Liebe
Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!
Mit der Taufe Jesu am Jordan
beginnt die Geschichte des Abendlandes. Denn Abendland: das heißt Christentum,
und Christentum, das heißt: Glauben daran, dass Jesus Christus der von Gott
gesandte Mensch ist, mit dem Gott seine Versprechungen aus der Zeit von
Abraham, Isaak und Jakob, Mose und den Propheten wahr macht.
Und dieses Versprechen
heißt: Ich will Euer Gott sein und ihr sollt mein Volk sein.
Seitdem ist klar: Christ
wird man durch die Taufe. Und die Taufe steht jedem Menschen offen. Weder Herkunft
noch Geburt, weder persönliche Eignung noch ein besonderes Berufungserlebnis
braucht es, um Christ zu werden. Für den Glauben gibt es keine Fremden. Wer Ja
sagt zu Gott und sich taufen lässt, ist Christ. Und verpflichtet sich damit,
gemäß der Regeln zu leben, die Gott für uns vorgesehen hat, damit das Leben
gelingen kann. Und die oberste Regel für uns Christen ist die Feindesliebe, die
aus dem Geist der Versöhnung stammt. Paulus wird das, einige Jahre nach dem Tod
Jesu. so formulieren: Wir haben das Amt, das die Versöhnung predigt! Das ist
der Kern des christlichen Glaubens. Versöhnung. Und die Kraft, die uns zur
Versöhnung führt, ist die Liebe. Die Liebe, die nichts anderes bedeutet, als
dem anderen als Leben zu gönnen, das ihm von Gott geschenkt wurde und alles
dafür zu tun, dass der andere gut leben kann.
Daran will uns die Taufe
erinnern. Sie ist eine gegenseitgie Verpflichtung von Gott und Mensch zugunsten
des Menschen.
Die Taufe, meine Lieben,
funktioniert am ehsten wie eine Versicherung. Eine Versicherung ist dazu da,
uns bei den Folgen eines Schadens zu unterstützen. Aber sie kann den Schaden
nicht verhindern. Eine Krankenversicherung macht uns nicht gesund und bewahrt
uns nicht vor Krankheit. Sie hilft uns, die Folgen zu tragen. Und vor dem Tod
kann sie uns auch nicht bewahren. Aber eine gute Versicherung wird immer auch
dafür sorgen, dass wir Schaden vermeiden! Genau so ist es mit dem Glauben. Er
hilft uns, in einer vergänglichen, vom Bösen, von Gewalt, Lüge und Heuchelei
vergifteten Welt zu bestehen. Gott nimmt uns den Kampf gegen das Böse nicht ab,
er steht uns im Kampf bei: denn er will, dass wir frei sind und dass sich unsere
Freiheit im Kampf mit dem Böse bewährt. Und Böse ist alles, was sich gegen das
leben richtet. Das ist ganz einfach. Es geht um das Leben aus dem Geist der
Versöhnung heraus. Das Böse mit Bösem zu bekämpfen: das ist genau das, was Gott
nicht will Das Modell Sintflut funktioniert nicht. Vernichtung kann der Weg zum
Guten nicht sein. Wir sollen unser Feinde lieben, damit wir an ihnen lernen,
wozu wir selber im Stande sind. Dass Gott uns liebt: Das ist der Anfang der
Feindesliebe. Und diese liebe zeigt isch darin, dass er für uns die Gewalt
erleidet und in den Tod geht, anstatt Gewalt auszuüben und selber ein Agent des
Todes zu werden.
Und das heißt: wir müssen
immer wieder Buße tun und uns besinnen. Dazu gehört auch, dass wir uns gehörig
erschrecken über das, was in der Welt vorgeht und wozu wir im Stande sind. Die
unbedingte Suche nach Lösungen, die auf Frieden hinauslaufen, die unbedingte
Suche nach Lösungen, die nicht auf Gewalt, Ausgrenzung und Verachtung beruhen:
das ist die Aufgabe des christlichen Glaubens.
Das ist das, was Paulus den
vernünftigen Gottesdienst im Alltag der Welt nennt, den jeder feiert, der das
leben feiert und dem Leben dient.
Wenn sich heute Menschen
versammeln und für sich in Anspruch nehmen, das Abendland retten zu wollen,
dann müsse sie sich daran messen lassen. Wer das Abendland retten will, indem
er gegen andere hetzt, Menschen ausgrenzt und mit Hetze und Parolen an die
niedrigsten Instinkte appelliert, der wird das Abendland gewiss nicht retten,
sondern erst recht in den Abgrund reissen. Wer Abendland sagt, sagt
Christentum, und wer Christentum sagt, der sagt Versöhnung, Toleranz, Freiheit
und Großzügigkeit.
Gott mutet uns zu, gegen
unsere Instinkte, Meinungen und Stimmungen zu handeln und eben nicht auf unser
Reptiliengehirn zu hören, sondern auf sein Wort. Gott mutet uns zu, dass wir
unseren Hass und unserer Angst – das sind nämlich zwei Seiten einer Medaille –
wahrnehmen, bekämpfen und überwinden. Wir haben in zwei entsetzlichen
Jahrtausenden seit de rTaufe Jesu auf schreckliche Wiese gelernt, was für ein
Gift Religion werden kann, wenn sie dafür verwendet wird, Menschen
einzuschüchtern, klein zu machen und mit dem Hinweis auf Gottes Zorn so zu
verängstigen, dass sie zu unvorstellbaren Grausamkeiten im Namen Gottes in der Lage
waren. Das ist auch die Geschichte des Abendlandes. Wer sich auf das Abendland
beruft, der muss sich auch auf die
Schande des Abendlandes berufen: den Missbrauch des Namens Gottes in Namen der
Gewalt, der Ausgrenzung und der Macht. Gerade im Namen Gottes wurden die
gottlosesten Taten der Menschheitsgeschichte begangen. Und warum? Weil die
Menschen ihren Glauben eben nicht aus der Heiligen Schrift bezogen haben, weil
die Menschen eben nicht im Gottesdienst sich dem Willen Gottes unterworfen
haben, sondern sich Hirngespinsten und Aberglauben hingegeben haben: ich bin
oft geradezu entsetzt, welcher Unfug mir als gelegentlich als vermeintliches
Christentums begegnet, und das nimmt zu. Das ist die Erfahrung, die er Islam
auch gerade macht: und es ist eine fruchtbare Erfahrung, wie wir sehen. Auch
Allah will den Frieden unter den Menschen, da ist der Koran ganz eindeutig.
Aber auch in den Islam hat sich allerhand eingeschlichen, dass mit dem, was der
Prophet meinte wollen zu sollen, gar nichts mehr zu tun hat. Auch in der Bibel
stehen schreckliche Sachen: Aber es ist Gott selber, der gesagt hat, dass das
vorbei ist und nicht mehr gültig ist. Die Bibel ist kein Gesetzbuch, das wir
wörtlich nehmen sollen. Der Buchstabe, so sagt es Paulus, tötet, der Geist
macht lebendig. Die Bible will nicht befolgt werden, sie will verstanden und
ausgelegt werden. Darum gibt es das Predigtamt, darum studieren Pfarrerinnen
und Pfarrrer Theologie, darum gibt es den Gottesdienst, an dem wir uns Sonntag
für Sonntag vergewissern, worum es im Glauben wirklich geht. Die Bibel ist das
Wort Gottes in dem Sinne, dass uns aus ihr die Stimme Jesu entgegenkommt, die
alles, was vorher gesagt wurde, in Frage stellt und einer einzigen Frage
unterwirft: Was dient dem Frieden? Oder, diesselbe Frage im Grunde: Was
dient dem Frieden?
Diese Frage zu stellen, das
ist das wahre Erbe des Abendlandes, wenn wir dieses Wort denn schon benutzen
wollen. Was dient dem Frieden? Und dem Frieden dient nur eines: der unbedingte
Wille zur Versöhnung und das gemeinsame Bekenntnis der Schuld, dieses Ziel
ständig zu verfehlen. Dafür ist die Taufe so etwas wie ein Pfand oder ein
Erinnerungsmal.
Meine Leiben: ich weiß, dass
das für machen jetzt recht radikal und vielleicht sogar befremdlich wirkt. Aber
ich sage Euch: das hängt damit zusammen, dass wir vom Evangelium inzwischen
sehr weit weg sind. Das Abendland ist nicht mehr christlich. Das Christentum
der Weihnachtsmärkte ist vom Evangelium ein Universum weit entfernt. Wir
geraten als Kirche immer deutlicher ins Abseits: Konsumwahn und die Vergötzung
der Technik, Arbeitswut und Gier, Halbildung und Ignoranz sind so laut
geworden, dass es die Stimme Gottes immer schwerer haben wird und die Stimme der
Krakeeler immer lauter werden wird.
Wir werden es als Christen
in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer schwer haben mit unserer Botschaft
von Mässigung, Barmherzigkeit und Versöhnung. Darauf sollten wir uns
einstellen. Nirgendwo steht geschrieben, dass der Glaube das Leben einfacher
macht, ganz im Gegenteil. Zum Glauben gehört das Kreuz, und Paulus kann sogar
sagen: Wir werden in der Taufe mitgekreuzigt, damit wir auch die Hoffnung auf
die Auferstehung haben. Wer sich unter die Taufe stellt, stellt sich unter das
Leiden Gottes an der Welt und stimmt ein in die Hoffnung auf Erlösung: Gerade
weil die Welt ein Ort voller Sünde ist: Hochmut, Trägheit und Lüge.
Mit der Taufe Jesu begann die
Geschichte des christlichen Abendlandes. Liebe Schwersten und Brüder: wir
erleben gerade das Ende des sogenannten christlichen Abendlandes. Als Christ kann ich nur sagen: Was solls.
Staaten, Nationen, Völker, Sprachen, Kulturen kommen und gehen, und zu
allermeist gehen sie an ihrer eigenen Torheit zugrunde. Das Wort Gottes aber
bleibt in Ewigkeit. Diese Zusage haben wir durch die Taufe bekommen, diese
Zusage macht uns Gott druch Jesus Christus. .
Wir müssen ihn nur zu Wort
kommen lassen, den Geist der Versöhnung und uns von den Hasspredigern und
anderen Dummbatzen nicht einschüchtern lassen. Und so steht am Schluss der
Predigt jener Satz, mit dem Gott in der Heiligen Nacht anfing, zu den Menschen
zu reden:
„Fürchtet Euch nicht“.
Denn die Angst ist die
Quelle des Hasses.
Das ist, was ich zu Pegida,
zu dem widerlichen Anschlag in Paris und der Flüchtlingsfrage zu sagen habe,
wenn ich auf das Wort Gottes höre.
Damit es noch einmal ganz
deutlich wird, lese ich die Worte des Apostels noch einmal vor, mit denen er
beschreibt, was es heißt, aus der Taufe zu leben:
bei
der Barmherzigkeit Gottes
bitte
ich euch:
Stellt
euer ganzes Leben Gott zur Verfügung.
das
ihm gefällt.
Das
wäre für euch die vernünftige Art,
Gott
zu dienen.
2Und
passt euch nicht dieser Zeit an.
Gebraucht
vielmehr euren Verstand in einer neuen Weise
und
lasst euch dadurch verwandeln.
Dann
könnt ihr beurteilen,
was
der Wille Gottes ist:
Ob
etwas gut ist,
ob
es Gott gefällt
und
ob es vollkommen ist.
die
Gott mir geschenkt hat,
sage
ich jedem Einzelnen von euch:
Überschätzt
euch nicht
und
traut euch nicht mehr zu,
als
angemessen ist.
Strebt
lieber nach nüchterner Selbsteinschätzung.
Und
zwar jeder so,
wie
Gott es für ihn bestimmt hat –
4Es
ist wie bei unserem Körper:
Der
eine Leib besteht aus vielen Körperteilen,
aber
nicht alle Teile haben dieselbe Aufgabe.
5Genauso
bilden wir vielen Menschen,
die
zu Christus gehören,
miteinander
einen Leib.
Aber
einzeln betrachtet
sind
wir wie unterschiedliche
und
doch zusammengehörende Körperteile.
6Wir
haben verschiedene Gaben,
je
nachdem,
7Wenn
jemand die Gabe hat, der Gemeinde zu dienen,
soll
er ihr diesen Dienst leisten.
Wenn
jemand die Gabe hat zu lehren,
soll
er als Lehrer wirken.
8Wenn
jemand die Gabe hat zu ermutigen,
soll
er Mut machen.
Wer
etwas gibt,
soll
das ohne Hintergedanken tun.
Wer
für die Gemeinde sorgt,
soll
sich voll für sie einsetzen.
Wer
sich um die Notleidenden kümmert,
soll
Freude daran haben.
Amen
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