Sonntag, 16. April 2017

Fürchtet Euch nicht! Osterpredigt 2017

Aus Urheberrechtlichen Gründen mit Verspätung: meine "Premiumpredigt" zum Ostersonntag 2017,
Mt 28. Wie immer: bezogen auf ein aktuelles Ereignis der Woche.


1 Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Seine Erscheinung war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. 4 Die Wachen aber erbebten aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot. 5 Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. 6 Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt und seht die Stätte, wo er gelegen hat; 7 und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern: Er ist auferstanden von den Toten. Und siehe, er geht vor euch hin nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. 8 Und sie gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen. 9 Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Und sie traten zu ihm und umfassten seine Füße und fielen vor ihm nieder. 10 Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen: Dort werden sie mich sehen.

 

 

Liebe Gemeinde!

 

Die Bilder von den Attentaten in Ägypten stehen uns noch vor Augen. Der Bürgerkrieg in Syrien ist längst ein weltweiter Konflikt geworden, der uns Sorgen macht, weil seine Auswirkungen bis zu uns spürbar sind. Überall auf der Welt sind vor allem Christen in Bedrängnis. Auch wenn es keine genauen Zahlen gibt: hunderttausende unserer Glaubensgeschwister leiden unter Unterdrückung und Verfolgung, aus dem einzigen Grunde, dass sie sich zum auferstandenen Herrn bekennen. Aber auch Muslime leiden untereinander, auch wenn das nicht so stark unsere Aufmerksamkeit beansprucht. In Indien geraten Hindus, Sikhs, Moslems und Christen ständig aneinander, in Afrika verbreiten radikale Anhänger ihrer Religionen Angst und Schrecken. Die tödliche Macht der Religion steht uns vor Augen, wie schon lange nicht mehr. Dieses Ostern ist eingebettet in Gewalt. Woran liegt das? Was geschieht hier? Wieso verfallen gerade die, die doch dem Frieden, von dem die Religionen zumindest immer reden, so der Gewalt? Und warum werden gerade auch Christen ständig Opfer?

Es ist offensichtlich etwas am Glauben und an der Religion, das man ganz schnell missverstehen kann, so dass sich in sein Gegenteil verkehrt, was als heilsame Botschaft gedacht war.

Das ist von Anfang an so. Vergessen wir nicht: Der Ostermorgen ist der Morgen nach einem Justizmord. Jesus wurde Opfer genau jener Form von Gewalt, die wir gerade erleben. Es waren die Frommen, die ihn töteten, und es war ein religiös geprägter Staat, der den Mord vollzogen hat. Wenn davon die Rede ist, dass „die Juden“ und „die Römer“ Jesus getötet haben, wird genau das zum Ausdruck gebracht: Religiöse Fanatiker und kalte Machtmenschen. Es geht hier nämlich gar nicht um die Schuld „der Juden“ und „der Römer“. Etwas platt gesagt: wir sind alle mögliche Juden und Römer Sie stehen hier als Beispiele  dafür, wie Verblendung und Machtgier, wie Angst und falsche Gewissheiten, Vorurteile und Propaganda Menschen dazu bringen können, sich selber Schaden zuzufügen. Denn genau das ist ja hier geschehen! Mit der Ermordung des Jesus von Nazareth wurde der Bote der Liebe umgebracht, der Prediger der Versöhnung, der Gottessohn selber.
 
Warum? Weil er die Erwartungen der Menschen enttäuschte. Alle warteten, wie heute, auf einen Menschen, der die Erlösung bringt, der den Frieden bringt, der Unterdrückung und Not beendet, der Versöhnung ermöglicht. Genau das hat Jesus ja auch gebracht – aber eben auf eine ganz andere Weise, als alle erwartet haben. Nicht mit Gewalt, nicht mit Aufstand und öffentlicher Erregung, auch nicht durch Gründung einer revolutionären Gruppe oder einer politischen Partei. Jesus setzte konsequent auf die Macht des Wortes, und zwar eines Wortes, das Menschen nicht kleinmacht, erniedrigt und entwürdigt im Namen Gottes, sondern aufrichtet. Seine Worte waren Ermutigungen, Zuspruch und heilsame Zuwendung. Und zwar: ohne Voraussetzungen seitens der Menschen.
 
Er ging zu denen, die keine Hoffnung mehr hatten, weil sie keine Hoffnung mehr hatten. Er ging zu denen, die verzweifelt waren, weil sie verzweifelt waren. Er ging zu denen, die allen Glauben aufgegeben hatten, weil sie allen Glauben aufgegeben hatten. Er frug nicht nach Herkunft, nicht nach Würdigkeit und Zugehörigkeit, er überschritt alle Grenzen, auch und gerade die Grenzen der Religion und der Völker. Er heilte den Sohn des heidnischen, sprich: römischen Hauptmannes, er heilte die Tochter der syrophönizischen Frau, spricht: einer Ausländerin und erzählt sein schönes Gleichnis von der Nächstenliebe ausgerechnet von einem Samaritaner, einem verhassten „Ungläubigen“. Er pries die selig, die von den anderen ausgegrenzt wurden, er kritisierte die, die sich ihres Glaubens allzu gewiss waren, er ließ sich von politischer Macht nicht beeindrucken. Am Ende ertrug er die Gewalt, anstatt sie auszuüben und entlarvte sie auf diese Weise. Gerade die, die Gott allzusehr auf ihrer Seite wähnten, erwiesen sich als zutiefst gottlos – selbst seine Jünger ließen ihn im Stich!

 

Und nun hat Gott den, der so getötet wurde, auferweckt! Das heißt ja nichts anderes, als dass Gott diese Botschaft beglaubigt hat, dass Gott sich auf das Spiel von Gewalt und Gegengewalt nicht eingelassen hat. Das ist doch der Kern der Osterbotschaft: Gott vergibt seinen Mördern!
 
Mit dem, was an Ostern geschah, bricht eine ganz neue Welt an, das, was Jesus immer das „Reich Gottes“ nannte, und das alle missverstanden, weil sie meinten, er spräche von einem irdischen Reich, einen Gottesreich. Aber er sagt immer wieder. Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Aber es ist in dieser Welt, dort nämlich, wo Menschen Gottes Liebe vetrauen. Und hier liegt die Quelle des Missverständnisses: Wer meint, das Reich Gottes sei eine irdische Größe – der hat das Schwert schon in der Hand.
 
Es ist immer wieder der Wunsch nach dem Paradies auf Erden, das die Hölle beschworen hat!

 

Die Ostererzählung macht das sehr deutlich. Wir hören  sie durch den Filter von drei Generationen Erzählen – das Matthäusevangelium wurde erst rund 50 Jahre nach den Ereignissen aufgeschrieben – doch die Erschütterung ist noch zu spüren. Drei Frauen gehen zum Grab, um den hastig beerdigten Toten die letzten damals üblichen Ehren zu erweisen: den Leichnam waschen und salben. Man muss sich das Übermaß ihrer Verzweiflung vorstellen: Jesus war das ganz und gar unschuldige Opfer von religiöser und staatlicher Gewalt geworden. Ein unfassbares Ereignis, das eben nicht nur ein Leben zerstörte, sondern auch die Hoffnungen aller, die auf ihn vertraut haben.
 
Hier geht es um mehr, als um Trauer! Und dann erleben sie den nächsten Schrecken: Ein Erdbeben erschüttert den Boden, die vorsorglich aufgestellten Wachen fallen in Ohnmacht, ein Engel öffnet das Grab – und es ist leer. Panik macht sich breit. Der Engel spricht: „Ihr sucht den Gekreuzigten, er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat und nach Galiläa gegangen“. Das alles können wir uns ganz schwer vorstellen: Was genau ist hier geschehen? Die Auferstehung selber wird ja gar nicht berichtet, nur ihre Wirkung. Mit Furcht und Freude laufen die Frauen davon, eine wahrlich beindruckende Gefühlsmischung! Und schließlich sehen sie auch den Auferstandenen, und auch er sagt: Fürchtet Euch nicht!

Denn das ist im Grunde der Kern der österlichen Botschaft. „Fürchtet Euch nicht!“ Denn die Furcht ist die Quelle allen Übels: Menschen töten aus Angst. Aus Angst zu kurz zu kommen, aus Angst, vergessen und übersehen zu werden, aus Angst, ausgegrenzt und nicht geliebt zu werden, aus Angst von Gott verworfen zu werden. Das Reich Gottes aber ist das Reich, in dem die Angst besiegt ist, weil der Tod besiegt ist. Fürchtet Euch nicht vor Gott, denn er liebt Euch uneingeschränkt und will das Böse nicht. Fürchtet Euch nicht vor den Menschen, denn sie haben genauso Angst wie ihr!

Wem diese Botschaft zu wenig ist, wer meint: Hier müsse doch mehr sein, hier müsse doch mehr geschehen – der prüfe sich, ober er nicht schon auf dem Pfad ist, mit Gewalt durchsetzen zu wollen, was doch nur mit Liebe, Sanftmut und dem Wort durchgesetzt werden kann.
 
Das ist unsere Hoffnung für diese Welt voller Gewalt und Tod: dass dieser Glaube Frieden bringen kann und aller Menschenverachtung in Religion und Politik ein Ende macht. Und in diesem Glauben können wir auch beten für unsere Geschwister im Glauben, die um dieses Glaubens willen getötet worden sind und für die, die um sie trauern. In diesem Glauben können wir auch beten für alle, die im Grab von Hass und Verachtung gefangen liegen, dass Gott sie erleuchten möge -  wie er die drei Frauen am Grab und nach ihnen alle Apostel und Zeugen erleuchtet hat zu Boten des Friedens. Mehr als diese Hoffnung haben wir nicht.
 
Aber eine Hoffnung zu haben, ist das stärkste Mittel gegen die Angst: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Hallelujah!.

 

Fürbitte

 

Herr, unser Gott, durch Deine Auferstehung hast du den Tod besiegt und die Mächte des Todes in ihre Schranken verwiesen. Sie ist das starke Zeichen deiner Liebe, die noch ihren Feinden vergibt. Dafür danken wir dir, darüber freuen wir uns, daraus leben wir.

So bitten wir dich:

Lass Christus auferstehen in unseren Herzen und in den Herzen aller, die gefangen sind im Grab der Angst, der Verzweiflung und des Hasses. Schenke den Regierenden Weisheit und Nüchternheit, den Völkern Geduld und Großmut. Denen, die in deinem Namen Töten, falle in den Arm, heile ihren Irrtum. Widerspreche denen, die dein Wort missbrauchen, um Menschen zu demütigen und zu erniedrigen. Lass Deine Kirche ein Botin des Friedens sein, die selbst Versöhnung mit den ärgsten Feinden sucht. Erweiche die harten Herzen, rolle alle Steine weg, die auf unserer Seele liegen, schaffe den Armen Gerechtigkeit, tröste die Trauernden, nimm die Toten bei dir auf. Lass das Wort der Freude in die Welt gehen und gehört werden: Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.

Samstag, 25. Februar 2017

Karneval Predigt zu Estomihi, Lk 10,38-42. Wo Jesus ist, da redet Gott. Gereimt

Maria und Marta

38 Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.
39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. 40 Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll! 41 Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. 42 Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.



Zur Fastnacht ist es guter Brauch,

dass man was reimt  - ich tu es auch.

Nicht, dass ihr die Schenkel klopft

oder die Trän´ vor Lachen tropft,


doch manchmal braucht, von Zeit zu Zeit,

dass Gotteswort ein neues Kleid:

und wenn die Narren Wahrheit sprechen,

indem sie Reimendes verbrechen,


so nehm´ ich mir ein frisches Herz,

und reime auch – nicht bloß zum Scherz:

Es soll doch eine Predigt sein –

mit einem Lächlen, das wär fein!

  

Jesus durch die Lande zieht,

was mancher gar nicht gerne sieht:

er spricht die armen Leute an

und heilt die Kranken dann und wann,


er weist die Herren streng zurecht

ergreift Partei für Magd und Knecht,

er streitet mit der Obrigkeit

und macht das Herz für Arme weit.


Er spricht so schön vom Gottesreich

in dem die Menschen alle gleich,

Wo Gott allein ist an der Macht

und allem Bösen Ende macht.

  

Er hat die Frommen im Visier,

wenn die es übertreiben hier,

und aus dem göttlichen Gebot.

machen eine Menschennot.


In manchem schönen Gleichnisbild

spricht er von Gottes Gnade mild:

Vom Samkorn, das von selber wächst;

er rettet Menschen, die verhext.


Er isst mit Zöllnern, die verachtet

weil sie der Römer Macht gepachtet,

er geht zu Fremden, die verpönt,

damit man sich daran gewöhnt,


dass Gott nur Menschen kennt und liebt

und unsre Grenzen gern verschiebt.

Und schließlich sagt er klar und laut:

Glauben meint, dass man vertraut.


Wer meint, er könne Gott bestechen

tut er im Tempel nur gut blechen,

wer meint, er könne Gott gefallen,

wenn er recht frommt tut bei dem allen,


der hat sich jämmerlich geirrt

und gilt vor Jesus als verwirrt.

Allein der Glaube macht uns frei,

frommes Tun birgt Heuchelei,


wenn nicht das Herz dabei bedenkt:

das alles ist von Gott geschenkt.

So ist der Glaube nicht ein Tun,

sondern eine Art von Ruhn.


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Denn bevor die Hand sich rührt

wird das Ohr zuerst berührt.

Bevor die Menschen richtig handeln,

muss Gott die Seele erst verwandeln.


Und dieses tut er durch sein Wort:

Drum ist hier und jetzt der Ort

wo Gott auch heute zu uns spricht.

Alles andere zählt jetzt nicht.


Ergreife die Gelegenheit,

denn heute ist die Jesuszeit!

Wo er ist, da muss alles schweigen,

und das Herz zu ihm sich neigen.


Darum wird uns heut erzählt,

wie Jesus sich als Gast verhält.

Auch hier ist er sich selber treu,

das Altmodische macht er neu.


Zuerst: Er kehrt bei Frauen ein,

und zwar als Mann, und ganz allein.

Das allein ist skandalös:

Wer so was tut, ist nicht seriös!


Denn in der antiken Zeit

war die Welt noch nicht so weit:

Weil die Männern es so wollen,

müssen sich die Frauen trollen,


Mann und Weib bleibt fein getrennt,

was man „Schöpfungsordnung“ nennt,

als hätte Gott nicht zwei geschaffen,

damit sie sich zusammenraffen.


Mit diesem Irrtum ist nun Schluss:

Jesus scheut nicht den Verdruss

und durchbricht die alte Sitte:

setzt sich in der Frauen Mitte!


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Maria heißt die eine Frau

sie nutzt die Chance auch gleich schlau

sie lässt alles stehn und liegen,

sich an Jesus anzuschmiegen.


Sie lauscht ergriffen, was er spricht:

Den Moment verpasst sie nicht!

Sie lässt die Sitte Sitte sein

und stellt sich ganz auf Jesus ein.


Martha aber sich nicht traut:

sie klappert in der Küche laut,

Mit Schüsseln und mit Dippen,

und schmiert für Jesus Schrippen.


Sie tut, was sie als Frau gut kann:

sie dient als Wirtin hier dem Mann.

Man denkt: das ist ein feiner Zug!

Martha handelt wirklich klug.


Sie kann sich´s aber nicht verkneifen,

aus der Küche rauszukeifen:

Ich schaffe hier mit viel Gebrumm,

und die Schwester sitzt herum!


Doch bei Jesus geht´s so nicht!

Er geht mit Martha ins Gericht!

Und weist sie deutlich nun zurecht:

Was Du jetzt tust, ist  grad mal schlecht!


Du machst als Köchin dir viel Not,

und backst für Jesus frisches Brot.

Das ist zwar wirklich gut gedacht,

doch dafür bin ich nicht gemacht!


Ich bringe  Dir das Gotteswort,

ganz persönlich an den Ort

wo Du mit deiner Schwester lebst

und ehrlich nach dem Guten strebst.


Nun sitzt er hier, vor deiner Nase

doch du machst in der Küch´ Gerase

und verpasst den Augenblick

wo Dich berührt das Gottesglück!


Auch wenn du das nicht gerne hörst.
doch mit deinem Klappern störst

du jetzt den heiligen Moment

der nur das stille Hören kennt.


So sag ich, Jesus, dir mit Macht:

Maria es grad besser macht.

Sie lässt die Arbeit Arbeit sein

und lässt sich auf den Glauben ein.


So komm, und setzt dich auch dazu,

lass die Arbeit mal in Ruh,

denn Kochen kannst Du jederzeit

mach dich jetzt für Gott bereit!


Wir wissen nicht, was sie nun sagt.

Ob sie dieser Rüffel plagt?

Oder ob sie, ganz beglückt,

nah an ihre Schwester rückt?


Was Jesus sagt, ist oft ganz neu,

und das macht uns manchmal scheu,

weil er so ganz in Frage stellt

was scheinbar richtig in der Welt.


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Die Arbeit ist ein hohes Gut,

was niemand hier bestreiten tut.

Doch auch die Andacht ist sehr wichtig,

sie macht uns zum Leben tüchtig.


Denn wer nur werkelt, läuft Gefahr

dass er verpasst, was wunderbar.

Gott hat diese Welt gemacht,

als einen Ort auch voller Pracht.


Darauf will uns Jesus bringen:

das wir dankbar Lieder singen,

und dass von Zeit zu Zeit wir ruhn

und unsere Hände gar nichts tun.


Stattdessen unsre Ohren spitzen

und Jesus still zu Füßen sitzen.

Ganz gewiss: wir brauchen Brot!

Doch groß ist auch die Herzensnot.


Und die, so steht´s in Gottes Willen,

will Jesus gerne für uns stillen!

So gibt es eine Zeit zum Beten,

und eine Zeit zum Brotteig kneten.


Drum, Schwestern, Brüder, seid recht schlau,

und macht es so wie diese Frau:

Setzt Euch zu Jesus, hört ihm zu,

so findet ihr im Herzen ruh.


Und deckt, von Gottes Wort erfrischt,

danach mit Köstlichem den Tisch.

Nehmt Euch am Tage auch mal Zeit

und macht euch ganz für Gott bereit.


Wer immer nur am Schaffen ist,

und dabei Gottes Wort vergisst,

der wird am Ende ganz verdrieslich,

und als Mensch ganz unersprießlich.


So mancher fühlt sie heut gestresst,

und in die Arbeit reingrepresst,

er sieht vor lauter Schaffen nicht,

am Horizont des helle Licht.


Die Arbeit kann uns nicht erlösen,

Denn „Arbeit“ können auch die Bösen.

Jesus aber will uns lenken,

dass wir hier ganz anders denken:


Die Arbeit hat nur einen Sinn,

sie führt uns auf den nächsten hin

und hilft, die Welt uns zu gestalten

und friedlichen diesen Ort verwalten.


Jedoch, die tiefe Kraft zum Leben,

kann Arbeit uns allein nicht geben.

Da braucht es mehr: Die Gottesmacht,

die uns zu neuen Menschen macht.


So legt nun, Schwestern, Brüder,

die Arbeit für ein Weilchen nieder,

und legt die Hände in den Schoß:

denn unsere Geistesnot ist groß!


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Denn Gott ist unsre starke Kraft,

die im alten Neues schafft:

Er gibt uns unser täglich Brot

und rettet uns aus Seelennot.


So lasst uns nun Maria sein,

und ladet jede Martha ein:

Nimm Dir täglich etwas Zeit

und mache dich für Gott bereit!


So wird dein sehnlichstes Verlangen,

das Leben täglich zu empfangen,

auf schlichte Weise gut gestillt:

wenn ihr nur dazu seid gewillt,


und Jesus zu euch kommen lasst:

Jede Hütte wird Palast

wenn dort seine Gnade wohnt

und dort seine Liebe thront.


Die Gnade aber Gott des Herrn,

der unsere Vernunft so fern,

erfülle Euch mit aller Kraft

in Jesus, der den Glauben schafft.

Montag, 13. Februar 2017

Predigt 12.2.2017, Lk 17, 7-10. Großmäuler, Egoisten, Narzisten

Wieder eine "aktuelle" Predigt für die Predigtwerkstatt Premium, deshalb mit "Verfallsdatum". Aber vielleicht doch nützlich zu lesen, spätestens in sechs Jahren.

Sonntag: Septuagesima, 12.2.2017, Lk 17, 7-10

7 Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch?

8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken?

9 Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war?

10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.


Liebe Gemeinde!


Harte und schroffe Worte spricht Jesus hier. Vor allem wirken sie sehr unzeitgemäß. „Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren, wir brauchen keinen Dank“ – das ist eine Form der Selbstrücknahme und ein Pathos der Pflichterfüllung, das uns mit Skepsis erfüllt. Wir haben damit keine guten Erfahrungen gemacht. Es erinnert an ein anderes Jesuswort, das für Jahrhunderte das Leitbild protestantischer Christen war: „Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“. Der Philosoph Friedrich Nietzsche, der aus einem frommen protestantischen Pfarrhaus stammt und dieses Denken mit der Muttermilch bekommen hat, schreibt dazu ganz süffisant und treffsicher: „Wer sich selbst erniedrigt, will erhöht werden“. Es ist schlicht der Tatbestand der Heuchelei, der hier droht. Es gibt eine Form der Selbstrücknahme und ein Pathos der Pflichterfüllung, das mit simulierter oder echter Leidensmiene in Wahrheit nach tiefster Anerkennung lechzt. „Wir sind nur unnütze Knechte, wir haben nur unsere Pflicht getan“: das kann ein schlimmer Satz sein!


Doch auf der anderen Seite erleben wir im Moment an vielen Stellen eine völlige Entfesselung des Gegenteils. Gerade politische Ämter, aber auch Führungsämter in Wirtschaft und gesellschaftlichen Institutionen, sind schwer angeschlagen in der öffentlichen Wertschätzung: Hier scheint so etwas wie ein Gedanke der Pflicht und der Selbstrücknahme völlig vergessen zu sein. Wir erleben, wie sich Menschen bereichern über alles Maß hinaus, so dass man keineswegs den Eindruck hat, sie arbeiteten aus dem Gefühl einer inneren Verpflichtung heraus und im Dienst einer Sache, sondern nur um ihrer selbst willen. Dabei geht es oft nicht um Bereicherung im materiellen Sinne. Die Selbstinszenierung, der Verlust jeglicher Bescheidenheit und Selbstrücknahme bestimmt Wahlkämpfe und zieht, nicht nur in den USA, immer mehr in die Politik ein. „Schaut was wir leisten, wir sind wichtig, ohne uns geht gar nichts, seid gefälligst dankbar“. Zwar wird auch viel von der Pflicht geredet: Man ist dem Vaterland verpflichtet, um es wieder groß zu machen; man ist den Menschen verpflichtet, um sie wieder in stabile Verhältnisse zu führen; man ist der Geschichte verpflichtet, um das zu bewahren, was die Generation vor uns aufgebaut hat – das klingt alles im Grunde gar nicht schlecht. Doch: Die Botschaft hören wir wohl, allein es fehlt der Glaube, weil es denen an Glaubwürdigkeit zu fehlen scheint, die sie sagen.


Der Eindruck, dass Menschen sich gar nicht einer Sache verpflichtet fühlen, sondern letztlich nur ihrem Ego, hat eine verheerende Wirkung. Großmäuler, Wichtigtuer, Egozentriker, Narzissten und Größenwahnsinnige scheinen am Werk, und bei aller Übertreibung, die in diesen Worten steckt: für die Stimmung ist das gar nicht gut. Haben wir die Haltung der Pflichterfüllung, die hinter die Aufgabe zurücktritt, völlig verloren? Und wie können wir sie wiedergewinnen? Denn auch wenn das Wort Jesu in seiner Zuspitzung sehr hart klingt: Es gewinnt unter diesen Voraussetzung an Wahrheit. Warum sagt Jesus das so? Hinter den Worten Jesus steht erst einmal eine Frage des Glaubens. Denn es ist ein Gleichnis vom Himmelreich. Es geht um die Beziehung zu Gott. Die aber wird nicht über Leistung und Arbeit hergestellt. Das ist die genau frohe Botschaft, die hinter Jesu scheinbar harten Worten steckt! Im Jubiläumsjahr der Reformation können wir sie mit den Worten Luthers formulieren: Allein aus Glauben wird der Mensch gerecht. Allein die Vertrauensbeziehung bestimmt unser Verhältnis zu Gott. Wer sich Gott vertrauensvoll zuwendet, der ist gerettet, oder wie Jesus es sehr viel schöner sagt: selig. Nicht wir tun etwas für Gott, sondern Gott hat etwas für uns getan! Dieser schöne Satz hat aber eben auch eine klare Konsequenz: Das Reich Gottes, die Gotteskindschaft, die Gnade, wie immer wir es nennen wollen, können wir uns nicht erarbeiten. Gnade ist nicht die Belohnung, sie ist nicht der Dank für religiöse Pflichterfüllung. In diesem Sinne sagt Jesus: Wir sind unnütze Knechte, unsere Arbeit ist Pflichterfüllung, mehr nicht. Aber auch nicht weniger! Die gute Arbeit wird damit ja nicht abgewertet, sondern im Gegenteil: Sie wird von dem Ballast befreit, immer noch mit einem Auge auf Gott und seinen Dank schielen zu müssen. Aus diesem Blickwinkel wird die fromme Heuchelei, die wir hinter dem Pathos der Pflichterfüllung vermuten, gerade abgewehrt. Damit bekommen wir aber auch in den Blick, dass hier eben nicht von irgendeiner Pflicht die Rede ist. Es geht hier ganz konkret um den Dienst am Nächsten. Es geht hier nicht um eine abstrakte Pflicht, sondern es geht um das ganz selbstverständliche Tun des Guten um des anderen Menschen willen. Und es sind gerade die einfachen Taten des Guten, um die es geht. Jesus zählt sie in einem späteren Kapitel auf: Hungrige speisen, Dürstende tränken, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Gefangene besuchen, Kranke pflegen, Tote bestatten (Mt 25). Das sind die sogenannten „Sieben Werke der Barmherzigkeit“. Sie sind, wenn man so will, die Christenpflicht – nicht um Gott damit einen Gefallen zu tun und sich bei ihm Lohn und Wertschätzung zu erarbeiten, sondern weil das Tun dieser einfachen Werke nicht anderes ist, als die elementaren Bedürfnisse des Menschseins zu stillen. Da geht es überhaupt nicht um den, der die guten Werke tut, sondern nur um den, der sie empfängt. In diesem Sinne sind wir „unnütze Knechte“. Der Satz Jesu will uns helfen, unsere Motivation zu überprüfen und gerade nicht falschen Pflichten zu folgen. Es ist wirklich ein scharfer Satz!


So hat es Sinn, von „Pflicht“ zu reden, und vielleicht ist es wirklich an der Zeit, das auch wieder etwas deutlicher zu tun. Und das geschieht auch. Denn wir erleben über all dem Geschrei der Selbstdarstellung, Selbstbereicherung und Selbstbeweihräucherung auch ein wachsendes Verständnis dafür, dass wir diesen elementaren Aufgaben verpflichtet sind. Die beeindruckende Bewegung der Menschen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, ist zu nennen. Oder die spürbar wachsende Bereitschaft, sich gegen politische Strömungen zu erheben, die unsere Freiheit und unser demokratische Miteinander unterhöhlen wollen, indem sie aus Selbstsucht Hass, Ausgrenzung und nationalen oder gruppenbezogenen Egoismus predigen. Da spüren Menschen immer deutlicher eine Verpflichtung, sich dagegen zu engagieren.


Wir sind unnütze Knechte – und Mägde, muss man ergänzen – wenn es darum geht, vor Gott zu bestehen. Da helfen uns unsere guten Taten überhaupt nicht, weil sie gar nicht gefragt sind. Vor Gott ist allein unser Glauben gefragt, der im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit nicht ängstlich und furchtsam nach der Pflicht vor Gott fragt und auf seinen Dank schielt, sondern aus großer innerer Freiheit und Gelassenheit heraus die einfache Frage stellt: Was ist zu tun um des nächsten Willen? Denn vor Gott müssen wir nichts beweisen. Seine Wertschätzung und Liebe kommt uns entgegen, die können wir ohne jeden Zweifel voraussetzen. Dafür steht Jesus mit seinem Leben ein, und Gott beglaubigt sein Leben durch die Auferweckung von den Toten, die uns allen verheißen ist. Der Glauben handelt nicht aus Angst und Ruhmsucht, sondern aus Freiheit und Gewissheit heraus. In diesen Sinne sind wir höchst nützliche Knechte und Mägde! Martin Luther hat das in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ einmal in einen wunderbaren paradoxen Satz gefasst: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Was hier wie ein Widerspruch klingt, beschreibt in Wahrheit eine Balance von Freiheit und Pflicht, von Selbstrücknahme und Selbstbewusstsein. Sie verhindert einerseits, dass wir unser Ego unmäßig aufblähen und andererseits ermutigt sie uns, beherzt zu tun, was zu tun ist: Nicht um Gottes Willen, nicht um unserer selbst willen, sondern um des Anderen Willen. Das ist eine sehr vernünftige Regel, weil sie das menschliche Maß hält. Und es ist nun tatsächlich unsere Pflicht als Christen, diese vernünftige, befreiende Botschaft in die Welt zu tragen. „Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was uns aufgetragen war“. Dieser scheinbar so harte Satz ist ein schöner Prüfstein, im großen Geschrei der Selbstdarsteller, Wichtigtuer und selbsternannten Menschheitsretter das rechte Maß zu finden: der selbstverständliche Dienst am Nächsten, der als solcher nun wahrhaftig alles andere als unnütz ist. Gott gebe uns die Kraft und die Weisheit, diese Balance zu halten und zu finden. Es täte uns allen gut, am meisten aber denen, die auf Gerechtigkeit, Zuwendung und Wertschätzung warten. Also am Ende uns allen. So ganze ohne Lohn geht es eben doch nicht: Denn das einfache Tun des Guten trägt seinen Dank in sich. Wer das einmal erlebt hat, wird es nie wieder vergessen. Genau dazu will Jesus uns mit seinem harten Satz ermutigen: Tu es einfach!


Amen.

Donnerstag, 26. Januar 2017

Mt 14,22-33 Der sinkende Petrus. Predigt zum 4. S. n. Epiphanias


Mt 14,22-33 Der sinkende Petrus

22 Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe. 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein.

Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.

 25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. 26 Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.

27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!

 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir! 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?

 32 Und sie traten in das Boot und der Wind legte sich. 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

 

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Die Geschichte vom Seewandel gehört zu den bekanntesten Geschichten überhaupt. Aus irgendeinem Grunde ist das Bild von Jesus, der über den See wandelt, sehr populär. Vielleicht, weil es von allen Wundergeschichten des Neuen Testamentes eine der aberwitzigsten ist. Soll man das glauben, dass er übers Wasser ging?

Soll man nicht. Jedenfalls nicht so. Schon die Menschen in der Antike waren keineswegs so leichtgläubig, dass sie das für bare Münze nahmen. Auch in der Antike wusste man schon, dass Geschichten zu Übertreibungen neigen, und was mit Geschichten, die von Mund zu Mund weitererzählt werden, immer stille Post gespielt wird. Am Ende wird fast das Gegenteil von dem erzählt, was wirklich geschehen ist. Und so müssen wir die Wunderberichte im Neuen Testamten auch lesen. Sie wollen nicht einfach ein unglaubliches Ereignis erzählen. Wer nur an Jesus glaubt, weil er die Naturgesetzte aufheben kann, der hat nämlich nur die Hälfte verstanden. Gerade die Wundergeschichten sind, wenn ich das mal so sagen darf, durchsichtig. Hinter dem vermeintlichen Naturwunder verbirgt sich ein viel größeres Wunder, und wer seine Zeit damit verschwendet, herauszufinden, wie das alles möglich war, dem entgeht der geistliche Sinn der Geschichte. Und darum gehört für mich, gerade weil ich ein denkender, moderner, naturwissenschaftlich gebildeter Mensch bin, gerade diese Geschichte zu meinen Lieblingsgeschichten. Denn es ist meine Geschichte. Es ist die Geschichte meines Glaubens. Denn darum geht es: um den Glauben.

Was wird erzählt? Jesus hat den ganzen Tag gepredigt, ist müde und will alleine sein. Er schickt seine Jünger mit dem Boot über den See, und zieht sich zur Meditation und Gebet zurück.

Die Jünger fahren los, durch die Nacht, was man in der Antike schon gar nicht so gerne machte. Und dann geschieht genau das, wovor sie Angst haben: Ein Seesturm kommt auf. Das geht schnell auf dem See Genezareth, der von Bergen mit fallenden Winden umgeben ist, und solche Seestürme auf einem Binnensee sind auch sehr heftig und bedrohlich. Die Zwölf geraten in Panik. Das haben wir ja eben in der Lesung auch schon gehört. Das kam wohl öfter vor. Mehr wird ja gar nicht erzählt. Vier Nachtwachen lang – also bis in den frühen Morgen - müssen sie voller Angst auf dem Boot ausharren. Und plötzlich haben sie eine Erscheinung: Jesus kommt ihnen entgegen. Sie reagieren darauf völlig vernünftig, oder sagen wir besser: durch und durch menschlich. Sie meinen, dass sie ein Gespenst sehen, griechisch: ein Phantasma. Das heißt, ihre Angst steigert sich in nermessliche. Jetzt kommt auch noch der Klabautermann und will uns alle holen! Sie fangen an, vor Angst zu schreien, die Panik erreicht den Höhepunkt. Das spricht sie Jesus an: Fürchtet Euch nicht, seid getrost Ich bin´s!

Die Angst scheint sich zu legen. Wäre die Geschichte hier zu Ende, wäre sie wirklich nur eine banale Wundergeschichte, und man könnte sich fragen, warum sie uns erzählt wurde. Aber jetzt kommt erst, das, worum es hier wirklich  geht. Petrus nämlich übertreibt, wie so oft. Petrus will einen Beweis. Er will mehr! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser! Und Jesus sagt: Na, dann kommt. Und Petrus steigt über Bord, geht ein paar Schritte – und dann bemerkt er den Wind und die Wellen, er sinkt ein und gerät wieder in Panik. Jetzt ruft er: Herr, rette mich! Und Jesus sagt zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Streckt seinen Arm aus und hält ihn fest. Als sie dann alle im Boot sind, fallen sie vor ihm dankbar auf die Knie und rufen: Du bist Gottes Sohn!

Der entscheidende Satz ist: Du Kleingläubiger, warum hast Du gezweifelt? Genau so ist das mit unserem Glauben. Solange wir festen Boden unter den Füßen haben und Jesus in unserer Nähe wissen, ist unser Glaube stark. Aber wenn unser Lebensboot in Seenot gerät, dann geraten wir eben doch in Angst und fühlen uns allein gelassen. Wenn dann die Rettung kommt, wenn sich ein Ausweg öffnet – dann können wir es oft nicht glauben und nicht annehmen. Wir wollen dann Gewissheit, wollen es genauer wissen und mehr wissen, wollen Beweise und werden übermütig. Es mangelt uns an Vertrauen und Bescheidenht. Denn das meint ja Glauben: Vertrauen darin, dass Gott uns auch dann nahe ist, wenn wir seine Gegenwart nicht spüren, weil wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind. Das ist der Regelfall. Das Leben ist eben letztlich doch ein unruhiges Meer, und wir sind furchtsam und kleingläubig, und können wir das Gute, wenn es uns begegnet, oft nicht ergreifen. So geht es Petrus. Er braucht einen Beweis. Er will ein Wunder sehen, gerettet sein reicht ihm nicht. „Wenn Du es bist, dann lass mich über das Wasser gehen!“ Man kann sich fragen, was ihn hier umtreibt. Im Grunde ist es ja eine Art frommer Größenwahn. Er will auch so sein wie Jesus, gerettet sein genügt ihm nicht, nein: auch er muss über das Wasser gehen. Was sich hier meldet, ist Kleinglauben, der zugleich frommer Größenwahn ist – und der ist noch viel schlimmer als Kleinglauben. Denn genau das ist, was die Bibel Sünde nennt: frommer Größenwahn. Als die Schlange Eva im Paradies davon überzeugen will, dass es ihr besser geht, wenn sie Gottes Gebot übertritt, da sagt sie: ja, Gott will nicht, dass ihr vom Apfel esst, denn dann werdet ihr wie er! Das ist die große Verlockung, die große Falle, in die gerade die Frommen und die Eifrigen tappen: Der Glaube soll ihnen im Grunde übermenschliche Kräfte verleihen. Wir wollen sein wie Gott und fordern ihn damit heraus. Was Paulus hier packt, ist frommer Hochmut, und der ist ein schlimmes Gift! Paulus will mehr als Mensch sein, er will wie Jesus sein. Natürlich geht das schief. Als er aus seinem Größenwahn erwacht, sieht er sich vom tobenden Meer umgeben, seine Situation ist schlimmer als vorher. Er macht sich lächerlich – und er gerät in Panik. Genau so geht es uns, wenn unser Glauben uns vorgaukelt, er würde uns übermenschliche Kräfte verleihen. Jetzt ruft er um Hilfe, und er bekommt geholfen. Denn retten kann uns nur Gott. Es ist eine Geschichte, die uns zu einer gewissen frommen Bescheidenheit aufruft  und uns auch in unsere Schranken weist. Und das ist gut und wichtig, heute mehr denn je, wo wir als Menschen sehr oft Dinge anfangen und beginnen, die am Ende eine Nummer zu groß für uns sind. Und zugleich zeigt sie auch, wie sehr wir auf der Hut sein müssen vor einer gewissen Undankbarkeit, die eine erwiesene Wohltat nicht annehmen kann, sondern immer noch mehr fordert. Darum liebe ich diese Geschichte: Sie hält mir, gerade weil ich doch wie Petrus ganz besonders stark an meinem Glaube arbeite und er mir wichtig ist, oft über das Ziel hinaus schieße. Ein Glück nur, dass Gottes Gnade noch größer ist, als wir denken: er rettet und selbst dann, wenn wir uns übernehmen und holt uns aus dem selbstgemachten Schlammassel heraus. Die Geschichte will uns dahin führen, aufmerksam zu werden dafür, wie oft wir im Alltag die kleinen Tröstungen, die kleinen Rettungen, die kleinen Hilfen übersehen, weil wir meinen, das müsste doch Größeres geschehen. Aber da können wir lange warten. Der Glaube ist die Kunst, im kleinen Gelingen die große Gnade Gottes zu erkennen, und dankbar zu sein , wenn wir unser Lebensboot einigermaßen heil durch die Stürme bekommen. Wir müssen nicht auch noch auf dem Wasser gehen. Denn es gibt nichts Schlimmeres, als jene Form der Zweifels, die sich als frommer Übermut verkleidet: Mit nichts können wir uns als Christen so blamieren und Menschen so abschrecken, als wenn wir von unserem und von ihrem Glauben mehr erwarten, als Gott uns gibt – dabei gibt er uns ja schon so viel. Aber wir wollen immer noch mehr und so verpassen wir die Chancen, die uns geboten werden. Also: etwas mehr Bescheidenheit täte uns gut!

Es gibt einen scher schönen Witz, der besser noch als jede Predigt erzählt, was auch diese Geschichte erzählt.

Ein kleines Dorf wird vom Hochwasser heimgesucht. Das Wasser steigt sehr schnell, so schnell, dass viele es nicht mehr schaffen, die Häuser zu verlassen. So geht es auch dem Pfarrer in dem Dorf. Seine Familie kann sich retten, aber er hat nur noch die Chance, auf das Dach zu klettern. Und das sitzt er nun, wie die Jünger im Boot, und betet um Hilfe. Da kommt auf einmal ein Boot mit zwei Feuerwehrleuten: Her Pfarrer, steigen sie ein! Nein, nein, der Herr wird mich retten! Er will ein Wunder! Die beiden fahren achselzuckend weiter. Das Wasser steigt, unser Pfarrerlein betet intensiver. Wieder kommt ein Boot, wieder von der Feuerwehr: Herr Pfarrer, steigen sie ein! Wieder sagt er: Nein, der Herr wird mich retten. Als ihm das Wasser schon bis an den Bauch steht, kommt das Boot nochmal. Wieder: Nein, der Herr wird mich retten. Wenig später ist er tot, ertrunken durch eine starke Welle, die ihn vom Dach gefegt hat.

Nun steht er vor der Himmelstür. Er ist wütend und zornig und ruft: Ich habe Dir mein ganzes Leben geweiht, war immer für Dich im Dienst und habe die Last des Amtes getragen und alle mein Vertrauen auf Dich gesetzt, und jetzt hast mich umkommen lassen und mich nicht gerettet. Da hört er eine Stimme: Mein Lieber, ich weiß nicht, was Du willst, aber mehr als dreimal die Feuerwehr zu schicken kann ich auch nicht tun.

 

Wer Ohren hat zu hören, der höre.

 

Amen.