Montag, 21. Juli 2014

Familiengottesdienst zum Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“, Altenritte, 20.7.2014, Auftakt Sommerfest.


Familiengottesdienst zum Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“, Altenritte, 20.7.2014, Auftakt Sommerfest.

Text der Lesung, als freie Erzählung mit Filztafel: Der verlorene Sohn, Lk 15.

Anspiel der Konfirmanden:

Kupski: Neulich auf der Konferfreizeit: Nachts blättert Vivienne im Gesangbuch.

K1: Oh, hier habe ich ein schönes Lied gefunden:

Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben;

K2: Den Sommer finde ich auch ganz toll: Da ist es warm, ich kann schwimmen gehen, ich kann mich sonnen, es gibt sechs Wochen Sommerferien, endlich keine Schule! Der Sommer ist meine Lieblingsjahreszeit.

K3: Naja, mir ist es jetzt aber viel zu heiß. Da habe ich nicht so viel Freude, sondern suche nur ein kühles Plätzchen. Gut, gegen einen Besuch im Schwimmbad habe ich auch nichts, aber immer dieser Sonnenbrand!

K2: Ich mag die Wärme. Im Sommer ist alles viel einfacher.

K3: Dann hast du ja schon Freude gefunden! Eigentlich ist es ja auch schön, rauszugehen. Die Blumen blühen so schön und ich sehe so gerne Schmetterlinge. Und einige Büsche riechen so gut. Aber was hat Gott damit zu tun?

K2: Der hat doch die Welt geschaffen, das haben wir doch heute in der Bibel gelesen: An sieben Tagen schuf Gott Himmel und Erde. Und es war sehr gut, so heißt es.

K1: Kann ich mal weiter vorlesen?

K2: Wir haben heute schon den ganzen Tag gesungen und gebetet und in der Bibel gelesen, jetzt reichts mal.

K3: Ich will jetzt mal endlich weiterlesen, das ist ein total spannendes Buch (hochhalten)

K1: nee, hört mal zu, das Lied geht noch weiter:

schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.

K2: Eigentlich haben sich ja nicht die Gärten geschmückt, das sind doch die Menschen. Die Menschen jäten Unkraut und pflanzen und säen, Die mähen den Rasen und beschneiden die Bäume, damit sie gut wachsen können. Die düngen und gießen und ernten das Gemüse.

K3: Und machen viel kaputt, begradigen die Flüsse, dass es andauernd Überschwemmungen gibt, zu viel Dünger, der das Essen vergiftet, die Luft wird verpestet durch Autos und Fabriken. Das machen die Menschen auch. Da freue ich mich nicht so! Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist es dann nicht perfekt?

Kupski klopft an: Gute Nacht!

K2: Herr Kupski, sagen Sie doch mal: Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist sie dann nicht nur schön?

K 3: Ja, das möchte ich auch wissen. Es gibt viel Schönes hier, aber auch viel Schreckliches.

 

 

Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!

 

 

Eine wichtige Frage stellt ihr da: Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist sie dann nicht nur schön? Es gibt viel Schönes hier, aber auch viel Schreckliches.

 

 

Wie lautet die Antwort? Sie steckt in der Geschichte vom verlorenen Sohn. Es mag sich mancher gefragt haben, was die wohl mit dem Thema zu tun hat: Geht es heute nicht um das schöne Lied „Geh aus mein Herz, und suche Freud?“. Nun, es ist im Grunde ganz einfach: der junge Mann zog aus, um sein Glück zu suchen. Und er scheiterte, weil er das falsche Glück suchte. Und er wurde gerettet, weil sein Vater ihn aus reiner Liebe wieder aufnahm. Der junge Mann suchte das Glück von Geld, Erfolg, Ruhm und Spaß – und er fand am Ende, nach einem Weg in den Abgrund und die tiefste Demütigung, etwas ganz Anderes. Die Freude der Vergebung, die Freude einer unbegreiflichen Liebe, die nicht nach Schuld fragt, sondern sich einfach freut, wenn ein Mensch den Weg zurück findet. Für mich ist nach wie vor das Bewegendste an der Geschichte die kleine Szene, wo der Vater auf den Sohn zuläuft, als er ihn kommen sieht. Denn wisst ihr, was das bedeutet? Dass der Vater jeden Tag in der Tür stand und auf den Horizont schaute, ob und wann der Sohn wiederkommt. Das ist Liebe: sie lässt den anderen gehen, aber sie gibt ihn nicht auf!

Denn zur Liebe gehört die Fähigkeit, dem anderen die Freiheit zu geben. Genau das tut der Vater: er lässt seinem Sohn die Freiheit der Entscheidung. Und der Sohn entscheidet sich – und läuft in die Irre. Darum, meine Lieben, ist die Schöpfung, wie wir sie erleben, auch ein Ort des Schreckens, der Irrtums, des Schmerzes und des Todes. Sie sind der Preis der Freiheit. Weil wir uns entscheiden können und dürfen, machen wir Fehler, oft fatale, schlimme Fehler. Wir haben die Freiheit, auf der Suche nach dem Glück schlimmstes Unheil anzurichten. Heute ist der 20. Juli: vor 70 Jahren hat eine Gruppe von mutigen Männern versucht, den Diktator Adolf Hitler zu töten. Das hat nicht funktioniert, die Attentäter wurden hingerichtet, ihre Familien verfolgt. Warum ich darauf komme? Fast ein ganzes Volk war in die Irre gelaufen, weil es sein Glück suchte, weil es auf Versprechen und Verheißungen reingefallen war – und auf diese Weise ein Unheil über die Welt brachte, wie es in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel ist. Auch einige der Attentäter waren anfangs Bewunderer von Adolf Hitler, träumten auch von deutscher Herrlichkeit und Wiedergutmachung für die Schmach, die Deutschland nach dem ersten Weltkrieg vermeintlich und wohl auch in manchem tatsächlich erleben musste – sie merkten, zu spät, wie wir heute wissen, dass das ein Unheilsweg war. Und man beachte: Der Weg der Lösung des Problems war wieder ein Mord! Die Welt kann ein schrecklicher Ort sein, weil wir die Freiheit haben, unser Handeln selber zu bestimmen. Die Männer des 20. Juli sind Helden, weil sie sich tapfer entschlossen haben, ein größeres Übel durch ein kleineres Übel aus der Welt zu schaffen: Sie machten Gebrauch von der Freiheit. Und zahlten einen hohen Preis. Wir sollten sie in Ehren halten – sie glaubten an das Gute in der Schöpfung.

Die Bibel erzählt davon, wie die Menschen aus dem Garten Eden, aus dem Paradies vertrieben worden sind. Gott hat die Menschen, so wird erzählt, in einen wunderbaren Garten gestellt, in dem das Leben ganz auf Frieden und Koexistenz ausgerichtet war. Wir alle tragen dieses Bild von Paradies tief in uns. Und weil der Mensch das einzige Tier ist, dass Freiheit genießen darf, gab Gott ihnen ein Gebot, damit die Freiheit auch sichtbar wird: Freiheit ist nur dort, wo die Möglichkeit besteht, etwas falsch zu machen. Esst nicht vom dem Baum in der Mitte des Gartens, sonst müsst ihr sterben! Es ist der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse – ihr seid dem nicht gewachsen! Nur Gott darf davon essen. Wir wissen, wie es kam: Die Menschen aßen davon, erst Eva, dann Adam. Sie machten von ihrer Freiheit Gebrauch. Es war ihre Entscheidung. Und sie führte ins Unglück. Fortan, so wird trotz aller Märchenhaftigkeit der Geschichte beben doch sehr wahr und sehr eindrücklich erzählt, ist die Schöpfung angegriffen und nicht mehr in Ordnung. Der Acker wird für Adam ein Ort der Qual und der Last, Kinderkriegen wird für Eva lebensgefährlich, zwischen Mensch und Tier herrscht Feindschaft und an die Stelle der Liebe tritt das Streben nach Macht. Das ist, was wir die Sünde nennen. Und das spiegelt sich in der Geschichte vom verlorenen Sohn wieder: Er macht von seiner Freiheit gebrauch, aber weil er dabei das Gebot Gottes nicht achtet und sein Geld nicht zum Wohle des Nächsten einsetzt, muss er scheitern. Aber, und das ist ja das, wozu uns die Geschichte ermutigen will: er macht auch von seiner Freiheit Gebrauch, einen Schlussstrich zu ziehen und sein Leben zu ändern. Er erinnert sich daran, wie gut es ihm beim  Vater ging. Er schämt sich, wie sich Adam und Eve schämten, aber er verkriecht sich nicht vor Scham in der hintersten Ecke, sondern er steht auf und geht heim. Ein Rest von Vertrauen war noch in ihm wach. Und er sollte nicht enttäuscht werden. Ganz im Gegenteil: So wie Adam und Eva eben nicht sterben mussten, sondern leben durften, wenn auch unter verschärften Bedingungen, auf Bewährung, wenn man so will, so wird auch der Sohn vom Vater in die leibenden Arme genommen: ohne alle Bedingungen, einfach so. Denn so ist die Liebe: einfach so!

Nichts anderes ist Glauben, und von nicht anderem singt Paul Gerhardts Lied: Auf diese Liebe Gottes zu vertrauen. Die Schöpfung ist, weil wir Menschen unsere Freiheit eben auch zum Bösen gebrauchen, ein Ort der Unordnung geworden, aber Gottes Liebe bleibt. Der junge Mann sucht sein Glück, und mit Schmerzen lässt der Vater ihn ziehen, doch er ist, schon als er ihn ziehen lässt, bereit, ihn wieder aufzunehmen. Wo wir Menschen, wenn wir ehrlich sind, mit Zorn, Wut oder gar schierer Verachtung reagiert hätte, wie der ältere Bruder, reagiert der göttliche Vater mit Freude, ja mit ausgelassener Freude. Deswegen ist übrigens der ältere Bruder in der Geschichte so wichtig: Er ist wie wir. Er hält es nicht gut aus, dass Gott gnädig ist. Er hätte doch lieber, dass der jüngere Bruder bestraft wird. Er ist, man muss es leider sagen, aus der Sicht Gottes, voller Missgunst: Welches Unrecht geschieht ihm denn? Er lebte doch in der Sicherheit und der Ruhe des heimischen Herdes, er wählte eben den Weg der Sicherheit. Geschieht ihm ein Schaden? Siehe, mein Sohn war Tod, jetzt lebt er wieder, sagt der Vater und beschämt den älteren Bruder. Auch er soll zur Freude geführt werden: Manchmal brauchen wir Menschen dazu einen deutlichen Anstoß.

Und genau das macht Paul Gerhardt mit seinem fröhlichen Leid. Er erinnert uns daran, übrigens mitten im dreißigjährigen Krieg! – dass der wahre Ort der Freude bei Gott zu finden ist und das irdisches Glück nur sehr vorläufig ist. Darum wird ihm die Natur zur Schöpfung: Er sieht, weil er auf Gott vertraut, den schönen Garten, er sieht die Harmonie und die Freude, er sieht durch die Natur mit all ihren Grausamkeiten und Gemeinheiten hindurch, er sieht in der Natur so etwas wie ein Echo der Schöpfung, zu der Gott einst gesagt hat: und siehe, es war sehr gut!  Wie kommt er dazu? Er kommt dazu, weil er auf das vertraut, was Jesus Christus für uns getan hat: Der nämlich führt uns in die neue Freiheit der Kinder Gottes. Darum erzählt uns Jesus die Geschichte vom verlorenen Sohn. Denn Jesus Christus brachte etwas in die Welt, was vorher so nicht da war: die Hoffnung! Davon singt Paul Gerhardt nämlich: von der Hoffnung! Freiheit kann nur dann richtig gebraucht werden, wenn die Hoffnung dabei ist – die Hoffnung, dass Gott das, was wir anfangen, zu einem guten Ende führen wird – so wie es beim verlorenen Sohn am Ende ja auch war. In der Tat: Glauben heißt, auf das Happy End vertrauen. Darum sind bei den Paul-Gehardt-Liedern die letzten Strophen immer die wirklich schönen, und es ist fast ein bisschen schade, dass wir sie so selten singen: und darum singen wir jetzt auch gleich die Strophe 9-12, und ganz am Ende erst die erste und letzte Strophe.

Ich weiß: das war jetzt keine einfach Antwort auf eure einfache Frage. Aber der Glaube ist auch nicht dazu da, die Welt einfacher zu machen. Denn die einfachen Antworten sind selten die richtigen: sie enden oft in Gewalt und Ungerechtigkeit. Der Glaube will uns helfen, mit der komplizierten Welt zurecht zu kommen, in dem er uns Mut machen will: Und wenn Du auch bei den Schweinen hockst, wie der jüngere Bruder, es gibt den Weg zurück: trau Dich. Und wenn Du dich auch ungerecht behandelt fühlst: Du bist eingeladen! Und wenn Dir die Welt auch ein Ort des Schreckens ist: Sie ist Gottes gute Schöpfung. Gebrauche mutig deine Freiheit: vertraue nicht auf das, was dir als Glück erscheint, vertraute auf die Freude, die aus Gott kommt und einen ganz einfachen Namen hat: Glaube, Liebe, Hoffnung.

Das feiern wir heute, wenn wir Sommerfest feiern: Gottes Gute Schöpfung. Jeder Sommertag ist eine Erinnerung daran, wie Gott die Schöpfung gemeint hat. Es ist deine Entscheidung, wem Du dienst: Gott oder der Welt. Wer sich für Gott entscheidet, entscheidet sich für die Freude, weil sich Gott für uns entschieden hat: So singt es Paul Gerhardt in der letzten Strophe:

„Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen, so will ich dir und deiner Ehr, allein und sonsten keinem mehr, hier und dort ewig dienen, hier und dort ewig dienen.“

Schwestern und Brüder im Herrn. Die Freude an Gottes Schöpfung ist der Anfang aller Freude. lasst sie uns genießen und feiern! Es ist Erinnerung und Vorgeschmack auf das Paradies.  Amen.

 

Samstag, 19. Juli 2014

Predigt zur Eisernen und Diamantenen Konfirmation, Großenritte 13.Juli 2014, Gal 6,2


Einer trage des andern Last,

so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Gal 6,2

 

 

Liebe Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,

Schwestern und Brüder im Herrn!

Die Konfirmation gibt es seit 475: sie hat sich in ihrem Ablauf kaum verändert, wir benutzen im Gottesdienst noch fast diesselben Worte. Die Konfirmation verbindet die Generationen, und auch heute lassen sich noch über 90% aller Jugendlichen konfirmieren.

Und doch hat sich vieles, fast alles geändert. In den 60, bzw. 65 Jahren seit Eurer Konfirmation hat sich die Welt mehr verändert, als in den 500 Jahren vorher.

 

Und ich meine damit nicht nur die ganze Technik. Ich meine damit nicht nur die Veränderungen durch Auto, Fernsehen und dem, was früher einmal das Telefon war. Auch den Computer und das Internet meine ich nicht. Das alles wissen wir, und ich weiß, dass viele von Euch Älteren damit vielleicht manchmal überfordert sind – mit geht es oft auch schon so. Aber andererseits: Hättet ihr Euch, 1949, kurz nach dem Krieg oder 1954, als das Wirtschaftswunder so gerade anfing, träumen lassen, dass es Euch einmal so gut gehen wird? Allein der medizinische Fortschritt ist gewaltig und hat das Leben gerader älterer Menschen sehr verändert!

 

Es wird viel geschimpft auf die modernen Zeiten, und manches Schimpfen ist ja auch berechtigt. Abe bei Lichte betrachtet: es geht uns gut, unglaublich gut. Wir sind Gesegnete, jedenfalls rein äußerlich. Doch ich glaube, die größte Veränderung hat im Inneren stattgefunden. Ich will Euch kurz schildern, was ich meine. Ich fand zu Hause im Altpapier einen Prospekt von einer Buchhandlung, da wurde ein Buch für Mädchen angepriesen. Es hat den Titel:

„Wie es ist, ein Mädchen zu sein.“ Und in der Anpreisung heißt es: „Mädchen lieben Pink und stehen auf Jungs – ist da wirklich immer so? Und wer gibt eigentlich solche Regeln vor? Dieses Buch fordert Mädchen auf genau hinzuschauen, die bekannten Rollenmuster zu hinterfragen – und Spaß zu haben, sich einfach selbst zu erfinden“.

 

Das hat mich sehr bewegt, Genau so ist es. Die Jugendlichen heute haben ein Problem, das von euch mit Sicherheit keiner hatte. Ein Mädchen ist ein Mädchen, und was die zu tun und wie die zu leben haben, war doch völlig klar. Immerhin war es für Euch schon recht selbstverständlich, einen Beruf zu erlernen oder zumindest Geld zu verdienen, aber spätestens bei der Heirat war doch klar, wie es weitergeht. Ihr musstet Euch nicht neu erfinden. Ihr lebtet, wie schon Eure Mütter und Väter gelebt haben, etwas moderner, aber doch in den vorgegebenen Bahnen. Und es waren ja auch schwierige Zeiten, so direkt nach dem Krieg. Doch innerlich schien die Welt noch in Ordnung: die Frage, was mach ich mit meinem Leben, was soll aus mir werden, wie erfinde ich mich, hat sich so auch nicht gestellt, und den Jungen ganz gewiss auch nicht. Die Kinder heute stehen da viel mehr unter Druck, ihnen wird zumindest vorgegaukelt, dass sie alle Möglichkeiten der Welt haben, dass sie im Grunde die Wahl haben. Aber wie soll man sich entscheiden?  Wer gibt eigentlich die Regeln vor? fragt das Buch, und die Antwort lautet: Am Ende musst du es selbst machen! du gibst dir die Regeln vor. Und dann wirst Du Spaß haben. Das ist sicherlich ein Wort, das für Euch damals noch gar keine Rolle gespielt haben wird. Dass das Leben Spaß machen muss, ist nur wirklich ein ganz und gar moderner Gedanke. Früher suchte man sein Glück, das aber ist etwas ganz anders als „Spaß“

 

Wir wissen, dass das nicht gut gehen kann, wenn man im Leben nur Spaß haben will und danach seine Regeln aussucht.  Wenn jeder seine Regeln selbst erfinden und sich selbst aussuchen kann, an was er sich hält und an was nicht, dann zerbricht eine Gemeinschaft. Gemeinsame Regeln sind wichtig für das Zusammenleben. Zu Eurer Zeit war das noch völlig klar. Und darum haben die Pfarrer damals – und es gab ja noch keine Pfarrerinnen – so darauf gedrängt, dass ihr vor allem Regeln auswendig lernt, die Gebote, das Glaubensbekenntnis, aber auch viele Lieder und Bibelverse, die euch helfen sollten im Leben klar zu kommen. Denn damals konnte man sich noch einigermaßen darauf verlassen, dass diese Regeln für alle galten. Dass das schon damals nicht wirklich stimmte, und Nazizeit auch auf diesem Gebiete eine großer innere Zerstörung angerichtet hatte, war den wenigsten bewußt. Man war sich im Grunde einig, wie das Leben sein sollte. Arbeit und Fleiß, etwas schaffen, gemeinsam etwas aufbauen, damit bessere Zeiten kommen.

Das ist heute ganz anders. Wir müssen mit den Jungen Menschen darüber reden, warum Regeln gelten, wozu sie da sind und woher sie kommen. Wir müssen für den Glauben, der uns die Regeln gibt, werben, und wir müssen es oft genug sogar schon gegen die Eltern und gegen die Schule tun, bei denen der Glaube oft gar keine Rolle mehr spielt. Der christliche Glaube mit seiner Vorstellung davon, wie das Leben gelingen kann, ist nicht mehr selbstverständlich. In diesem Sinne haben es die jungen Leute heute viel schwerer als ihr, auch wenn sie auch vom äußeren Leben her ein sehr viel angenehmeres Leben führen, als ihr damals. Jedenfalls auf den ersten Blick.

Und darum habe ich den Wochenspruch als Motto über Eure Jubelkonfirmation ausgewählt, denn er nennt eine ganz einfache Regel, mit der das Leben gelingen kann, eine Grundregel dessen, was für uns Christen wichtig und richtig ist: „Einer trage des anderen last, dann werdet ihr das Gebot Christi erfüllen“. Es geht im Glauben um die Liebe. Und Liebe bedeutet für uns Christen: Wertschätzung, Respekt und Vergebung. Denn nur so kann das Gemeinschaftsleben gelingen. Gerade Eure Generationen hat eine erstaunliche gemeinschaftliche Leistung erbracht, Ihr habt unsere moderne Wohlstandsgesellschaft erarbeitet, und dafür müssen wir Nachgeborenen Euch danken. Einer war für den anderen da, weil niemand in der Lage war, die Aufgaben in dem zerstörten und innerlich zerrissenen Land, das Deutschland damals war, allein zu lösen. Es ging nicht zuerst um Euch, es ging nicht um die Frage, ob und wie ihr Euch erfindet, es ging darum, die Aufgabe zu lösen, das Land wieder auf Vordermann zu bringen und für alle Gerechtigkeit und Wohlstand zu schaffen. Ich merke es immer sehr deutlich, wie tief das in Euch eingepflanzt wurde, und wie sehr gerade Eure Generation oft überhaupt nicht mit dem Verhalten der jungen Menschen klar kommt, die, so scheint es jedenfalls, immer zuerst an sich denken. Darum ist es so wichtig, dass die Generationen zusammenarbeiten und  zusammenhalten. Wir können und müssen voneinander lernen. Die Konfirmation ist nach wie vor ein Fest, in dem ein Teil des Lebens, die Kindheit abgeschlossen ist. Für Euch begann damals der Ernst des Lebens, und es wird auch bei Euch für manchen ein Schock gewesen sein, in die Welt der Arbeit einzutauchen: Als Stift, wie man damals sagte, als Haushaltshilfe oder einfach nur als Ungelernter, Hauptsache, man hatte Arbeit, Lohn und Brot. Nur wenigen machten nach der Konfirmation mit Schule  weiter, am wenigsten die Mädchen. Heute findet die Konfirmation mitten in der Jugend statt, die meisten  haben den längeren und schwierigeren Weg der Ausbildung noch vor sich: manch einer braucht nach der Konfirmation noch fast 10 Jahre, bis er wirklich eigenständig leben kann, in dem Alter, in dem ihr Eure Kinder schon entlassen hattet, bekommen heute viel erst ihre Kinder.

 

Da hat sich die Welt am meisten verändert. Und da wünsch ich mir, dass die Alten und die Jungen gut miteinander ins Gespräch kommen, um voneinander zu lernen. Da ist die christliche Gemeinde, ist die Kirche, genau der richtige Ort für. Denn der Glaube gilt für alle gleichermaßen, man muss sich nicht neu erfunden haben, um zu Gott zukommen. Zum Abendmahl sind heute alle geladen: jung und alt. So lernen wir, wie wichtig der Zusammenhalt der Generation ist. Einer trage des anderen Last:

Das ist ein guter, ein starker Satz über Generation hinweg! Ich wünsche Euch, dass ihr Euch mit Dankbarkeit und Freude daran erinnert, konfirmiert worden zu sein. Das ihr, gerade an einem Tag wie heute, die Spuren Gottes und seines Segens in eurem Leben findet und dankbar annehmen könnt, dass der Trost und die Ermutigung des Glauben euch helfen und bewahren, auch die Lasten des Älterwerdens gut zu tragen – und dass ihr den Kontakt, die Nähe und die Gemeinschaf mit den jungen Menschen nicht verliert, die viel mehr als ihr es sein musstet, auf der Suche sind danach, wie das Leben gelingen kann: Von Euch können sie es erfahren. Da habt ihr, als Jubelkonfirmanden, immer noch eine gute, eine wichtige, eine starke Aufgabe, für die Gott Euch Kraft, Mut und Humor schenken möge. Damals wurdet ihr vollgültige Mitglieder der Gemeinde Gottes: Ihr seid es auch heute noch. Der alte Segen ist nicht erloschen, er ist stark wie damals. Möge die gemeinsame Feier des Mahles Euch und uns immer daran erinnern. Wir können die Lasten des Lebens gemeinsam tragen, weil Gott, der in Jesus Christus Mensch wurde, uns tragen hilft und uns durch sein Wort, durch Brot und Wein und durch sein Wort beisteht. Bis in Ewigkeit.

Amen.