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Pr
2Petr 1,16–19(20–21, Basibibel
16Wir haben euch ja angekündigt, dass
unser Herr Jesus Christus machtvoll wiederkommen wird. Und dabei
haben wir uns nicht auf ausgeklügelte, erfundene Geschichten gestützt. Sondern
wir haben mit eigenen Augenseine wahre Größe gesehen. 17Von Gott, dem Vater,
empfing er seine Ehre und Herrlichkeit –aus der
majestätischen Herrlichkeit Gottes kam eine Stimme zu ihm, die sagte: »Das
ist mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Freude.«18 Diese Stimme haben wir
selbst gehört. Sie kam vom Himmel her, als wir mit Jesus auf dem
heiligen Berg waren.
19 So gewinnen die prophetischen Worte für
uns noch an Zuverlässigkeit. Und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet.
Denn diese Worte sind wie ein Licht, das an einem finsteren Ort brennt –bis der
Tag anbricht und der Morgenstern in eurem Herzen aufgeht.20 Ihr sollt
vor allem eines wissen: Kein prophetisches Wort aus der Heiligen Schrift
lässt eine eigenmächtige Deutung zu. 21 Denn
keines dieser Worte wurde jemals verkündet, weil ein Mensch es so gewollt
hätte. Vielmehr waren Menschen vom Geist Gottes ergriffen und haben
in seinem Auftrag geredet.
Liebe
Gemeinde, Petrus war Augenzeuge. Die Worte, die er hier schreibt, beziehen sich
auf eine Episode im Leben Jesu: die Geschichte von der sogenannten
"Verklärung". Jesus steigt zum Beten auf einen Berg. Er nimmt Petrus,
Johannes und Jakobus mit. Sie erleben eine Vision: Sie sehen, wie Jesus zu
leuchten anfängt und mit Mose und dem Propheten Elia spricht. Daraufhin bricht
es aus Petrus, der ja ein schlichtes Gemüt mit lockerer Zunge war, heraus:
"Hier ist ein guter Platz, lasst uns hier Hütten bauen!" Währendessen
legt sich eine Wolke aus Licht über sie, und sie hören eine Stimme: "Das
ist mein Sohn, ihn habe ich lieb, an ihm habe ich Freude, Hört auf ihn".
Da kriegen sie es mit der Angst zu tun, aber Jesus berührt sie und sagt:
"Fürchtet Euch nicht". Und erzählt das niemanden weiter, bis ich
auferstanden bin.
Man
könnte sie beneiden: Sie haben gesehen, wovon wir immer nur hören. Ihr Glaube beruht
auf Wissen, auf Erleben und Augenzeugenschaft. Aber: Das Sehen hat ihnen gar
nichts genützt! Denn als es dann ernst wurde, als Verhaftung, Verurteilung und
Tod folgten, gerieten sie in Furcht, flohen und verstanden die Welt nicht mehr.
Was sie sahen, erschreckte sie.
Erst
allmählich, erst nach einer ganzen Weile dämmerte ihnen, was wirklich geschehen
war. Und zwar nicht aus dem, was sie gesehen haben, sondern aus dem, was sie
gehört haben.
Sie
haben die Geschichte Jesu nur verstanden, weil sie auf das Wort Gottes, oder
wie Petrus hier schreibt: auf die "Propheten" gehört haben. Diese
Worte deuteten ihnen die Geschichte. Glauben ist eben nicht nicht ein Wissen,
sondern eine Art und Weise, die Welt zu sehen. Glauben verändert die Wahrnehmung.
Das
haben sie ja auch auf dem Berg erlebt (und nicht verstanden): Gott selbst
deutet die Person Jesu, der eben nicht nur ein besonders begabter jüdischer
Rabbi war, sondern "der Sohn Gottes".
Damit
ist gemeint: In ihm zeigt sich Gott selbst. Wenn es also etwas zu sehen gab,
dann nur diesen Mann, und wenn es etwas zu hören gab, dann nur seine Worte.
Am
Ende stehen die Augenzeugen an derselben Stelle wie wir: Deuten wir das
Geschehen in der Welt als ein Handeln Gottes, oder halten wir alles für Zufall
und bedeutungslos, oder sehen wir gar finstere Mächte am Werk?
Glauben
heißt: Die Welt mit den Augen Jesu sehen. Als einen gesegneten Ort. Als den Ort, an dem Gott sich zeigt.
Und
wir haben Jesus heute nicht anders als in Form der Überlieferung in der Bibel,
die wir deswegen die Heilige Schrift nennen. Und die müssen wir auslegen, weil
sie sich eben nicht von selbst versteht. Das merkt man ja gerade an solchen
seltsamen Geschichten, die einem erst einaml fremd sind.
Doch
auch hier gilt: Das, was wir sehen, ist nicht alles. Die Buchstaben sind nicht
die Botschaft. Die Buchstaben, das, was wir sehen, müssen gedeutet und
ausgelegt werden. Und das, liebe Gemeinde, ist genau unsere Aufgab als
Christenmenschen heute: Die Welt, in der wir leben, als Gottes Welt verstehen,
als die Welt, in die hinein Gott gekommen ist, um die Liebe zu bringen. )
Denn
die Welt ist kein liebevoller Ort, Corona macht uns das noch einmal
überdeutlich. Und viele frustriert diese Erfahrung sehr. Sie ist ein Grund,
warum viele so müde und viele so zornig sind, und für viele ist das ein Grund,
sich vom Glauben abzuwenden.
Aber
es gibt eben auch Liebe in der Welt. Und wie die Stimme auf dem Berg, sind wir
es jetzt, die sagen: Und diese Liebe, das ist Gottes Wirken in der Welt. Wir
sind also alle Zeugen, Ohrenzeugen, darin, diese frohe Botschaft weiterzugeben
- nicht anderes meint das Wort "Prophet". So setzen wir dem Geschrei
und dem Gejammer eine Hoffnung entgegen - auf die wir als Kirche vertrauen seit
2000 Jahren. Und so tun wir uns und den Menschen etwas Gutes.
Deswegen
dieser schöne letzte Satz: "Denn
kein Prophetenwort wurde jemals verkündet, weil ein Mensch es so gewollt hat.
Sondern es erging durch Menschen, die von Gottes Geist ergriffen waren und in
seinem Auftrag redeten."
Was
ist die Aufgabe der Kirche, was ist unser Aufgabe in der gerade Coronazeit? Die
Welt retten? Nein, sondern Hoffnung in sie hineinzubringen, und aus der
Hoffnung Trost. Trost vor allem dann,
wenn Menschen irre werden an dem, was sie sehen und erleben. Denn der Glaube
kommt aus dem Hören (oder, in diesem Falle: aus dem hörenden Lesen) - und aus
dem Weitergeben. Wir brauchen dafür keine heiligen Orte, keine Heiligen Zeiten,
keine Heiligen Menschen, keine besonders Erleuchtete und Begabte. Weil Gott uns
anspricht, sind wir heilige, egal wo wir sind: auch aus dem Wohnzimmer. Denn in der Taufe hat Gott auch
zu uns gesagt: Du bist mein geliebtes Kind. Wir sind die Prophetinnen und
Propheten, die das Weitererzählen und so andere Menschen zu Ohrenzeugen machen.
Auch aus dem Wohnzimmer. Oder vielleicht sogar gerade: Ich jedenfalls begreife
durch Corona noch einmal ganz neu, was Luther meinte, wenn er sagte:
Gottesdienst kann auch im Schweinstalle stattfinden. Wir waren vielleicht doch
zu sehr auf unsere Kirchen, auf die Tradition, auf das, woran wir uns gewöhnt hatte,
fixiert und festgelegt, und haben gar nicht gemerkt, was Jesus meinte, wenn er
sagte: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, das bin ich mitten
unter ihnen. Ich bin mir nicht sicher, ob die „Kirchenpause“, die wir gerade
machen müssen, nur ein Unglück ist, oder ob wir daraus nicht etwas
mitnehmen oder neu verstehen: Gottes Wort ist überall Gottes Wort. Petrus muss
keine Hütte auf dem heiligen Berg bauen. Der Heilige Ort, an dem es gilt, Gott
hörbar zu machen, ist die Welt unten im Tal, ist hier. Hier brauchen wir den
Glauben, damit wir nicht verzweifeln, mutlos werden oder den Halt verlieren.
Ich
wünsche Ihnen, dass Sie glauben können, auch wenn Sie nicht "sehen" -
oder wenn, dann mit den Augen des Herzens, die uns der Geist Gottes öffnet, der
hinter die Dinge schaut und die Liebe sieht. Als "Prophet" in diesem Sinne, als getauftes Gotteskind, nichts als Amtsperson, darf ich Euch sagen: Ihr seid Gottes geliebte Kinder, er hat Freude an Euch. Sagt es weiter.
Amen.
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