Sollte jemand dergleichen aus der theologisch-poetischen Räucherkammer verwursten wollen, so wäre es mir doch ganz lieb, wenn ich es erstens erführe und zweitens mein Name dabei schon irgendwie auftaucht. Nicht, weil ich auf Lorbeeren aus bin (die brauche ich nur für die Suppe und die Gulaschsoße), sondern weil ich die Mechanismen der theologischen Wurstfabrik inzwischen gut genug kenne, um ein wenig dafür zu sorgen, dass es so bleibt, wie es seit Urbeginn war: Nur der Mythos hat keinen Autor.
Ich bin übrigens für kundige Hinweise, wo das eine oder andere klappert, schief und krumm ist, immer sehr dankbar.
Weihnachtliche
Fragen
Auf
Heu und auf Stroh.
Du
fragst Dich: Warum?
Wieso
nicht in Seide und Samt?
Im
Stall unter Tieren.
Du
fragst dich: Warum?
Wieso
nicht vor Dienern und Sklaven?
In
fremden Gefilden.
Du
fragst dich: Warum?
Wieso
nicht im Zentrum der Macht?
Als
schutzloser Säugling.
Du
fragst dich: Warum?
Wieso
nicht als machtvoller Held?
Weil
Gott es so wollte.
Als
Mensch unter Menschen
Dem
Menschen ein Mensch.
Heute
Heute
wären es wohl
Banker
und Forscher,
die
etwas gelesen haben
von
einem neuen Trend
in
Sachen Gott:
Sie
würden sich ebenso täuschen
wie
damals die Klugen
mit
ihren Sternen und Büchern.
Sie
liefen auch
in
den falschen Palast.
Weil
der Palast schon falsch war.
Heute
wären es wohl
Zeitarbeiter
oder
moderne
Tagelöhner (sagen wir mal:
Packerinnen
und Packer)
denen
gesagt würde:
Die
Zeit der Gerechtigkeit
bricht
heute an.
Sie
würden ebenso laufen
wie
damals die Hirten.
und
wären erstaunt
eine
Familie zu sehen:
auf
der Flucht.
Heute
wären es wohl
wir
die
es auch nicht
verstünden,
was
die Engel uns sagen.
Doch
tief berührt
gingen
sie alle
nach
Hause.
Heiße
Weihnacht
Weil
wir hier Winter haben
fällt
es uns leicht,
von
Wärme zu reden
und
vom strahlenden Licht.
Wie
aber, wären wir
am
anderen Ende der Erde?
Eine
laue Sommernacht
Spekulatius
am Pool?
Wir
würden wohl
den
Winter in uns
spüren
müssen
und
das Dunkel im Herzen.
Vielleicht
käme uns
Weihnachten
in
Australien
viel
näher?
Verhaltener Jubel
Der Stern in jener dunklen Nacht
führt zur unerschöpften Macht
die sich, durch Liebe eingebunden,
In Menschentiefe eingefunden.
Der ewig ist, kommt in die Zeit
kostet die Vergänglichkeit,
die so furchtbar bitter schmeckt
und uns von Jahr zu Jahr verschreckt.
Die Angst, die uns gefangen hält,
vergiftet peinvoll alle Welt,
macht uns herzlos, neidisch, dumm,
bricht die Rücken, biegt uns krumm.
Weil wir in uns gefangen sind,
kommt er menschlich, kommt als Kind.
Seine Engel lässt er künden:
frei seid ihr von allen Sünden!
So glänzt der Stern, das kleine Licht,
in jedes Menschen Angesicht.
Wir erkennen, tief betroffen:
was einzig hilft, ist mutig hoffen.
Nachweihnacht
Der Tag wird kommen,
da singen wir wieder
auf kahlen Gefilden,
fröhliche Lieder.
Der Tag wird kommen,
da schweigen die Klagen
der Schmerz wird verklingen,
es enden die Plagen.
Der Tag wird kommen,
da suchen die Arme
des Nächsten den Nächsten,
dass der Mensch sich erbarme.
Die Welt muss vergehen
die Liebe wird siegen
und niemand wird sterben
in Hunger und Kriegen.
Es ist schon das Amen
darüber gesprochen.
Die Mächtigen zittern,
der Tod ist gebrochen.
Gott hat geredet.
So können wir leben.
Wir müssen nur wagen,
die Häupter zu heben.
Winter
Die alte Eiche weiß nichts von Erlösung:
Sie steht kahl in der Kälte.
Auch die frostharten Felsen
singen kein Gloria.
Der Schnee fällt, weil er fällt.
Eisiger Wind faucht keine Hymnen.
Die Blätter wehen in absichtslosen Kreiseln,
sie haben keine Meinung.
Das Eis glitzert auf der Straße,
sein Funkeln ist bloß Licht.
Die Katze miaut
nach Futter und Milch.
Das bange Herz aber
fürchtet die Kälte.
Für alle Stummen
ruft es nach Gott.
Er ist´s
(Winteranfang, Frei nach Mörike)
Winter
lässt sein weißes Tuch
wieder
auf die Erde fallen.
Und
des Frostes schwerer Fluch
lässt
die Eisschicht krachend knallen.
Die
zarten Veilchen ziehen sich
tief verschreckt zurück.
Der
kluge Igel igelt ein
sich in Winterschlafes Glück.
Dass uns die die warme Gnade blüht,
hofft das fröstelnde Gemüt.
Advent, Advent,
der Vati rennt.
Denn er muß was Schönes kaufen,
also durch das Städtchen laufen
Boutique, Goldschmied, Spielzeugdealer:
was Rechtes für den Compispieler
für die Tochter was fürs Pferd
und für Mutti, was sie ehrt.
Die Weihnacht naht - mit ihr der Frust:
Was schenk ich bloß? - hab keine Lust
und vor allem keinen Dunst.
Schenken ist halt eine Kunst
für Menschen, die schon alles haben.
So muß Pappi fleißig traben.
Das schönste das er hat, kann er nicht
geben:
Sich selber, seine Zeit, sein Leben.
Denn diese Gaben sieht man kaum
unterm bunt gestylten Weihnachtsbaum.
Also muß er munter flitzen
denn alle wollen was besitzen.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.
Advent, Advent,
die Mutti flennt.
Weihnachtsfeier, Kindergarten:
alle auf den Kuchen warten.
Weihnachtsfeier, Sportverein:
Mutti würzt den heißen Wein.
Und die Wohnung muß doch glänzen
Besuch wird kommen, ohne Grenzen.
Vier Wochen dauert dieser Kampf:
Heiligabend wird zum Krampf
weil in Hektik eingebettet.
Mutti durch die Wohnung jettet
Oh, die Nerven sind gespannt
heftig wird umhergerannt:
soll das Fest gelingen,
muß frau hier das Beste bringen.
Also gibt sie volle Power.
Doch reicht das nicht auf Dauer.
Denn was wirklich an ihr nagt:
daß kaum mal einer Danke sagt.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.
Advent, Advent,
Die Oma pennt.
Sie träumt von jenen Tagen,
als, im Leben voller Plagen,
diese Zeit die schönste war.
Lang ist's her, und kaum noch wahr.
Keiner will es von ihr hören.
Solche Worte können stören.
Sie erzeugen süssen Kummer.
Oma wird drum immer stummer.
Und sitzt so da. Und denkt daran
wie alles anders gehen kann.
Sie sieht, mit wirklichem Bedauern
die Enkel auf den Euro lauern,
weil sie den Groschen einst geehrt
den Apfel, und was sonst viel wert
in einer Zeit der echten Not.
Weihnachten: es ist fast tot.
Doch ist sie still
weil sie das Fest nicht stören will.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.
Advent, Advent,
Die Tochter nennt
das Weihnachtsfest 'ne Plage.
"Was soll'n das?" Ist ihre
Frage.
Gedicht gelernt, Posaune geübt
und doch: die Stimmung ist getrübt.
War da nicht was mit Frieden?
Und Freude hinieden?
War da nicht was mit Kerzenschein,
und Fröhlichkeit und stille sein?
Wie wäre es, statt vieler Knete,
mit einer wirklich guten Fete?
Und ist da nicht "Der
Asylant",
dem Weihnachten ganz unbekannt,
der unter schönen Weihnachtsbaum
mit Schmerzen träumt den Heimattraum?
Ist da nicht "Der Deutsche
Wald",
mit toten Bäumen, sterbenskalt?
Und Kinder, die im Bombenkrach
Eltern verloren, Haus und Dach?
Die Tochter schweigt. Der Sohn ist
Stille.
Und nehmen die Geschenkefülle.
Bemüht ist oft die Dankbarkeit.
Aller Friede scheint so weit.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.
Advent, Advent.
Ich fänd
es schön, daran zu denken,
Daß "Friede" mehr ist als
bloß Schenken.
Vielmehr was wirklich Mühe macht:
Zu geben aufeinander acht.
Wird es jetzt fromm? Kommt jetzt
Gelaber
Wie man es von Kanzeln kennt? Nein,
aber -
Ein Augenzwinkern. Und ein Wunsch:
Plätzchen, Päckchen, Weihnachtspunsch,
alles schön, auf seine Weise.
Doch darunter ist, ganz leise,
die ganz besondre Köstlichkeit:
Das Windelkind.
Es schenkt uns Zeit.
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