Montag, 30. September 2013

Predigt Erntedankfest Großenritte, 29.9.2013 Gier, Geld und Gnade



Mt 6,19-23
19 Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. 20 Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. 22 Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein. 23 Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!
24 Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Liebe Gemeinde,
wir feiern Erntedankfest. Der Altar ist üppig geschmückt und zeigt uns, mit welcher verschwenderischen Fülle die Schöpfung ihrem Auftrag nachkommt, für Nahrung zu sorgen: Die Erde bringe hervor grünes Kraut, ein jedes nach seiner Art, Bäume und Früchte, jede nach ihrer Art, heißt schon im ersten Kapitel der Bibel.
Wir danken aber nicht nur Gott dafür, dass er der Natur die Kraft zum Wachstum gegeben hat, wir danken auch denen, die den Boden bearbeiten, die Pflanzen und die Tiere hegen und pflegen, die die Nahrungsmittel produzieren und verteilen. Es ist ein weiter Weg geworden in der modernen Gesellschaft vom Acker bis auf den Tisch. Das Erntedankfest erinnert uns daran, dass das Wasser nicht aus der Leitung, die Milch nicht aus dem Tetrapak, Obst und Gemüse nicht aus dem Supermarkt und das Fleisch nicht aus der Kühltheke kommt. Am Anfang steht ganz urtümlich und wie vor tausenden von Jahren die Landwirtschaft. Wir müssten das Erntedankfest im Grunde umbenennen in „Landwirtschaftserinnerungsfest“, und wir müssten es im Grunde zu einem staatlichen Fest machen, das in den Schulen, vor allem in den Schulen begangen wird. Wir tun uns nichts Gutes, wenn wir vergessen, woher die Nahrung kommt. Dass wir, wir unsere Vorfahren, von der Erde leben und von der Arbeit.
Aber wir müssten es auch „Gerechtigkeitserinnerungsfest“ nennen.
Denn wir haben mehr als genug. Wir haben so viel, wie nie zuvor. Wir leben in einer Überfülle, von der niemand jemals zu träumen gewagt hat.
Und wir wissen, dass in anderen Regionen der Welt Mangel herrscht, Hunger sogar. Dort fehlt es – ja, an was eigentlich? Es fehlt nicht an Nahrungsmitteln. Wir produzieren weltweit viel mehr, als den Bedarf. Selbst die Milliarde Chinesen und die Milliarde Inder könnten locker satt werden. Aber es fehlt an Geld. Die Menschen in der Welt hungern, weil sie arm sind.
Was ist hier passiert? Was läuft hier schief? Was hat hier seine Finger im Spiel?
Jetzt sind wir bei unserem Predigttext und den Worten Jesu angekommen. Die Gier hat hier die Finger im Spiel. Es geht Jesus nämlich gar nicht um die Frage, ob wir etwas besitzen dürfen oder nicht. Es geht ihm um die Frage, was man mit seinem Besitz macht. Wozu man ihn einsetzt. Nicht das Geld ist des Teufels, sondern die Gier. Die Gier sorgt dafür, dass sich die Verhältnisse umkehren.  Eigentlich sollte doch Besitz etwas sein, dessen Herr man ist: Ich bin der Eigentümer meines Besitzes. Aber die Gier sorgt dafür, dass sich das ins Gegenteil verkehrt: Ich bin von meinem Besitz besessen, wie der reiche Kornbauer im Gleichnis, das wir in der Lesung hörten. Der Mammon hat mich am Wickel. Wer sein Geld hortet um des Hortens willen, der hat verloren. Und zwar sein Leben, seine Freiheit, sein Glück.
Sammelt Euch keine Schätze auf Erden, sondern im Himmel, sagt Jesus. Das ist ein ganz schlichter Satz, der eine große Wahrheit enthält. Alles, was wir haben, ist nur geliehen, es ist uns gegeben, um damit Gutes zu tun und Gerechtigkeit in die Welt zu bringen. Man sammelt Schätze im Himmel, indem man Gerechtigkeit anhäuft, anstatt Besitz. Nirgends in der Bibel wird von uns Armut verlangt oder auch nur Verzicht. Das ist ein alter Irrtum, mit dem man es sich viel zu einfach macht. Verzicht erzeugt nur saure Mienen, Lüge und Heuchelei, Verzicht erzeugt nur Neid. Vom Verzicht reden immer nur die, die schon etwas haben. Darum geht es nicht. Es geht um Gerechtigkeit. Es geht darum, die Freude, das Glück des Teilens zu entdecken, das Glück der klugen Arbeit mit dem Geld, wenn man es hat. Erfolg heißt nicht, soviel wie möglich haben. Erfolg heißt, so viele Menschen wie möglich glücklich zu machen.
Jesus erzählt sogar eine Geschichte davon, wie ein Knecht von seinem Herrn Geld bekommt, um damit etwas zu bewirken. Der eine schafft es, das Geld zu vervielfachen, der andere aber vergräbt es und hortet es. Der, der es vervielfacht hat, wird gelobt, der andere aber gescholten. Geld ist ein Mittel, ein Werkzeug, ein ziemlich geniales sogar, weil es uns erlaubt, über große Entfernungen und Zeiträume etwas zu bewirken. Wir können, weil wir Waren und Güter in Geld verwandeln können, an fernen Ecken in der Welt Gutes tun mit unserem Überfluss – wenn wir ihn doch nur als solchen wirklich begreifen. Nicht, dass es Banken gibt, ist von Übel, sondern dass es so wenig good banks gibt: Gute Banken, die das Geld vermehren, indem sie in Menschen investieren und damit Schätze im Himmel sammeln. Die Gier aber spekuliert mit dem Unglück der Menschen. Die Gier sammelt keine Schätze, sondern feurige Kohlen auf das Haupt von denen, die horten.

Darum ist mir das Erntedankfest so wichtig. Wir leben davon, dass uns die Erde und unsere Hände Arbeit die Güter gibt, die wir zum Leben brauchen.
Wir leben davon, dass Gott uns ermutigt, mit unserer Hände Arbeit die Güter der Schöpfung zu gewinnen und zu verteilen. Wir leben davon, dass wir das rechte Maß finden, denn dann geht es uns gut.
Unser Reichtum, unser Wohlstand darf nicht zum Fluch für die Anderen werden, sondern zum Segen. Sonst wird er auch zum Fluch für uns. Das spüren wir allenthalben. Die Menschen kommen aus der ganzen Welt zu uns, um an unserm Wohlstand teilzuhaben. Das wird zunehmend ein Problem, das macht vielen Menschen Angst. Das können wir nur lösen, indem wir unseren Wohlstand in die Welt bringen. Die wenigsten, die zu uns kommen, kommen gerne; in der Fremde ist der Fremde immer fremd.
Wir aber beuten mit unseren 15 cent Kiwis und unser Billigmilch sogar unsere eigenen Bauern aus, wir vernichten die Märkte in Afrika, indem wir unsern Überfluss billigst verkaufen: Wir dienen längst dem Mammon, und nicht mehr Gott mit unserem Geld. Denn Gott dienen, heißt den Menschen dienen.
Gott aber, meine Lieben, ist ein gnädiger Gott. Er sieht unsere Not, er kennt unsere Schwäche. Darum ruft er uns immer wieder zu, was er von uns will: immer und immer wieder dürfen wir die Geschichte vom reichen Kornbauern hören, immer und immer wieder die Worte vom Mammon, und dass man eben nicht zwei Herren dienen kann. Wir werden nicht verdammt, verurteilt und als Sünder in die Ecke gestellt, wo wir uns schämen sollen, sondern Gott ermutigt uns mit seinem Wort immer und immer wieder, Jahr für Jahr, Sonntag für Sonntag, es aufs Neue mit der Gerechtigkeit zu probieren und uns für ihn zu entscheiden, für den Herrn, der uns in die Freiheit führt und uns die Hände füllt mit dem täglichen Brot.
Brot und Wein reicht er uns, als Mahl der Versöhnung und der Gemeinschaft, in Fleisch und Blut kommt er in uns hinein, nimmt er von uns Besitz, weil er uns von innen heraus verwandeln will, damit die Angst verlieren, die Angst, zu kurz zu kommen, damit wir frei werden, frei zum Teilen, frei dazu, die Fragen zu stellen, was wir denn nun machen, mit all unserm Reichtum. Hier wird das Evangelium ganz politisch, es gibt eine Richtung vor: Es sollen doch nicht alle gleich arm werden, es sollen alle gleich reich werden, reich an den Gaben der Schöpfung, überall auf der Welt soll es so reichliche geschmückte Altäre geben und Menschen, die glücklich und dankbar davor sitzen. Das Wirtschaftswunder in Deutschland stand unter dem Motto: Wohlstand für alle! Warum soll das nicht auch für die ganze Welt gelten? Bei uns hat es funktioniert.

Denn meine Leiben, so einfach ist das: Wenn die Menschen satt sind, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht, dann wächst der Frieden in der Welt. Das ist die Reihenfolge, die wir schon im VaterUnser hören: Gib uns unser täglich Brot, und vergib uns unsere Schuld. Wer satt ist, hält Frieden.
Im Abendmahl, Schwestern und Brüder, gibt er uns beides: Versöhnung und Brot, Jesus Christus holt uns heraus aus der Macht des Mammons. Wer zu ihm kommt, hat sich richtig entschieden: Wer Gott dient, ist frei, den Menschen zu dienen. Und das, meine Lieben, ist das wirkliche Glück, der größte aller Schätze: Menschen zum Leben zu führen und mit ihnen Brot und Wein zu teilen, es ist das Glück der Gemeinschaft und des Friedens.

Gott sei Dank, der uns das tägliche Brot schenkt und Vergebung der Sünden, der uns in Brot und Wein so nahe kommt, wie niemand sonst und der uns bewahrt, besessen zu werden von der Macht des Mammon.

Amen.


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