Mt
6,19-23
19
Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost
fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze
im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht
einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das
Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer
Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib
finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird
dann die Finsternis sein!
24
Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den
andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr
könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Liebe
Gemeinde,
wir feiern
Erntedankfest. Der Altar ist üppig geschmückt und zeigt uns, mit welcher
verschwenderischen Fülle die Schöpfung ihrem Auftrag nachkommt, für Nahrung zu
sorgen: Die Erde bringe hervor grünes Kraut, ein jedes nach seiner Art, Bäume
und Früchte, jede nach ihrer Art, heißt schon im ersten Kapitel der Bibel.
Wir danken
aber nicht nur Gott dafür, dass er der Natur die Kraft zum Wachstum gegeben
hat, wir danken auch denen, die den Boden bearbeiten, die Pflanzen und die Tiere
hegen und pflegen, die die Nahrungsmittel produzieren und verteilen. Es ist ein
weiter Weg geworden in der modernen Gesellschaft vom Acker bis auf den Tisch.
Das Erntedankfest erinnert uns daran, dass das Wasser nicht aus der Leitung,
die Milch nicht aus dem Tetrapak, Obst und Gemüse nicht aus dem Supermarkt und
das Fleisch nicht aus der Kühltheke kommt. Am Anfang steht ganz urtümlich und
wie vor tausenden von Jahren die Landwirtschaft. Wir müssten das Erntedankfest
im Grunde umbenennen in „Landwirtschaftserinnerungsfest“, und wir müssten es im
Grunde zu einem staatlichen Fest machen, das in den Schulen, vor allem in den
Schulen begangen wird. Wir tun uns nichts Gutes, wenn wir vergessen, woher die
Nahrung kommt. Dass wir, wir unsere Vorfahren, von der Erde leben und von der
Arbeit.
Aber wir
müssten es auch „Gerechtigkeitserinnerungsfest“ nennen.
Denn wir
haben mehr als genug. Wir haben so viel, wie nie zuvor. Wir leben in einer
Überfülle, von der niemand jemals zu träumen gewagt hat.
Und wir
wissen, dass in anderen Regionen der Welt Mangel herrscht, Hunger sogar. Dort
fehlt es – ja, an was eigentlich? Es fehlt nicht an Nahrungsmitteln. Wir
produzieren weltweit viel mehr, als den Bedarf. Selbst die Milliarde Chinesen
und die Milliarde Inder könnten locker satt werden. Aber es fehlt an Geld. Die
Menschen in der Welt hungern, weil sie arm sind.
Was ist hier
passiert? Was läuft hier schief? Was hat hier seine Finger im Spiel?
Jetzt sind
wir bei unserem Predigttext und den Worten Jesu angekommen. Die Gier hat hier
die Finger im Spiel. Es geht Jesus nämlich gar nicht um die Frage, ob wir etwas
besitzen dürfen oder nicht. Es geht ihm um die Frage, was man mit seinem Besitz
macht. Wozu man ihn einsetzt. Nicht das Geld ist des Teufels, sondern die Gier.
Die Gier sorgt dafür, dass sich die Verhältnisse umkehren. Eigentlich sollte doch Besitz etwas sein,
dessen Herr man ist: Ich bin der Eigentümer meines Besitzes. Aber die Gier
sorgt dafür, dass sich das ins Gegenteil verkehrt: Ich bin von meinem Besitz
besessen, wie der reiche Kornbauer im Gleichnis, das wir in der Lesung hörten.
Der Mammon hat mich am Wickel. Wer sein Geld hortet um des Hortens willen, der
hat verloren. Und zwar sein Leben, seine Freiheit, sein Glück.
Sammelt Euch
keine Schätze auf Erden, sondern im Himmel, sagt Jesus. Das ist ein ganz
schlichter Satz, der eine große Wahrheit enthält. Alles, was wir haben, ist nur
geliehen, es ist uns gegeben, um damit Gutes zu tun und Gerechtigkeit in die
Welt zu bringen. Man sammelt Schätze im Himmel, indem man Gerechtigkeit anhäuft,
anstatt Besitz. Nirgends in der Bibel wird von uns Armut verlangt oder auch nur
Verzicht. Das ist ein alter Irrtum, mit dem man es sich viel zu einfach macht. Verzicht
erzeugt nur saure Mienen, Lüge und Heuchelei, Verzicht erzeugt nur Neid. Vom
Verzicht reden immer nur die, die schon etwas haben. Darum geht es nicht. Es
geht um Gerechtigkeit. Es geht darum, die Freude, das Glück des Teilens zu
entdecken, das Glück der klugen Arbeit mit dem Geld, wenn man es hat. Erfolg
heißt nicht, soviel wie möglich haben. Erfolg heißt, so viele Menschen wie
möglich glücklich zu machen.
Jesus erzählt
sogar eine Geschichte davon, wie ein Knecht von seinem Herrn Geld bekommt, um
damit etwas zu bewirken. Der eine schafft es, das Geld zu vervielfachen, der
andere aber vergräbt es und hortet es. Der, der es vervielfacht hat, wird
gelobt, der andere aber gescholten. Geld ist ein Mittel, ein Werkzeug, ein
ziemlich geniales sogar, weil es uns erlaubt, über große Entfernungen und
Zeiträume etwas zu bewirken. Wir können, weil wir Waren und Güter in Geld
verwandeln können, an fernen Ecken in der Welt Gutes tun mit unserem Überfluss
– wenn wir ihn doch nur als solchen wirklich begreifen. Nicht, dass es Banken
gibt, ist von Übel, sondern dass es so wenig good banks gibt: Gute Banken, die
das Geld vermehren, indem sie in Menschen
investieren und damit Schätze im Himmel sammeln. Die Gier aber spekuliert mit
dem Unglück der Menschen. Die Gier sammelt keine Schätze, sondern feurige
Kohlen auf das Haupt von denen, die horten.
Darum ist mir
das Erntedankfest so wichtig. Wir leben davon, dass uns die Erde und unsere
Hände Arbeit die Güter gibt, die wir zum Leben brauchen.
Wir leben
davon, dass Gott uns ermutigt, mit unserer Hände Arbeit die Güter der Schöpfung
zu gewinnen und zu verteilen. Wir leben davon, dass wir das rechte Maß finden,
denn dann geht es uns gut.
Unser
Reichtum, unser Wohlstand darf nicht zum Fluch für die Anderen werden, sondern
zum Segen. Sonst wird er auch zum Fluch für uns. Das spüren wir allenthalben.
Die Menschen kommen aus der ganzen Welt zu uns, um an unserm Wohlstand
teilzuhaben. Das wird zunehmend ein Problem, das macht vielen Menschen Angst.
Das können wir nur lösen, indem wir unseren Wohlstand in die Welt bringen. Die
wenigsten, die zu uns kommen, kommen gerne; in der Fremde ist der Fremde immer
fremd.
Wir aber
beuten mit unseren 15 cent Kiwis und unser Billigmilch sogar unsere eigenen
Bauern aus, wir vernichten die Märkte in Afrika, indem wir unsern Überfluss
billigst verkaufen: Wir dienen längst dem Mammon, und nicht mehr Gott mit
unserem Geld. Denn Gott dienen, heißt den Menschen dienen.
Gott aber,
meine Lieben, ist ein gnädiger Gott. Er sieht unsere Not, er kennt unsere Schwäche.
Darum ruft er uns immer wieder zu, was er von uns will: immer und immer wieder
dürfen wir die Geschichte vom reichen Kornbauern hören, immer und immer wieder
die Worte vom Mammon, und dass man eben nicht zwei Herren dienen kann. Wir
werden nicht verdammt, verurteilt und als Sünder in die Ecke gestellt, wo wir
uns schämen sollen, sondern Gott ermutigt uns mit seinem Wort immer und immer
wieder, Jahr für Jahr, Sonntag für Sonntag, es aufs Neue mit der Gerechtigkeit
zu probieren und uns für ihn zu entscheiden, für den Herrn, der uns in die
Freiheit führt und uns die Hände füllt mit dem täglichen Brot.
Brot und Wein
reicht er uns, als Mahl der Versöhnung und der Gemeinschaft, in Fleisch und
Blut kommt er in uns hinein, nimmt er von uns Besitz, weil er uns von innen
heraus verwandeln will, damit die Angst verlieren, die Angst, zu kurz zu
kommen, damit wir frei werden, frei zum Teilen, frei dazu, die Fragen zu
stellen, was wir denn nun machen, mit all unserm Reichtum. Hier wird das Evangelium
ganz politisch, es gibt eine Richtung vor: Es sollen doch nicht alle gleich arm
werden, es sollen alle gleich reich werden, reich an den Gaben der Schöpfung, überall
auf der Welt soll es so reichliche geschmückte Altäre geben und Menschen, die
glücklich und dankbar davor sitzen. Das Wirtschaftswunder in Deutschland stand
unter dem Motto: Wohlstand für alle! Warum soll das nicht auch für die ganze
Welt gelten? Bei uns hat es funktioniert.
Denn meine
Leiben, so einfach ist das: Wenn die Menschen satt sind, wenn die Menschen das
Gefühl haben, dass es gerecht zugeht, dann wächst der Frieden in der Welt. Das
ist die Reihenfolge, die wir schon im VaterUnser hören: Gib uns unser täglich
Brot, und vergib uns unsere Schuld. Wer satt ist, hält Frieden.
Im Abendmahl,
Schwestern und Brüder, gibt er uns beides: Versöhnung und Brot, Jesus Christus holt
uns heraus aus der Macht des Mammons. Wer zu ihm kommt, hat sich richtig
entschieden: Wer Gott dient, ist frei, den Menschen zu dienen. Und das, meine
Lieben, ist das wirkliche Glück, der größte aller Schätze: Menschen zum Leben
zu führen und mit ihnen Brot und Wein zu teilen, es ist das Glück der
Gemeinschaft und des Friedens.
Gott sei
Dank, der uns das tägliche Brot schenkt und Vergebung der Sünden, der uns in
Brot und Wein so nahe kommt, wie niemand sonst und der uns bewahrt, besessen zu
werden von der Macht des Mammon.
Amen.
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