1. Advent, Advent,
der Vati rennt.
Denn er muß was
Schönes kaufen,
also durch das
Städtchen laufen
Boutique,
Goldschmied, Spielzeugdealer:
was Rechtes für
den Compispieler
für die Tochter
was fürs Pferd
und für Mutti,
was sie ehrt.
Die Weihnacht
naht - mit ihr der Frust:
Was schenk ich
bloß? - hab keine Lust
und vor allem
keinen Dunst.
Schenken ist
halt eine Kunst
für Menschen,
die schon alles haben.
So muß Pappi
fleißig traben.
Das schönste
das er hat, kann er nicht geben:
Sich selber,
seine Zeit, sein Leben.
Denn diese
Gaben sieht man kaum
unterm bunt
gestylten Weihnachtsbaum.
Also muß er
munter flitzen
denn alle
wollen was besitzen.
Das Kind jedoch
- Gott, hier geboren,
fühlt sich
dabei etwas verloren.
2. Advent, Advent,
die Mutti
flennt.
Weihnachtsfeier,
Kindergarten:
alle auf den
Kuchen warten.
Weihnachtsfeier,
Sportverein:
Mutti würzt den
heißen Wein.
Und die Wohnung
muß doch glänzen
Besuch wird
kommen, ohne Grenzen.
Vier Wochen
dauert dieser Kampf:
Heiligabend
wird zum Krampf
weil in Hektik
eingebettet.
Mutti durch die
Wohnung jettet
Oh, die Nerven
sind gespannt
heftig wird
umhergerannt:
soll das Fest
gelingen,
muß frau hier
das Beste bringen.
Also gibt sie
volle Power.
Doch reicht das
nicht auf Dauer.
Denn was
wirklich an ihr nagt:
daß kaum mal
einer Danke sagt.
Das Kind jedoch
- Gott, hier geboren,
fühlt sich
dabei etwas verloren.
3. Advent, Advent,
Die Oma pennt.
Sie träumt von
jenen Tagen,
als, im Leben
voller Plagen,
diese Zeit die
schönste war.
Lang ist's her,
und kaum noch wahr.
Keiner will es
von ihr hören.
Solche Worte
können stören.
Sie erzeugen
süssen Kummer.
Oma wird drum
immer stummer.
Und sitzt so
da. Und denkt daran
wie alles
anders gehen kann.
Sie sieht, mit
wirklichem Bedauern
die Enkel auf
den Euro lauern,
weil sie den
Groschen einst geehrt
den Apfel, und
was sonst viel wert
in einer Zeit
der echten Not.
Weihnachten: es
ist fast tot.
Doch ist sie
still
weil sie das
Fest nicht stören will.
Das Kind jedoch
- Gott, hier geboren,
fühlt sich
dabei etwas verloren.
4. Advent, Advent,
Die Tochter
nennt
das
Weihnachtsfest 'ne Plage.
"Was
soll'n das?" Ist ihre Frage.
Gedicht
gelernt, Posaune geübt
und doch: die
Stimmung ist getrübt.
War da nicht
was mit Frieden?
Und Freude
hinieden?
War da nicht
was mit Kerzenschein,
und
Fröhlichkeit und stille sein?
Wie wäre es,
statt vieler Knete,
mit einer
wirklich guten Fete?
Und ist da
nicht "Der Asylant",
dem Weihnachten
ganz unbekannt,
der unter
schönen Weihnachtsbaum
mit Schmerzen
träumt den Heimattraum?
Ist da nicht
"Der Deutsche Wald",
mit toten Bäumen,
sterbenskalt?
Und Kinder, die
im Bombenkrach
Eltern
verloren, Haus und Dach?
Die Tochter
schweigt. Der Sohn ist Stille.
Und nehmen die
Geschenkefülle.
Bemüht ist oft
die Dankbarkeit.
Aller Friede
scheint so weit.
Das Kind jedoch
- Gott, hier geboren,
fühlt sich
dabei etwas verloren.
5. Advent, Advent.
Ich fänd
es schön, daran
zu denken,
daß
"Friede" mehr ist als bloß Schenken.
Vielmehr was
wirklich Mühe macht:
Zu geben
aufeinander acht.
Wird es jetzt
fromm? Kommt jetzt Gelaber
Wie man es von
Kanzeln kennt? Nein, aber -
Ein
Augenzwinkern. Und ein Wunsch:
Plätzchen,
Päckchen, Weihnachtspunsch,
alles schön,
auf seine Weise.
Doch darunter
ist, ganz leise,
die ganz
besondre Köstlichkeit:
Das Windelkind.
Es schenkt uns
Zeit.
Roland Kupski, 1999.
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