Montag, 30. September 2013

Predigt Einführungsgottesdienst, 8.9. 2013, Altenritte

5 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Lc 17,5-6



Vom Glauben ist hier die Rede, als wäre es die selbstverständlichste und klarste Sache der Welt. Aber dem ist nicht so. Lasst uns, in der Kürze der Zeit, die wir haben, sehen, was denn überhaupt wohl gemeint ist, wenn die Jünger sagen: Stärke uns den Glauben“.

Dazu müssen erst einmal ein paar Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden – die aber sehr verbreitet sind.

1. Glaube ist nicht der Lückenfüller an der Grenze unseres Wissens. Er beantwortet nicht die bisher unbeantworteten Fragen unseres Lebens. Ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel ist, ist für den Glauben völlig irrelevant, oder ob das Universum endlich ist oder unendlich. Das ist doch nur eine Frage der Forschung und der Wissenschaft. Wäre Glaube das: Antwort auf unbeantwortbare Fragen, dann wäre Glaube ja einfach nur Unwissenheit und Dummheit, die Behauptungen aufstellen, wo einzig Wissen nötig ist. Wer Glauben so versteht, hat natürlich gut lästern. Viele sogenannte Atheisten oder aufgeklärte Menschen machen mich immer ganz ratlos, wenn sie diesen angeblichen Glauben angreifen und sich darüber lustig machen.

Hier werden Glauben und Wissen in Gegensatz gesetzt, was grotesk ist. Das wäre, als wolle man Kochen und Backen gegeneinander ausspielen. Der Glaube ist kein Wissen, sondern eine Erkenntnis. Er fragt nicht nach Informationen, sondern er fragt:

Tröstet mich, was ich höre?

Erfahre ich Vergebung?

Bekomme ich Ermutigung zum Leben?



2. Glaube ist auch nicht ungeprüftes Für-Wahr-halten von irgendwelchen Sätzen über Gott und die Weil. Das ist Aberglaube und Ideologie. Man wird ebensowenig zum Christen durch Auswendiglernen von frommen Sätzen wie man ein Koch wird, wenn man das Kochbuch auswendig lernt, oder wie man zum Politker wird, wenn man das Parteibuch aufsagen kann.

Solcher Glaube macht aus der Bibel eine Art Orakelbuch und stellt sie damit auf eine Stufe mit dem Horoskop oder dem hundertjährigen Kalender. Der Glaube ist keine Lehre, sondern eine Haltung: Es geht darum, offen zu sein, für das Wort Gottes:

Tröstet mich, was ich höre?

Erfahre ich Vergebung?

Bekomme ich einen Impuls, zu leben?



3. Glaube ist auch nicht ein mystisches Verschmelzungserlebnis mit, was weiß ich, Gott, der Natur oder Jesus. Da können uns die Biologen und Ärzte sehr deutlich sagen, was da in unserem Gehirn geschieht, und glaubt mir, er ist nicht sehr schmeichelhaft. Glaube ist kein Rockkonzert und auch kein Trip.

Glaube ist keine Droge, die unser Bewusstsein außer Kraft setzt und uns in angeblich höhere Wirklichkeiten versetzt. Was soll uns daran trösten, vergeben oder einen Lebensimpuls setzen? Der Glaube ruft uns vielmehr ganz nüchtern zu einer Gemeinde zusammen. Wir sollen, wenn wir überhaupt zu etwas „verschmelzen“ sollen – ein furchtbares Bild, wenn ich ehrlich bin - dann zu einer Gemeinschaft von solchen, die genau das tun, was Jesus mit seinen Jüngern gerade tut: Einander den Glauben stärken, indem sie einander trösten, vergeben und zum Leben ermutigen. Der Apostel Paulus hatte viele solcher Erlebnisse. Aber er sagt immer wieder, und ganz scharf sogar gegen seine Gemeinde in Korinth: das ist alles schön und gut mit den Geisterlebnissen, die ihr da habt, ich hab die auch, aber Glaube ist das nicht. Glaube ist Hören auf Gottes Wort, das uns in Jesus Christus begegnet und uns in die Gemeinschaft führt. Glaube ist kein Privatvergnügen. Das ist er auch. Jeder darf auch für sich was kochen. Aber was zählt, ist das Kochen in der Gemeinschaft, um das Bild noch einmal aufzunehmen.

4. Glaube ist daher auch kein seelischer Zustand, oder ein Gefühl, ebenso wenig wie die Liebe das ist, jedenfalls im christlichen Verständnis. Das wäre ja furchtbar. Nichts ist wankelmütiger als Gefühle, das geht doch hüh und hott. Das würde ja bedeuten, dass unser Glauben davon abhängig ist, wie es uns geht. Es ist aber genau andersherum. Der Glaube erzeugt in uns Gefühle: Trost, Vergebung und Lebensmut. Glaube aber ist eine Haltung des Empfangens, des Hörens und de Bittens. Es ist eine Art innere Spannung, in die uns Gott versetzt, wenn er uns anspricht, wie er die Jünger angesprochen hat. Und die nutzen die Gelegenheit: Herr, stärke uns den Glauben, Gott, wir sind ganz Ohr. Gefühle kann man nicht lernen. Haltungen schon. Wie sollte ich meine Konfirmanden den Glauben nahebringen, wenn es ein Gefühl wäre? Soll ich sie verliebt machen oder sentimental? Soll ich ihnen Angst einjagen und sie dann trösten, wie es früher allzu oft gemacht wurde?

Ich möchte sie den Glauben als eine Haltung lehren: Die Ohren zu spitzen für das, was Gott uns sagt, was er uns als Trost, Vergebung und Stärkung anbietet. Glauben ist zuerst Hören.

Und darum muss von ihm gesprochen werden.

Das ist es, was ich hier tun will, wozu ich berufen bin von der Gemeinde und heute und hier eingesetzt werde: Mit Euch die Ohren zu spitzen dafür, was Gott uns als Gemeinde sagen will, und Euch zu sagen, was ich gehört habe:

Trost, Vergebung, Ermutigung zum Leben .

Wir stehen gemeinsam vor Gott und bitten: stärke uns den Glauben, und wenn es auch weniger als ein Senfkorn ist.

Denn der Glaube ist zuerst ein Hören, ein Empfangen, ein Vertrauen, wie wir es unseren Eltern gegenüber aufbringen, lange bevor wir irgendetwas wissen, meinen oder wollen. Wir sagen nicht ohne Grund: Vater zu unsrem Gott.

Maritn Luther sagt es sehr schön in seiner Erklärung des Glaubensbekenntnisse, die ich und viele Ältere zu ihrem Besten noch lernen durften:

Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.

Nicht aus eigener Kraft- darin liegt die gute Botschaft für diesen Tag. Nur so kann ich dieses Amt annehmen und ausfüllen. Sonst würde ich mich überheben. Darum rufen wir zu Beginn jedes Gottesdienstes nach dem Heiligen Geist, und darum rufen wir in diesem Gottesdienst, wo zwei Pfarrer einsegnet werden, vorsichtshalber gleich doppelt um den Geist: Herr, stärke uns den Glauben. Nicht wir schenken Gott Glauben, sondern er schenkt uns Glauben. Das macht uns stark. Amen.

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