Lk 24,44-49.50-53
44 Er sprach aber zu ihnen:
Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war:
Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose,
in den Propheten und in den Psalmen.
Da öffnete er ihnen das
Verständnis, sodass sie die Schrift verstanden und sprach zu ihnen: So steht's geschrieben,
dass Christus leiden wird und auferstehen von den Toten [a]am dritten Tage;
und dass gepredigt wird in
seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in
Jerusalem und seid dafür Zeugen. 49 Und
siehe, ich will ]auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber
sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe.
50 Er führte sie aber hinaus
bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als
er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber
beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude 53 und waren
allezeit im Tempel und priesen Gott.
Liebe Gemeinde!
Der wahre Vatertag habe ich diesen
Gottesdienst, nicht ohne Augenzwinkern, überschrieben. Und in der Zeitung stand
ja schon in einem kurzen Satz, was ich damit meine: Heute ist der Tag, an dem
wir die Rückkehr des Sohnes zum Vater feiern. Denn das steht hinter
„Himmelfahrt“.
Insofern ist Vater das Thema
für heute.
Was ist ein Vater? Diese Frage
ist heute gar nicht mehr so selbstverständlich zu beantworten, wie man meinen
sollte. „Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“, sagt eine
alte Redensart, und die war nie so wahr wie heute.
Die Rolle des Vaters auch
viel mehr durch die Kultur geprägt als die Rolle der Mutter! Denn die Aufgabe
des Vaters wird in jeder Kultur anders verstanden, und auch in unserer Kultur
wandelt sie sich stetig. Vatersein ist nichts Natürliches und nichts Selbstverständliches!
Im Tierreich gibt es so etwas wie Väter fast überhaupt nicht, im Gegenteil muss
manches Männchen nach der Zeugung zusehen, Land zu gewinnen, damit er nicht das
erste Futter für die Kleinen wird!
Und im Moment ist es so,
dass viele Väter, ich nehme mich da gar nicht aus, ganz verunsichert sind, was
ihre Rolle und ihre Aufgabe eigentlich ist. Die „neuen Väter“ sind oft auch
ganz unsichere Väter. Selbst der gute alte Vatertag, der es Männern erlaubte,
für einen Tag auf Steinzeitniveau zu gehen, hat sich zu einem Familientag
gewandelt. Was ist ein guter Vater? Das ist heute eine ganz drängende Frage –
und sie war es im Grunde schon immer. Denn „Vaterschaft“ ist ein elementares
Grundthema des christlichen Glaubens. Denn Jesus sprach von Gott als dem Vater, aber er
sprach auf eine Art und Wise von Gott als Vater, wie man sie bis daher noch nicht
gehört hatte. Für Jesus war Gott ein gütiger Vater, der nicht mit harter Hand
und der Macht des Gesetzes regiert, sondern der für Liebe, Sanftmut und
Zuwendung steht. Für Jesu war das ganze Universum, die ganze Schöpfung, mit
einer Liebe durchzogen, die für ihn eine väterliche Liebe war! Wer sich dieser
Liebe anvertraut, der muss auch danach fragen, was es heißt ein Vater zu sein.
Es gibt im Brief an die Epheser seine Stelle, wo die Väter ausdrücklich
aufgefordert werden, ihre Kinder so zu lieben, wie der himmlische Vater seinen
Sohn liebt: Mit Sanftmut und Hingabe, ohne Gewalt und mit Zärtlichkeit. „Der
Vater und ich sind eins“, sagt Jesus einmal, und sie sind eins darin, ihre Liebe
zu den Menschen zu zeigen. Und sie gehen darin bis zum äußersten.
Und jetzt kommen wir zum
schwersten Gedanken, der uns aber ganz in die Tiefe führen wird, und den ich
euch an so einem festlichen Tage nicht
vorenthalten will, weil er uns zum Kern führt.
Was ist das für ein Vater,
der seinen Sohn in den Tod gibt? Das ist ja eine alte Frage, und sie wird schon
von den ersten Christen gestellt, die waren ja nicht dümmer als wir – Jesus
erklärt es seinen Jüngern vor der Himmelfahrt, wie wir gehört haben, in dem er
ihnen den Sinn des Ganzen auslegt. Wie kann ein Vater so etwas tun?
Doch die Frage hat einen
inneren Zynismus, der davon ablenkt, dass die wirklich Frage heißen muss: Wie
können die menschlichen Väter ihre
Söhne zu tausenden, zu Abermillionen in den Tod schicken, wie es im vergangene
Jahrhundert doch der Fall war, wie nie zuvor? Von dieser Frage nach den
unbarmherzigen und grausamen menschlichen Vätern lenkt die Frage nach Gott
völlig ab. Aber genau diese Frage stellt uns Gott. Denn er gibt seinen Sohn
dahin, um ihn wiederzubekommen, verwandelt und verändert. Indem Jesus stirbt,
durch Menschenhand, wird die Menschenhand in der Geschichte sichtbar. Wir
können Väter so etwas tun, wo doch menschliche Väter die Kraft nicht haben,
ihre Söhne aus den Gräbern zu holen? In der vemeintlichen Grausamkeit Gottes spiegelt
sich die tatsächliche Grausamkeit der Menschen. Der wahre Vatertag: genau hier,
genau hier am Kreuz wird uns die Frage gestellt, was denn ein wahrer Vater ist.
Ein wahrer Vater ist einer, der nur und ausschließlich auf das Leben aus ist,
der schenkt und gibt und sich verausgabt für die, die ihm anvertraut sind, der
Gewalt erduldet, anstatt sie auszuüben. Ein wahrer Vater ist die Quelle von
Zärtlichkeit und Sicherheit, von Geborgenheit und Versöhnung. Ein wahrer Vater
ist stark darin, aus der Schwäche heraus
zu leben und darin seine Kinder zu stärken. Nicht die Rute, sondern die
ausgestreckte Segenshand ist das Symbol des Vaters. Das ist die Botschaft des
Glaubens zum Thema „Vater“. Gerade wenn wir Gott Vater nennen, müssen wir
darüber nachdenken, was es heißt, ein Vater zu sein. Die Kirche hat diese
Botschaft wahrhaftig nicht immer durchgehalten: immer wieder fiel sie dahinter
zurück. Anstatt von Gott dem Vater her danach zu fragen, was es heißt, ein
menschlicher Vater zu sein, machte sie es genau andersherum: Sie baute sich ein
Gottesbild, dass den menschlichen Vater zum Vorbild nahm: Streng, gewaltbereit,
distanziert, auf Strafe aus, emotional verkümmert.
Darin hat die Kirche am
stärksten gesündigt und sich verfehlt: sie machte aus Gott den Vater ein Zerrbild
von menschlichen Vätern, um Herrschaft auszuüben, statt Liebe einzuüben. So ein
Gott kann nur unglücklich machen: so ein Gott fordert geradezu dazu heraus,
sich gegen ihn aufzulehnen und ihn abzulehnen und mit ihm nichts zu tun haben
zu wollen. Es ist kein Wunder, dass die Moderne von Gott nichts hören will:
denn das Merkmal der modernen Zeit ist ja gerade die Auflehnung gegen den
Vater: gegen den Herrschafts-, Macht- und Gewalt-Vater.
Es wird Zeit, dass wir
lernen, von menschlichen Vätern zu reden, wie Jesus von seinem Vater sprach und
Vaterschaft so anzunehmen. So ein Vater will ich sein! Da haben wir das
Leitbild, das alle so verzweifelt suchen: gibt es eine innigere
Vater-Sohn-Beziehung als die von Jesus und Gott ? Der Glauben versteht Vaterschaft von Anfang an
als zärtliche Hingabe und solidarische Partnerschaft: das Ziel ist, dass die
Söhne heimkehren und beim Vater ankommen: das Feiert Himmelfahrt!
Der Kreis schließt sich.
Gott ist der Vater, der das Universum, den Himmel mit einer väterlichen Energie
füllt, die nichts anderes ist als reine Liebe, die sich öffnet für alle
Geschöpfe. Und darum ist gerade das Bild von der Himmelfahrt Christi, so
märchenhaft es uns erscheint, von einer ungeheuren Kraft, wenn man es auf sich wirken
lässt: Der Himmel wir aufgerissen, die verschlossene Kammer der Vaters, der
Machtbereich Gottes, wird geöffnet und steht fortan jedem offen, der sein Herz
diesem liebenden Vater zuwendet. Das ist doch ein wirklich anrührendes Bild:
Vater und Sohn, in Liebe vereint, im Geist versammelt, regieren und herrschen
sie so anders, wie alle menschlichen Väter und Söhne es tun: In Sanftmut und
Geduld, in Hingabe und Zuwendung, in zärtlicher Zugewandtheit, verbunden durch
einen gemeinsamen Geist.
Und was ist mit Müttern? Das
ist eine andere Predigt zu einem anderen Tag. Gönnt es uns Vätern doch mal, für
einen Moment im Zentrum von Aufmerksamkeit zu stehen: so ist Himmelfahrt auch
in der Kirche der wahre Vatertag.
Himmelfahrt ist die andere
Seite von Weihnachten: Gott und Mensch vereint als eine große Familie, Schöpfer
und Geschöpf vereint als Fleisch und Geist, himmlischer Friede als Verheißung
des irdischen Friedens, der offenen Himmel als Horizont der Zukunft.
Der alte Vatertag gehört zur
alten Welt: da hat er sein gutes Recht: sollen die Väter ihren Spaß haben, ich
war da früher auch dabei, und nicht zu knapp.
Der wahre Vatertag aber
gehört zur neuen Welt: und da sollen wir alle, ja alle Geschöpfe Freude haben
und Gott aus vollem Herzen loben und preisen – und genau das tun wir jetzt
auch.
Amen.
Amen.
Nichts gegen die feminine Seite des Höchsten - Aber Ihre Predigt, lieber Herr Kupski: Gender premium!
AntwortenLöschenLG JH