Liebe
Kirmesburschen samt Kirmesvater, liebe Festgemeinde, Schwestern und Brüder im
Herrn!
Ich glaube,
es gibt kaum einen Traum, der so tief in den Herzen der Menschen verankert ist
wie der vom edlen Ritter. Das habe ich gemerkt, als ich die Webseite der
Zeltkirmes aufrief, schon vor Wochen, und den Ritter sah, der da kniet, auf
Schild und Schwert gestützt, mit gesenktem Haupt.
Und da habe
ich auflachen müssen, weil mir plötzlich klar wurde, dass auch mein alter
Kindheitstraum auf eine bemerkenswerte Weise in Erfüllung geht: Ich werde,
spätestens nach unserem Umzug im Oktober, auch ein „Ritter“ sein. Es war für
mich auch schon deswegen immer ein Kindheitstraum, weil ich ja mit Vornamen
Roland heiße – und die Rolandssage ist die Rittersage schlechthin, für das
gesamte Mittelalter war Roland der edle Ritter, so wie er, wollten alle sein:
Opferbereit, Höflich, Mutig, Edel.
Warum aber
sitzt das so tief? Ist ein Ritter nicht letztlich eher etwas Abstoßendes und Furchtbares?
Ein bis an die Zähne bewaffneter Mann, ausgebildet seit frühesten Kindesbeinen
zum Töten mit den furchtbarsten Waffen: Schwert, Beil, Hammer, Lanze? Haben nicht
Ritte mit dem Kreuz auf der Brust über Jahrhunderte unter den sogenannten „Heiden“
gewütet, so dass wir bis heute mit dem Islam ein getrübtes Verhältnis haben?
Ist das Schwert nicht das Symbol für die Waffe schlechthin, für die Macht des
Todes und die Fähigkeit des Menschen, anderer Menschen zu töten? Steht der Ritter nicht für die schlimmste
aller Verdrehungen von Religion: Für den sogenanntnen „heiligen Krieg“, die
Vernichtung der Ungläubigen? Heitß es nicht im Evangelium: Wer das Schwert
zieht, wird durch das Schwert umkommen?
/Schwert
zeigen/
Gerade das
Schwert ist starkes Symbol. Bis heute, auch im Zeitalter der technischen Waffen
steht das Schwert für den Krieg, aber auch für die Gerechtigkeit. Steht es für
Gewalt, aber auch für die Macht, Gewalt einzudämmen. Und dieser Traum vom
Schwert wird immer noch geträumt: Heute freilich nicht mehr hoch zu Ross mit
eiserner Brünne und ehernem Schild, sondern mit Lichtschwert und Raumgleiter,
als Yedi oder Dark Knight Batman, ja selbst Harry Potter braucht ein Schwert
von Gryffindor, um den Drachen in der Kammer des Schreckens zu töten. Das
Schwert ist starkes Symbol. Und der Ritter auch. Und er ist letztlich ein
Symbol für das Gute, das Menschlich, eben für Ritterlichkeit und Höflichkeit,
für Schutz und Beistand. So wie das Kreuz Christi für Auferstehung steht, und
nicht für den Tod.
Edel ist der Ritter:
er kämpft für das Gute. Er will nicht töten, sondern Töten verhindern. Er will
nicht angreifen, sondern verteidigen. Ruhm und Ehre sind seine Ziele, aber
nicht der eitle Ruhm von Macht und Geld, sondern der Ruhm, ein Schützer der
Schwachen und ein Verteidiger der Ohnmächtigen zu sein, und nicht die eitle
Ehre von Wichtigtuerei und Ansehen will er, sondern von Hingabe und Demut. Das
ist das Ideal, das ist das Ziel. Und auch, wenn es immer wieder verfehlt wird,
ja gerade, weil es immer wieder in sein schrecklichen Gegenteil verkehrt wird:
Ich möchte Euch heute, euch Großenrittern und
Großenritterinnen und all Euren Gästen, den Ritter und die Ritterin ans Herz
legen. Das sind starke Bilder, aus denen wir die Kraft zum Guten gewinnen
können, und zwar die Kraft für den täglichen Kampf, der auf uns wartet. In der
Schule, an der Arbeit, in der Familie, am eigenen Körper, in der eigenen Seele
spüren wir, wie das Böse, der Tod, die Mühsal, die Müdigkeit und die Resignation
nach uns greifen.
Der Apostel
Paulus hat das in unübertroffener Weise ins Bild gebracht. Er schreibt an seine
Gemeinde in Ephesus, und er schreibt aus dem Gefängnis, wo er damit rechnen
muss, um seines Glaubens willen zum Tode verurteilt zu werden, und er schreibt
an eine Gemeinde, die in sich zerstritten ist, in der es Grüppchenunwesen gibt
und Streit über den richtigen Weg des Glaubens, und er schreibt:
10
Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.
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Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen
Anschläge des Teufels.
13
Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag
Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld behalten könnt.
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So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem
Panzer der Gerechtigkeit
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und an den Beinen gestiefelt, bereit einzutreten für das Evangelium des
Friedens.
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Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen
könnt alle feurigen Pfeile des Bösen,
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und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort
Gottes.
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Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller
Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen
Nichts anderes
als einen Ritter des Lichtes beschreibt er hier, eine Ritterin des Lichtes. Ja,
das gilt auch für Frauen und Mädchen. . Jahrhundertelang galt das alles nur für
Männer, aber Paulus schreibt: Es gibt da keinen Unterschied. Also, ihr Frauen
und Mädchen, auch hier tragt diese Rüstung des Glauben. Der Panzer der Gerechtigkeit,
die Stiefel der Boten des Evangeliums, der Schild des Glaubens, der Helm des
Heils, und schließlich: das Schwert des Geistes, das Wort Gottes.
Das ist
unsere Rüstung, Schwestern und Brüder, die tragen wir seit unserer Taufe. Es
ist eine Schutzrüstung, aber auch eine Rüstung, die uns mutig machen soll im
täglichen Kampf.
Ich finde das
ein ganz starkes Bild. Wir haben es als Christen nicht leicht in der
Gesellschaft, und überhaupt haben es Menschen, die für das Gute stehen, nicht leicht.
Wir haben ja in der Lesung die Worte der Bergpredigt gehört, was das Gute ist:
Gerechtigkeit
statt Rache. Gerechtigkeit bedeutet, auf Rache zu verzichten, auf Vergeltung, auf
Hass und Heimzahlen. Das ist schwer. Wer vor uns hat in seinem Herzen irgendwo
einen alten Hass sitzen, eine alte Verletzung, eine alte Kränkung und wartet
nur darauf, sich zu rächen? Rache, so sagt ein klingonisches Sprichwort, ist
ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Aber wie furchtbar ist das. Die
Rache ist das Schlimmste, was es unter uns Menschen gibt. Weil sie nie aufhört.
Weil sie immer neue Gegenrache erzeugt. In welchem Ort, in welcher Familie gibt
es nicht Kriege, die schon Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte dauern, weil
ständig es einer dem anderen heimzahlt? Das aber kann der Weg zum Frieden nicht
sein. Es war eines der wichtigen Ziele des Rittertumes, die Rache zu beenden
und Frieden zu stiften, Versöhnung anzubieten Und Gott fängt an. Gott ist nämlich
entgegen allen Gerüchten, kein rächender Gott, kein wütender Krieger der
dunkeln Seite der Macht, sondern er liebt. Und Liebe heißt: dem andern das Beste,
das Gute zu wünschen, lieben heißt zu wollen, dass der andere lebt, lieben heißt
in letzter Konsequenz: das Leben des anderen höher schätzen als das eigene.
Darum gehört
zu echter Ritterlichkeit auch die Feindesliebe. Hier geht es nicht um Sympathie.
Ich soll den, der mich verletzt und gekränkt hat, nicht plötzlich sympathisch
finden. Es geht hier nicht um die Aufforderung zum Rumschleimen, das ist
ekelhaft. Sondern Du sollst Dir eine Frage stellen: Wer ist Deines Feindes
ärgster Feind?
Und die
Antwort lautet: Du bist deines Feindes ärgster Feind. Darum hast Du auch die
Macht und die Kraft, es zu beenden. Das ist mit Feindesliebe gemeint. Unsere
Feinde halten uns den Spiegel vor: von ihnen können wir am meisten lernen über
uns. Das war immer schon die Spitze der Ritterlichkeit.
Dass Krieger,
dass Soldaten dazu gebracht worden sind, die Feinde persönlich zu hassen, ist
eine Erfindung der Moderne und eine der Wurzeln des modernen Terrorismus. Der
Heilige Krieg, der den Unglauben ausrotten will, ist das perverseste, was es
auf der Erde gilt: hier wird mit dem Heiligen Schindluder getrieben. Das ist
wahrhaft teuflisch, und hier gilt der Satz: wer sein Schwert erhebt, wird durch
das Schwert umkommen.
Und wir
wissen, dass dieses Denken – den Feind zu vernichten - bis unser Wirtschaftsleben vorgedrungen ist.
Hier herrscht Krieg, und das ist fruchtbar, denn wie jeden Krieg müssen es vor
allem die kleine ausbaden, die Zivilisten, die Schwachen.
Ihr merkt,
worauf es hinausläuft. Paulus ruft uns auf, Ritter und Ritterinnen des Lichtes
zu werden, Kämpfer für das Gute und die Liebe, mutig, einsatzbereit. Das ist
das Ideal, und wir sollten nicht davon ablassen, wo wir doch den Ritter im
Namen tragen – mit ein bisschen Augenzwinkern und Humor kommt man nämlich
besser durchs Leben.
Wir, liebe
Gemeinde, sind berufen, Ritterinnen und des Lichtes zu sein, Kämpfer und Kampferinnen
für das Gute im Alltag.
Wer also ist
so ein Ritter, so eine Ritterin?
Feuerwehrmänner
und Frauen, Rettungssanitäter, fallen einem sofort ein, aber ich sehe auch die
junge Frau mit den Ringen unter den Augen, die 8 Stunden an der Kasse sitzt und
zu Hause ihre demente Mutter pflegt, und noch Zeit findet, ihre Kinder in der Schule
zu unterstützen.
Ich sehe den
Bankangestellten, der dem klammen Kunden nicht auch noch einen gefährlichen
Kredit aufschwätzt.
Ich sehe die
Lehrerin, die Tag für Tag in die Klasse geht und sich bemüht, aufrechte, klar
denkende Menschen zu erziehen. Ich sehe Menschen, die sich in der Politik
engagieren zum Wohle der Allgemeinheit, und dafür Hohn, Spott, Missverständnis,
ja sogar schiere Verachtung in Kauf nehmen müssen.
Ich sehe
Schüler, die eingreifen, wenn sie mitbekommen, dass Mitschüler gemobbt werden.
Ich sehe Krankenschwestern und Pflegedienste, die für einen Hungerlohn Übermenschliches
leisten. Ich sehe den Superreichen, der seinen Reichtum in Stiftungen und
nachhaltige Projekte investiert, ich sehe den Hip-Hopper in Schlabberhosen mit
Stöpsel im Ohr, der aufsteht, wenn die alte Dame die Straßenbahn betritt.
Ich sehe dich
und mich im alltägliche Kampf darum, Menschen zu werden, Menschen zu bleiben. Der
wahre Ritter, die wahre Ritterin, ist längdt vom Ross herabgestiegen, so wie
Gott aus einem fernen Himmel herabgestiegen ist und den Kampf für das Gute auf
Augenhöhe aufnahm. Dieser Kampf endete am Kreuzt, denn im Kampf für das Gute
ist alles erlaubt, aber eines niemals: Gewalt, weder psychisch noch körperlich.
Das ist der
Kern unseres Glaubens, und auch der Kern des scheinbar so kriegerischen Bildes
von der Geistlichen Waffenrüstung: Liebe, statt Gewalt, Versöhnung statt Rache,
Hingabe statt Ausbeutung.
Heute aber
stellen wir die Waffen in die Ecke. Wir feiern, wir machen Pause, wir genießen
die Früchte unserer Arbeit. Wir zeigen uns die Zähne nur zum Lachen, wir
singen, tanzen, wir reden, wir proben das Leben ohne Kampf und Not, wir zeigen
uns von der besten Seite. Das ist der Sinn solcher Feste. Und darum gehrt
dieser Gottesdienst dazu, und ich freue mich, dass er stattfinden kann: damit
wir erinnert werden, dass wir in Gottes guter Schöpfung leben, die zu behüten
und zu bewahren wir berufen sind. Die Taufe ist unsere Schwertleite, in der uns
die Rüstung angelegt wird, mit der wird durchs Leben kommen: Mit offenem
Visier, Auge in Auge, aufrecht und Mutig, und in ritterlicher Solidarität: Männer
und Frauen, Jungen und Mädchen, Junge und Alte, Fremde und Eingeborene, Fromme
und Unfromme, Christen und Nichtchristen, Freunde und Feinde: hier und jetzt
sind wir nur eines: Gottes geliebte Kinder, Ritter und Ritterinnen des Lichtes,
Menschen im besten Sinne.
Wir sind das
alles nicht aus eigener Kraft: Gottes Gabe ist es. So steht am Anfang allen
Tuns, allen Kämpfens und allen Feierns das Gebet, die Einkehr, die Stille, das
Hören auf das ermutigende Wort: Alle Kraft, die wir brauchen, zum Guten, kommt
von ihm.
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