weihnachten gehen wir mit nach Bethlehem, stehen wir vor der Krippe und wundern uns und spüren, dass wir gemeint sind.
Denn wie lautet es, das Geheimnis?
Oh, es ist ganz
einfach, und ihr wisst es alle, was da in dem Kind in der Krippe als
Geheimnis der Welt erscheint, was kein Physiker erforschen, kein
Mathematiker berechnen und kein Musiker komponieren kann,
es ist ganz einfach, das Geheimnis, und ihr kennt es und weil ihr es
kennt, sehnt ihr Euch danach und weil ihr euch danach sehnt, hat es Gott
offenbart als das Geheimnis der Weihnacht.
Es ist die Liebe. Was wollen wir mehr. Amen.
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Samstag, 21. Dezember 2013
Freudenboten! Predigt zum 4. Advent, Jes 53, 7-10, Großenritte/Altenritte
Lesung:
Magnificat,
Lk
1,39-45.46-55.56
Marias
Besuch bei Elisabeth
39
Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu
einer Stadt in Juda 40 und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte
Elisabeth. 41 Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte
das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt 42 und
rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die
Frucht deines Leibes! 43 Und wie geschieht mir das, dass die Mutter meines
Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte,
hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. 45 Und [a]selig bist du, die du
geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn.
Marias
Lobgesang
Und
Maria sprach:
Meine
Seele erhebt den Herrn,
und
mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; 48 denn er hat die Niedrigkeit
seiner Magd angesehen.
Siehe,
von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. 49 Denn er hat große
Dinge an mir getan,
der
da mächtig ist und dessen Name heilig ist. 50 Und seine Barmherzigkeit währt
von Geschlecht zu Geschlecht
bei
denen, die ihn fürchten.
Er
übt Gewalt mit seinem Arm
und
zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er
stößt die Gewaltigen vom Thron
und
erhebt die Niedrigen.[a]
Die
Hungrigen füllt er mit Gütern
und
lässt die Reichen leer ausgehen.[a]
Er
gedenkt der Barmherzigkeit
und
hilft seinem Diener Israel auf, 55 wie er geredet hat zu unsern Vätern,
Abraham
und seinen Kindern in Ewigkeit.
56
Und Maria blieb bei ihr etwa drei Monate; danach kehrte sie wieder heim.
Predigt:
Jes 52, 7-10
7 Wie lieblich sind auf den
Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen,
Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Deine Wächter rufen mit
lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der
HERR nach Zion zurückkehrt.
9 Seid fröhlich und rühmt
miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und
Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen
aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Liebe Gemeinde!
Es gehört für mich zu den stärksten Szenen im
ganzen Neuen Testament, was wir eben aus dem Munde der Kirchenvorsteherinnen gehört
haben:
Die beiden Frauen, die im Auftrage Gottes
Schwanger sind, treffen aufeinander. Die eine, viel zu alt schon, um noch
Kinder zu kriegen, ist überglücklich. Die andere, sehr jung und unehelich
schwanger, ist in einer schwierigen Situation. Sie sind Cousinen. Sowohl
Elisabeth als auch Maria stammen aus einem priesterlichen Geschlecht, ihre
Stammbäume ragen tief in die Geschichte des Volkes Israel hinein. Sie wissen,
was ihre Schwangerschaften bedeuten. Die eine, Elisabeth, wird den letzten
Propheten gebären. Die andere, Maria, den neuen König. Sie sind von diesem
Wissen ganz erfüllt.
Aber sonst weiß es niemand. Und es glaubt
ihnen auch niemand. Vor allem Maria wird es schwer gehabt haben, das erzählt uns
das Matthäusevangelium sehr eindrücklich. Ihr Verlobter wollte sie verstoßen,
nur ein Engel konnte ihn in letzter Minute davon abringen, sie zu und der
Gerichtsbarkeit zu übergeben, was nicht gut für sie ausgegangen wäre.
Und auch Elisabeth hat ein Problem. In ihrem
Alter – also sagen wir mal: 50 - schwanger zu werden galt als wenig schicklich,
um nicht zu sagen, als Sünde. Darum verstecken sich die beiden Frauen in den
Bergen in der Nähe Jerusalems. Sie müssen sich verbergen vor der Welt, die
ihnen nicht glaubt, die ihnen Vorwürfe und Nachstellungen macht, sie anfeindet
und verspottet.
Kommt Euch das bekannt vor? Die beiden Wissen, was unter ihrem Herzen tragen, die beiden glauben und vertrauen auf das,
was Gott ihnen gesagt hat, aber draußen glaubt es ihnen keiner. Der Glaube
bringt sie in Schwierigkeiten. Das ist doch eine Erfahrung, die wir auch
zunehmend machen. Wer sich heute als glaubender Menschen bekennt, wer sich als glaubendes
Mitglied der Gottesvolkes bekennt, wird doch auch schief angesehen, bespöttelt
und immer mehr auch feindselig angegangen.
Glauben ist für viele so eine Art
Verrücktheit geworden.
Dabei ist in Wahrheit verrückt, nicht zu
glauben.
Denn ohne Glauben ist das Leben leer und
finster, es besteht nur aus Überleben, und zwar ein Überleben auf einen
trostlosen Tod hin.
Ohne Glauben, ohne Vertrauen auf Gott, ist
doch die Weltgeschichte nichts anderes als ein finsterer Ort, wo Menschen
einander abschlachten und einander die Haut über die Ohren ziehen, wo die Natur
verschandelt und ausgebeutet wird und wo Krankheit, Armut und Katastrophen
herrschen. Ohne Glauben ist die Welt doch ein trostloser, schrecklicher Ort.
Nur dem Glauben erschließt sich das Geheimnis
der Welt, in dem aller Trost liegt. Nur dem Glauben öffnet sich die Tiefe der
Welt: Der Glaube sieht den Arm Gottes in der Geschichte und im eigenen Leben. Der
Glaube kann sogar Kummer, Schmerz und Leid aus Gottes Hand nehmen. Der Glaube
findet Trost und Ermutigung.
Als die beiden Frauen aufeinandertreffen,
grüßen sie einander, Elisabeth weiß ja, wen ihre Cousine unter dem Herzen
trägt: den künftigen König der Herzen. Darum sagt sie die berühmten Worte:,
Glückselig bist du!
Denn du hast geglaubt,
dass in Erfüllung geht,
was dir der Herr versprochen hat."
Und Maria antwortet darauf mit einem Lied:
Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freut sich Gottes, meines
Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Die beiden Frauen stärken sich gegenseitig in
ihrem Glauben, sie lieben und achten sich als die, die das Geheimnis Gottes
kennen und teilen. Sie sind die erste Kirchengemeinde: Sie stärken einander den
Glauben an Jesus Christus
So kann der Glaube stark werden: Wenn wir
einander stärken und stützen im Glauben, wie diese beiden Frauen. Man kann eben
nicht allein im stillen Kämmerlein sitzen und glauben. Glaube braucht die
Gemeinde, die Kirche, Glaube braucht die anderen, die glauben. Denn unser
persönlicher Glaube ist nie stark genug, viel zu anfällig und verletzlich. Ohne
Kirche, ohne Gemeinde zu glauben führt stracks in Zweifel und Anfechtung, und
schlimmer noch: In Aberglauben und Irrglauben. Wir brauchen die Stütze von
Außen, denn der Glaube ist nichts, was von innen kommt. Der Glaube ist, wie bei
den beiden Frauen: er ist wie eine Schwangerschaft: Es geschieht zwar in uns,
aber es kommt von außen. Er wächst nicht ohne Samen.
Wie aber kommen wir zum Glauben? Nun,
wahrhaftig, kommen wir so zum Glauben wie die Jungfrau zum Kinde, das ist die
tiefere Bedeutung der sogenannten Jungfrauengeburt: Zum Glauben kommen wir durch
das Wirken des Heiligen Geistes. Und der wiederum wirkt, indem er zu uns spricht. Maria hört, was Gott sagt: Darum
glaubt sie. Sie glaubt ihm aufs Wort, und so verliert sie nicht nur alle Angst,
sondern mehr noch: Sie wird in ihrer Freude und Ihrem Glück selber zu einer
Prophetin, zu einer Sängerin und singt eines der schönsten Lieder der Bibel
Sie singt so, wie es der Prophet Jesaja 400
Jahre früher schon gesagt hat:
„Wie lieblich sind auf den
Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen,
Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Deine Wächter rufen mit
lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der
HERR nach Zion zurückkehrt.
Seid fröhlich und rühmt
miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und
Jerusalem erlöst. Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen
aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.“
Und was damals nur dem Volk Israel gesagt war
und der Stadt Jerusalem, das ist nun der ganzen Welt gesagt und dem großen,
weltweiten Dorf, indem wir leben:
„Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten,
die das Frieden verkündigen, Gutes predigen Heil verkündigen. „
Darum genau geht es.
Wir sind als Kirche in einer Art Krise. Das
ist überhaupt keine Frage. Die Menschen hören uns nicht mehr zu. Was in den
Medien und leider oft auch in der Schule als Religion verkauft und angeboten
wird, ist oft nur noch schierer Aberglaube oder eine wirre Mischung aus
Ideologie und Mythologie, oder sagen wir es krass auf Deutsch: Selbsttäuschung
und blöder unwahrer Kitsch.
In unserem bürgerliches Weihnachtsfest - das ich persönlich sehr mag - ist die Menschwerdung
Gottes kaum noch zu erkennen. Die Adventszeit ist zur „Vorweihnachtszeit“
geworden: Der Advent als Zeit der inneren Vorbereitung auf die Ankunft Gottes,
gar als Bußzeit und Zeit des inneren Gerichtes ist eigentlich nur noch etwas
für Eingeweihte. Schade.
Die Stimme der Kirche und des Glaubens wird
kaum noch wahrgenommen, selbst von ihren Mitgliedern nicht, und wenn, dann oft
so verzerrt und schief, dass man nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Von der Freudenbotschaft
Gottes ist offensichtlich nicht mehr viel zu hören. Ich höre eher säuerliche
Gelehrsamkeit, politische Bescheidwisserei und überhebliches Gefrömmel. oft
sogar mit peinlichem Gerede, das um den heißen Brei herumredet, weil es die
Leute angeblich so wollen. Ich kann das Wort zum Sonntag und das ganze
betuliche Getue nicht mehr ertragen. Hier geht es um Gott! Und davon sollten
wir reden.
Viele Menschen treten aus, weil sie im Grunde
gar nicht wissen, was die Kirche ist und was sie soll und was sie will. Und
deswegen kommen sie auch mit den Veränderungen nicht mehr mit. Das Geld wird
knapp, wir müssen uns als Kirche verändern, kleiner werden, bescheidener, die
fetten Jahre sind vorbei. Wir müssen uns von Gebäuden trennen, wir können nicht
mehr alle Dienste bezahlen. Das macht vielen Menschen Angst, viele macht es
auch wütend und aggressiv. Wer nicht weiß, wofür die Kirche steht und was ihre
eigentliche Aufgabe ist, der wird sie schnell mit dem verwechseln, was man von
ihr sieht. Im Grunde aber, meine Lieben brauchen wir zum Kirche sein nur drei Dinge:
die Heilige Schrift, Menschen, die kundig sind, sie auszulegen und eine
Gemeinde, die hört, was ihr gesagt wird. Und das ist eben nicht einfach das Gegenüber von Pfarrer/Pfarrerin und Gemeinde. Hier fängt der Geistliche Schlendrian schon an.
Und wozu ist die Kirche da? Was ist ihr
Auftrag, was ihr Kern und ihr Wesen? Das fragen wir uns gerade in der
Adventszeit immer wieder, weil wir immer mehr spüren, dass das, was „Draussen“
geschieht mit unserem Glauben wenig zu tun hat. Was antworten wir auf die
Frage, wer wir als Kirche sind?
Nun, genau das, was der Prophet sagt, wer wir
sind: Freudenboten. Uns ist das Wort Gottes anvertraut. Wir sind die Boten
seiner Taten. Wir sind die Geheimnisträger. Wir sind die Freudenboten! Wie die
beiden Frauen, die das Geheimnis Gottes unter ihrem Herzen tragen.
Aha, mag jetzt der eine oder andere sagen, und was geht mich das an?
Was geht die Welt das an? Oh, dann hört noch einmal genau hin, was Maria da so
singt, und sagt mir, ob das nicht eine ganz und gar politische Botschaft ist,
die an Eindeutigkeit, Klarheit und Einfachheit kaum noch zu übertreffen ist?
Nehmt mal alle Ehrfurchtswatte aus Euren Ohren, legt mal allen religiösen und
kommerziellen Weihnachtskitsch beiseite, der uns den Verstand verkleben will und hört doch
einfach mal, was sie singt, und ich lese es euch mal in einer ganz modernen,
aber sehr genauen Übersetzung vor:
"Ich
lobe den Herrn aus tiefstem Herzen.
Alles
in mir jubelt vor Freude
über
Gott, meinen Retter.
Denn
er wendet sich mir zu,
obwohl
ich nur seine unbedeutende Dienerin bin.
Sieh
doch:
Von
jetzt an werden mich alle Generationen
glückselig
preisen.
Alle
Menschen werden erkennen, welches Glück mir zuteilgeworden ist, und mich dafür
ehren."
Denn
Gott, der mächtig ist,
handelt
wunderbar an mir.
Er
ist barmherzig zu denen,
die
ihn ehren und ihm vertrauen –
von
Generation zu Generation.
Er
hebt seinen starken Arm
und
fegt die Überheblichen hinweg.
Er
stürzt die Machthaber vom Thron
und
hebt die Unbedeutenden empor.
Er
füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben
und
schickt die Reichen mit leeren Händen fort.
Er
erinnert sich an seine Barmherzigkeit
So
hat er es unseren Vätern versprochen:
Abraham und seinen
Nachkommen
für
alle Zeiten!"
Das geht uns der Glaube an:
Er verändert die Welt von innen heraus, weil er unseren Blick auf die
Machtlosen lenkt und von unten her denkt. An die Stelle von Gewalt und
Machtstreben treten das Wort und die Barmherzigkeit. Das ist die Botschaft, die
die Welt braucht, und uns, der Kirche Jesu Christ, der Gemeinde Gottes in
Großenritte und Altenritte, ist sie
anvertraut.
Die Zukunft der Kirche hängt
nicht an Pfarrstellen und Gemeindehäusern, ja nicht einmal an Kirchengebäuden,
schon gar nicht an Domen und Palästen, an Kirchensteuer und Spendenaufkommen,
die Zukunft der Kirche hängt einzig und allein davon ab, ob wir es machen wie
Maria und Elisabeth: Ja sagen, wenn Gott uns ruft. So bereiten wir uns vor auf
sein Kommen. Wenn wir wissen, wofür wir da sind, wenn wir Gottes Ruf hören,
dann werden wir auch die Phantasie und die Kraft bekommen, zu entscheiden, wer
wir sein wollen. Dann wird man uns auch zuhören, weil wir etwas ganz Unerhörtes
sagen, was sonst keiner sagt in der Welt:
10 Der HERR hat offenbart
seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das
Heil unsres Gottes.
Dann wird man auch auf uns
hören, denn das ist eine gute Nachricht, und der Geist Gottes steckt in ihr.
Dann sind wir Freudenboten mit lieblichen Füßen. Und die Menschen werden sagen:
Ach so ist das gemeint? Sie werden Furcht und Scham ablegen, und sie werden
begierig werden, mehr davon zu hören, und sie werden die Hände falten zum
Gebet, und das ist der Anfang allen Tuns, aller Weisheit, aller Klugheit, so
wir aus der Vorweihnachstzeit wieder er Advent: Gott kommt!.
Unter dieser Verheißung stehen
wir. Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig
sein.
Gott berühre Euch mit seinem
Geist, er komme in euer Herz, er wecke Euren Verstand, er setze Euch in
Bewegung, er verwandele Euch durch Freude in Freudenboten.
Amen.
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