1.Kor 15,50-58
50 Das sage ich aber, liebe
Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird
das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. 51 Siehe, ich sage euch ein
Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt
werden;
und das plötzlich, in einem
Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen
und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt
werden.
54
Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies
Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das
Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist
verschlungen vom Sieg. 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«
56 Der Stachel des Todes
aber ist die Sünde, [a]die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.
57 Gott aber sei Dank, der
uns den [a]Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
58
Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in
dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in
dem Herrn.
Liebe Gemeinde!
Paulus nennt es ein
Geheimnis, was er seiner Gemeinde hier schreibt. Es ist das Geheimnis der
Auferstehung. Und ein Geheimnis ist etwas anderes als ein Rätsel. Ein Rätsel
nämlich hat eine Lösung. Hat man es gelöst, dann ist es kein Rätsel mehr.
Sondern dann ist es ein Wissen. Ein Geheimnis aber wird umso größer, je tiefer
man sich in das Geheimnis versenkt.
Nehmen wir ein Beispiel:
Wir sagen ja oft von einem Menschen, er sei uns ein Rätsel. Wir meinen damit: Wir
wissen nicht, warum er so handelt, wie er handelt. Aber werden wir jemals
herausbekommen, warum ein Mensch so ist, wie er ist? Im Gegenteil. Selbst wenn
wir in einzelnem Fällen verstehen mögen, warum ein Menschen, sagen wir mal:
seinen Beruf aufgibt und sich einen anderen sucht – stellen sich dann nicht
sofort tausend neue Fragen? Ist es nicht doch eher ein Geheimnis, wonach wir
fragen, wenn wir nach einem Menschen fragen, ein Geheimnis, dass sogar dem Menschen
selbst oft genug entzogen ist? Was wissen wir schon von uns selbst? Wir sind
uns oft selbst ein Geheimnis! Wenn Paulus also hier sagt: „Es ist ein Geheimnis“,
dann sagt er auch: Wir werden damit nie zu Ende kommen. es wird nur immer
größer, je mehr wir darüber nachdenken.
Doch zugleich sagt er ja: „Siehe,
ich verrate Euch ein Geheimnis2. Damit sagt er ja nun doch: Ich weiß etwas.
Aber woher weißt er, was er weiß? Woher weiß er, dass am Ende der Tage aller
Toten auferstehen werden? Er weiß es aus der Tradition und aus der Heiligen
Schrift. Er weiß es aus dem, was ihm die erzählt haben, die es erlebt haben.
Er weiß es, weil er darüber
nachgedacht hat, was die Auferstehung Jesu Christi eigentlich für uns bedeutet.
Und er sagt: Dass Christus auferstanden ist, dass meint, dass wir auch
auferstehen werden. Denn sonst, und das ist jetzt reine Logik, hätte es ja für
uns keine Bedeutung. Und dann denkt er weiter: Christus ist gestorben und
begraben worden, wie jeder Mensch. Und dann geschah etwas ganz Außergwöhnliches,
das wahrlich ein Geheimnis ist, das wir nie lösen werden: Die Jüngerinnen und
Jünger begegneten ihm drei Tage nach dem Tod des Jesus von Nazareth, und er
begegnete ihnen als ein Lebendiger Mensch, wenn auch in anderer Gestalt.
Was bedeutet das nun
wieder? Es bedeutet, dass die Auferstehung jedenfalls nicht meint, dass die
Leiche wiederbelebt wurde. Denn was sollte das für einen Sinn haben? Eine wiederbelebte
Leiche wäre erstens ja wirklich zum Erschrecken. Zweitens: Auch die
wiederbelebte Leiche muss ja irgendwann wieder sterben, sonst wäre es ein
Monster, wie wir sie aus Gruselfilmen kennen, das, was wir heute einen Zombie
nennen würden. Dann würde der wiederbelebte Jesus bis heute als eine Art
Gespenst auf der Erde herumgeistern. Aber so war es ja nicht, und so ist das
mit der Auferstehung auch nicht gemeint,
Das aber ist nicht gemeint,
und so haben es die Jüngerinnen und Jünger auch nicht erlebet. Sie haben
erlebt, dass ihnen Jesus begegnet ist, aber anders als vorher. Und dafür
verwendet Paulus nun ein Wort, das im Grunde der Schlüssel für das Geheimnis
ist: Auferstehung meint Verwandlung. „Wir werden verwandelt werden“. Es geht
nicht einfach um Wiederbelebung, es geht um eine Neuerschaffung. Wie am Ersten
Tag Gott in das Chaos rief: „Es werde Licht!“ So hat er bei Jesus gerufen: steh
auf! Darum feiern wir Ostern an einem Sonntag: denn das war der erste Tag der
Schöpfung!
Was an Ostern geschah, ist
also: Verwandlung. Und Paulus benutzt dafür ein Wort, dass wir auch heute noch
verwenden, der eine oder andere wird es kennen: Metamorphose. Das heißt wörtlich:
Eine andere Gestalt. Wir verwenden das Wort heute noch, und so wird es der eine
oder andere in der Schule gelernt haben, für das Geheimnis der Schmetterlinge.
Ich habe euch etwas mitgebracht, dass uns das ganz einfach vor Augen führt:
Das ist eine einfache
Stoffpuppe. Wir sehen ist eine Raupe. Und jetzt führe ich euch vor, was aus
dieser Raupe wird, wenn ich sie öffne: Ein Schmetterling! Das ist ein
wunderbarer Vorgang, den man sich zur Zeit des Apostels Paulus nur durch ein
Wunder erklären konnte. Und so ganz hundertprozentig wissen wir auch heute noch
nicht, wie es funktioniert. Es ist eines der größten Geheimnisse der Natur,
auch wenn wir darüber heute unendlich viel mehr wissen als zur Zeit des Paulus.
Was mit der Raupe geschieht: Das ist das Bild für die Auferstehung.
„Wir werden verwandelt
werden“. Natürlich „weiß“ Paulus das nicht im strengen Sinne. Er war kein
Augenzeuge. Aber er hat es selbst erlebt, als er von Heute auf Morgen von Gott
berufen wurde und quais von einem Moment zum Nächsten ein anderer Mensch wurde,
ein Apostel, weil er Gottes Gnade zu spüren bekommen hat. Das ist eine lange
Geschichte, die wir ein anders Mal erzählen. Aber indem er über das Geheimnis
der Auferstehung nachdenkt, wie ich es euch vorgeführt habe, entsteht in ihm
ein inneres Bild für das, worauf er hofft. Und es ist ein sehr tiefes Bild.
Denn der Raupe sieht man
nicht an, dass sie einmal ein wundervoller Schmetterling werden wird. So wie
man uns auch nicht ansieht, dass wir Gottes geliebte Kinder sind, die dazu
berufen sind, einmal etwas anderes zu werden. Was würde eine Raupe sagen, wenn
man ihr erklärt, dass sie eigentlich ein Schmetterling ist? Die einen würden
lachen und sagen: Du spinnst! Die etwas Klügeren würden ja: ja, wir wissen das,
und wir freuen uns darauf. Es ist unsere größte Hoffnung. Und so, liebe
Gemeinde, sind wir Christenmenschen hier auf Erden so etwas wie Raupen, die
wissen, dass aus ihnen einmal Schmetterlinge werden. Und zwar ohne, dass sie
etwas dafür tun müssen. Das ist doch ein wundervolles Bild! Aber es ist eben
ein Bild, so genau wissen wir es eben doch nicht. Aber Paulus malt nun dieses
Bild aus und stellt sich vor, wie das wohl am letzten aller Tage wird, wenn
alle Toten auferstehen: Wir werden verwandelt werden.
Warum erzählt er das? Weil
er seine Gemeinde trösten und ermutigen will. Hier auf Erden schon zu wissen,
dass die große Verwandlung auf uns wartet, kann uns nämlich schon hier
verwandeln.. Wir werden, um im Bild zu bleiben, nicht ewig Raupen bleiben, die
nichts anders können, als fressen. wir werden wunderschöne Schmetterlinge sein.
Das heißt: Wer sich auf die Botschaft der Auferstehung einlässt, wer sich von dieser
Hoffnung, die wir haben können, weil wir in Jesus Christus schon einen
wunderschönen Schmetterling gesehen haben, auch auf dieser Erde schon ganz
anders leben: Nichts wird so bleiben, wie es ist, alles wird verwandelt werden,
und wer darauf vertraut, wird auch hier schon ein wenig verwandelt. Das ist
unser christliche Hoffnung. Und daraus folgt auch, wie wir miteinander umgehen
sollen: nicht wie dumme Raupen, die nur das Fressen kennen, sondern wie künftige
Schmetterlinge. Das ist das Geheimnis der Verwandlung. und wenn wir gleich
Abendmahl feiern, dann feiern wir auch ein Fest der Verwandlung. Brot und Wein
, ein Stücken Brot, ein Schlückchen Wein werden verwandelt in den Leib und das
Blut Christi. Das, was m ersten Tag der Schöpfung geschah, das was im Grab Jesu
geschah und das, was am letzten Tag geschehen wird, wird hier auch gleich auf
dem Altar geschehen. Wir essen nicht, wie ahnungslose Raupen, einfach nur Brot
und Wein, wir essen vielmehr schon vom himmlischen Nektar, um noch einmal das
Bild vom Schmetterling aufzunehmen. Hier auf Erden schon ein Stück Himmel. Und
Paulus geht noch weiter: Hier, inmitten des Todes, schon ein Stück ewiges
Leben. Hier, in der vergänglichen Welt, schon ein Stück Unvergänglichkeit. Wir
hören diese Worte oft am Grab, wo sie als letztes Wort vorgelesen werden:
„Denn dies Verwesliche muss
anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.
Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies
Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das
Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist
verschlungen vom Sieg. 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«
Das Geheimnis des
Osterfestes, das Geheimnis der Auferstehung, ist das Geheimnis unseres Lebens.
Unser Leben ist mehr als das, was vor Augen liegt, Wir sind, auch wenn das
manchmal ganz und gar verschüttet ist, weil wir in unserer Raupenexistenz
gefangen und eingeklemmt sind, in Wahrheit schöne Schmetterlinge, die Gott
eines Tages befreien wird. Ich finde, dass das sein so wundervolles Bild ist,
dass ich jetzt einfach nur sagen möchte: Amen, ja, So soll es sein. Wir werden
verwandelt werden. Das ist unsere Hoffnung. Amen.
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