Mittwoch, 24. Dezember 2014

Christmette Großenritte, 24.12.2014, 22.00 Uhr, Die Gaben der Könige

Christmette in Großenritte, 24.12.2014, 22.00 Uhr. Die Gaben der Könige.
Eingangsvotum



Schweiget und ruhet von Euren Geschäften. Dies ist die Nacht, die der Herr macht. Er kommt und zu uns, als ein Kind, damit wir kindliche Freude empfinden. In den Unfrieden der Welt hinein wird ein Kind geboren, das den Frieden bringt. Die Mächtigen der Welt werden gerufen, vor Ihm auf die Knie zu fallen. Laßt und dankbar sein und fröhlich in dieser Heiligen Nacht, laßt uns beten und singen, denn dies ist die Nacht, die der Herr macht


Psalm 72 1
Gott, gib dein Gericht dem König und deine Gerechtigkeit dem Königssohn,
2 dass er dein Volk richte mit Gerechtigkeit
und deine Elenden rette.
Lass die Berge Frieden bringen für das Volk
und die Hügel Gerechtigkeit.
4 Er soll den Elenden im Volk Recht schaffen
und den Armen helfen und die Bedränger zermalmen.
7 Zu seinen Zeiten soll blühen die Gerechtigkeit
und großer Friede sein, bis der Mond nicht mehr ist.
9 Vor ihm sollen sich neigen die Söhne der Wüste,
und seine Feinde sollen Staub lecken.
10 Die Könige von Tarsis und auf den Inseln
sollen Geschenke bringen,
die Könige aus Saba und Seba
sollen Gaben senden.
11 Alle Könige sollen vor ihm niederfallen
und alle Völker ihm dienen.
12 Denn er wird den Armen erretten, der um Hilfe schreit,
und den Elenden, der keinen Helfer hat.
13 Er wird gnädig sein den Geringen
und Armen,
und den Armen wird er helfen. 1
4 Er wird sie aus Bedrückung und Frevel erlösen,
und ihr Blut ist wert geachtet vor ihm.
15 Er soll leben und man soll ihm geben
vom Gold aus Saba.
17 Sein Name bleibe ewiglich;
solange die Sonne währt, blühe sein Name.
Und durch ihn sollen gesegnet sein alle Völker,
und sie werden ihn preisen.
18 Gelobt sei Gott der HERR, der Gott Israels,
der allein Wunder tut!
9 Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich,
und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden!
Amen! Amen!


Lesung 1

Jes 9,1-6; 11, 1.2.10
9 1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. 3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.
4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und ]die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst
6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er's stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.
11 1 Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen.2 Auf ihm wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.
10 Und es wird geschehen zu der Zeit, dass das Reis aus der Wurzel Isais dasteht als Zeichen für die Völker. Nach ihm werden die Heiden fragen, und die Stätte, da er wohnt, wird herrlich sein


Glaubensbekenntnis verlesen (EG 805)
In dieser heiligen Nacht bekennen wir unseren Glauben mit den Worten, die die Väter der Kirche für alle Zeiten gefunden haben auf den Heiligen Konzil zu Konstantinopel:

Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles geschaffen hat,
Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt
unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten desVaters
und wird wieder kommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und dieToten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, allgemeine
und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eineTaufe
zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
Amen.



Lesung 2:
Hört die Erzählung, wie die Klugen und Mächtigen aus fernen Lande gekommen sind und dem Stern folgten, um den König der Welt anzubeten.
Mt 2,1-2.3-6.7-12
2 1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:
2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.
3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. 5 Und sie sagten ihm: In ]Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten
6 »Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.«
7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, 8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass auch ich komme und es anbete. 9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. 10 Als sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut 11 und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.
12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

Meditation
„Gold“
Laudate omnes gentes
„Weihrauch“
Laudate omnes gentes
„Myrrhe“
Laudate omnes gentes

Fürbitte
Komm zu uns, du König der Welt, lass es Weihnachten werden auf Erden, erhelle das Dunkel mit Deinem Licht
beende Streit und Krieg, lass Gedanken des Friedens auf der Erde wachsen!
Stärke den Mut derer, die nach Wegen suchen, Waffen zum Schweigen zu bringen.
Wecke Phantasie für neue Lösungen.
Wehre dem Hass,
fall der Rache in den Arm,
Halte die Rasenden auf, die jegliches Maß verloren haben.

Kyrie
Führe die Herzen der Mächtigen zur Not der Ohnmächtigen.
Schenke denen, die Verantwortung tragen, Weisheit und Einsicht.
Senke dein Gebot tief in sie ein, dass Sie darin deine Gnade spüren.
Öffne die Hände derer, denen viel gegeben ist.

Kyrie
Lass uns gute Gastgeber sein und das Gastrecht in Ehren halten.
Gewähre den Schutzbedürftigen Geborgenheit und Halt.
Lass die Fliehenden Heimat finden.
Sorge für gerechten Lohn und gute Arbeit.
Den Armen erwecke starke Fürsprecher.
Höre den Schrei der Geschöpfe.

Kyrie
Den Kranken und Sterbenden sende die Hoffnung auf deine Ewigkeit.
Befreie die Gewissen derer, die gefangen sind in Schuld und Versagen.
Hilf ihnen, ihr Leben zu erneuern.
Wer irre geworden ist an dir und der Welt, möge Weisung finden in deinem Wort.
Richte die Gestrauchelten auf.

Kyrie

Erhalte Deine Kirche bei der Wahrheit.
Gib denen, die verkündigen, Vollmacht und Kraft.
Für den Frieden unter den Religionen bitten wir dich inständig:
Lass jeden die Spuren Deiner Liebe in der Welt erkennen,
vertreibe den Geist der Lüge aus jeder Geste der Anbetung.

Kyrie

Stilles Gebet

Komm zu uns, du König der Welt, lass es Weihnachten werden auf Erden, erhelle das Dunkel mit Deinem Licht

Meditation

Ihr habt die biblische Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland gehört: Es waren reine drei, und es waren keine keine Könige. „Magier“ steht im griechischen Original, gemeint sind: Sternenkundige aus Persien, Priester oder doch zumindest Gelehrte aus einer sehr alten Religion, die viel altes Wissen aufbewahrt hat. Darum hat Luther auch nicht mit „Zauberer“ übersetzt – was durchaus möglich gewesen wäre – sondern mit „Weise“. Denn das trifft es am besten.



Wir erfahren im Grunde nicht viel über sie. Und immer dann, wenn eine biblische Erzählung solche Lücken lässt, entwickelt sich eine Legende, dann werden die Lücken durch lebendiges Weitererzählen aufgefüllt. So sind nach und nach die Weisen zu drei Weisen geworden – wegen der drei Gaben -, dann zu Königen – wegen der Kostbarkeit der Gaben – und schließlich zu den drei Königen aus den drei Gegenden der Welt: ein Asiate, ein Europäer, ein Afrikaner, ein alter, ein junger, ein mittelalter.



Von der Legende ausgeschmückt: nicht eine Lügengeschichte oder religiöse Fantasy, sondern der Versuch, tiefere Symbolik zu erkennen und die Geschichte von Jesu Geburt noch besser zu begreifen. Die Legende ist immer eine Auslegung: sie hilft uns, denn Sinn tiefer und nachhaltiger zu begreifen. Darum verändert sich die Legende auch ständig: das schönste Beispiel dafür ist das Krippenspiel, das über die Jahrhunderte hinweg, seit dem Mittelalter, immer wieder versucht, das Geheimnis dieser Nach so auszudrücken, dass es uns nah kommt.



Ich will mit Euch heute ein wenig die Gaben der Könige betrachten. Denn in ihnen steckt viel Erkenntnis, viel Weisheit und viel Wissen um die Zusammenhänge des Lebens.


Die Symbolik des Königszuges im Alten Testament:

Da sind zuerst die Weissagungen, die Prophezeiungen aus dem Alten Testament: Hoffnung und Verheißung einer besseren Zeit, in der die Mächtigen der Welt nach Jerusalem kommen, um mit Israel zusammen den einen Gott anzubeten. Im Licht dieser Prophezeiungen muss man die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenlande hören. Und eine dieser Prophezeiungen haben wir auch schon gehört: der Psalsm zu Beginn des Gottesdienstess:
Die Völkerwallfahrt zum Zion in Psalm 72,10–15 EU:

10„Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben. 11Alle Könige müssen ihm huldigen, alle Völker ihm dienen. […] 15Er lebe und Gold von Saba soll man ihm geben!“

Im Buch Jesaja hören wir, im 60. Kapitel:
„Alle kommen von Saba, bringen Weihrauch und Gold und verkünden die ruhmreichen Taten des Herrn.“
Und im Hohelied 3,6 EU:
„Wer ist sie, die da aus der Steppe heraufsteigt in Säulen von Rauch, umwölkt von Myrrhe und Weihrauch, von allen Wohlgerüchen der Händler?“
So war schon bald klar, dass die Weisen aus dem Morgenlande eben jene Könige und Mächtige waren, die aus dem ganze Weltkreis herbeigeeilt kommen, um dem wahren König der Welt zu huldigen, auf die Knie zu fallen und ihn zu beschenken mit Gaben, die weit mehr sind als das, was sie scheinen.
Zuerst also die Symbolik der Könige . die ist zwar nirgendwo festgelegt, aber druch die Bilder, die seit dem Mittelalter von der Krippe gemalt werden, begann sich das festzusetzen: ich habe Euch ein Bildchen mitgebracht, das sehr typisch ist:
Caspar stammt aus dem Persischen und bedeutet „Schatzmeister“. Er ist der Schwarze aus Afrika, er ist zugleich der jüngste und bringt die Myrrhe. Er symbolisiert durch seine Jugend auch die Zukunft
Melchior kommt aus dem Hebräischen und bedeutet „König des Lichts“. Er ist der Greis und vertritt Europa, er bringt das Gold. Er vertritt, als alter Mann, die Vergangenheit
Balthasar wird auch aus dem Hebräischen abgeleitet und mit „Gott wird helfen“ oder „Gott schütze den König“ übersetzt, er repräsentiert Asien. Er ist im besten Mannesalter und bringt den Weihrauch. Er steht für die Gegenwart.
So wird in diesem einfachen Bild eine große Botschaft ausgedrückt: Alle Räume und Zeiten sind vor Christus versammelt. Um die Krippe versammelt sich die ganze Welt, ohne Unterschied. Hirten und Könige sind vereint, Armut und Reichtum, Macht und Ohnmacht, die Spitze der Gesellschaft und deren Rand, und mit den Engel kommt auch noch der Himmel dazu, also: Himmel und Erde; und mit Ochs und Esel die Tiere: die gesamte Schöpfung. Die Unterschiede spielen für den Glauben alles keine Rolle. Mit dem Kind kommt der Frieden. Wenn wir es doch nur hören könnten!

          Das wir noch deutlicher, wenn wir uns die Gaben betrachten: Ich habe Sie Euch mitgebracht! Sie sprechen alle Sinne an: das funkelnde Gold, der duftende Weihrauch mit seinem knisternden Brand, die bitter Myrrhe.
· Gold: Macht und Herrschaft, aber auch das irdische, vergängliche und Äußerliche, obwohl das Gold so hart und edel ist. Deswegen die Zuordnung zu Melchior, dem Greis. Ein Symbol dafür, wie die Augen täuschen können. Was uns das Wertvollste erscheint, ist das unwesentliche und vergänglich. Aber eines müssen wir auch sehen: Das Gold ist ein ermöglicher. Solange die Welt die alte Welt bleibt, solange Gott nicht wiederkommt und mit ihr ein Ende macht, brauchen wir es auch, um Gutes zu tun. Mit der Gabe des Goldes wird gesagt: Jesus Christus ist der König, der Macht hat über alle Könige!
· Weihrauch: Opfer, Gebet und Heiligkeit, , aber auch das himmlische, ewige und bleibende: obwohl der Weihrauch flüchtig ist, ist er ein Symbol des Glaubens! Deswegen die Zuordnung zu Balthasar, dem Mann der Gegenwart. Denn der Glaube verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit und der Zukunft; der Glaube führt uns zum Gebet, denn er steigt als Wohlgeruch zum Himmel auf. Mit der Gabe des Weihrauches wird gesagt: Jesus Christus ist der Priester, der am Ende durch sein Opfer den Frieden zwischen Gott und Mensch bringt. Wir räuchern und Opfern heute nicht mehr im Gottesdienst: unsere Gebete sind der Weihrauch des Herzens. Wenn wir es doch nur regelmässig täten!
· Myrrhe: Heil und Heilung, Bitter wie der Tod, kann das Öl der Myrrhe die Bitterkeit des Todes bekämpfend und so die Zukunft öffnen. Es ist ein heilmittel gegen Schmerzen und Entzündungen, bis heute in der Medizin von Bedeutung. Deswegen die Zuordnung zum Jüngling. So ist die Myrrhe ein Symbol dafür, dass der Weg zum Guten durch den Schmerz geht, und dass der Glaube ein heilmittel ist, das manchmal bitter schmecken kann, wie es Medizin eben tut, aber doch eine Wohltat. Mit der Gabe der Myrrhe wird gesagt: Jesus Christus ist der Prophet, der den Schmerz überwindet und uns den endgültigen Sieg Gottes in der Welt ankündigt: Mit Myrrhe sollte sein Leichnam gesalbt werden, doch er war schon gesalbt mit dem Heiligen Geist und der Unvergänglichkeit.

Gold, Weihrauch und Myrrhe: sie sind mehr, als sie scheinen, sie sind, greifbar und begreifbar, Zeichen für Glaube, Liebe und Hoffnung. Und also sind es die größten Geschenke, die Menschen einander tun können. Gebe Gott, dass unter jedem Geschenk, das wir einander, in der Nachfolge der Könige, in dieser Nacht machen, diese Geschenke sichtaber werden: Für die Armen und die Reichen, für die Starken und die Schwachen, für die Kleinen und die Großen, für Mensch und Tier, für dich und mich. Gott segne Euch und Eure Gaben in dieser Nacht und in Ewigkeit.

Amen.





Montag, 15. Dezember 2014

Advents- und Weihnachtspoesie

Nun, zum Predigen komme ich dieses Jahr an Weihnachten so gut wie gar nicht. Also geht die Energie mal wieder ein wenig in Richtung "Poesie" (sprich: Pösje; damit hier nicht der Eindruck entsteht, ich hätte den Pegasus gesattelt und wollte gar mit Orpheusens Harfe unterwegs sein). Es ist, wenn man so will, homiletische Gebrauchslyrik, angeregt durch einen Kollegen, der damit einen Gottesdienst gestaltet.
Sollte jemand dergleichen aus der theologisch-poetischen Räucherkammer verwursten wollen, so wäre es mir doch ganz lieb, wenn ich es erstens erführe und zweitens mein Name dabei schon irgendwie auftaucht. Nicht, weil ich auf Lorbeeren aus bin (die brauche ich nur für die Suppe und die Gulaschsoße), sondern weil ich die Mechanismen der theologischen Wurstfabrik inzwischen gut genug kenne, um ein wenig dafür zu sorgen, dass es so bleibt, wie es seit Urbeginn war: Nur der Mythos hat keinen Autor.

Ich bin übrigens für kundige Hinweise, wo das eine oder andere klappert, schief und krumm ist, immer sehr dankbar.



Weihnachtliche Fragen

 

Auf Heu und auf Stroh.
Du fragst Dich: Warum?
Wieso nicht in Seide und Samt?
 
Im Stall unter Tieren.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht vor Dienern und Sklaven?
 
In fremden Gefilden.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht im Zentrum der Macht?
 
Als schutzloser Säugling.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht als machtvoller Held?
 
Weil Gott es so wollte.
Als Mensch unter Menschen
Dem Menschen ein Mensch.

 

Heute

 

Heute wären es wohl
Banker und Forscher,
die etwas gelesen haben
von einem neuen Trend
in Sachen Gott:
 
Sie würden sich ebenso täuschen
wie damals die Klugen
mit ihren Sternen und Büchern.
Sie liefen auch
in den falschen Palast.
Weil der Palast schon falsch war.
 
Heute wären es wohl
Zeitarbeiter oder
moderne Tagelöhner (sagen wir mal:
Packerinnen und Packer)
denen gesagt würde:
Die Zeit der Gerechtigkeit
bricht heute an.
 
Sie würden ebenso laufen
wie damals die Hirten.
und wären erstaunt
eine Familie zu sehen:
auf der Flucht.
 
Heute wären es wohl
wir
die es auch nicht
verstünden,
was die Engel uns sagen.
 
Doch tief berührt
gingen sie alle
nach Hause.
 

Heiße Weihnacht

 

Weil wir hier Winter haben
fällt es uns leicht,
von Wärme zu reden
und vom strahlenden Licht.
 
Wie aber, wären wir
am anderen Ende der Erde?
Eine laue Sommernacht
Spekulatius am Pool?
 
Wir würden wohl
den Winter in uns
spüren müssen
und das Dunkel im Herzen.
 
Vielleicht käme uns
Weihnachten
in Australien
viel näher?

 

 

 

Verhaltener Jubel

 

Der Stern in jener dunklen Nacht
führt zur unerschöpften Macht
die sich, durch Liebe eingebunden,
In Menschentiefe eingefunden.
 
Der ewig ist, kommt in die Zeit
kostet die Vergänglichkeit,
die so furchtbar bitter schmeckt
und uns von Jahr zu Jahr verschreckt.
 
Die Angst, die uns gefangen hält,
vergiftet peinvoll alle Welt,
macht uns herzlos, neidisch, dumm,
bricht die Rücken, biegt uns krumm.
 
Weil wir in uns gefangen sind,
kommt er menschlich, kommt als Kind.
Seine Engel lässt er künden:
frei seid ihr von allen Sünden!
 
So glänzt der Stern, das kleine Licht,
in jedes Menschen Angesicht.
Wir erkennen, tief betroffen:
was einzig hilft, ist mutig hoffen.
 
 

Nachweihnacht

 

Der Tag wird kommen,
da singen wir wieder
auf kahlen Gefilden,
fröhliche Lieder.
 
Der Tag wird kommen,
da schweigen die Klagen
der Schmerz wird verklingen,
es enden die Plagen.
 
Der Tag wird kommen,
da suchen die Arme
des Nächsten den Nächsten,
dass der Mensch sich erbarme.
 
Die Welt muss vergehen
die Liebe wird siegen
und niemand wird sterben
in Hunger und Kriegen.
 
Es ist schon das Amen
darüber gesprochen.
Die Mächtigen zittern,
der Tod ist gebrochen.
 
Gott hat geredet.
So können wir leben.
Wir müssen nur wagen,
die Häupter zu heben.
 
Winter

 

Die alte Eiche weiß nichts von Erlösung:
Sie steht kahl in der Kälte.
Auch die frostharten Felsen
singen kein Gloria.
 
Der Schnee fällt, weil er fällt.
Eisiger Wind faucht keine Hymnen.
Die Blätter wehen in absichtslosen Kreiseln,
sie haben keine Meinung.
 
Das Eis glitzert auf der Straße,
sein Funkeln ist bloß Licht.
Die Katze miaut
nach Futter und Milch.
 
Das bange Herz aber
fürchtet die Kälte.
Für alle Stummen
ruft es nach Gott.
 
 

Er ist´s (Winteranfang, Frei nach Mörike)

 

Winter lässt sein weißes Tuch
wieder auf die Erde fallen.
Und des Frostes schwerer Fluch
lässt die Eisschicht krachend knallen.
Die zarten Veilchen ziehen sich
            tief verschreckt zurück.
Der kluge Igel igelt ein
            sich in Winterschlafes Glück.
Dass uns die die warme Gnade blüht,
hofft das fröstelnde Gemüt.
 

 

 

 Das folgende Poem ist schon ein wenig älter und wurde auch schon publiziert, in der Waldeckschen Landeszeitung. Ist ewig her. 1996?  

 

Advent, Advent,

der Vati rennt.

Denn er muß was Schönes kaufen,

also durch das Städtchen laufen

Boutique, Goldschmied, Spielzeugdealer:

was Rechtes für den Compispieler

für die Tochter was fürs Pferd

und für Mutti, was sie ehrt.

Die Weihnacht naht - mit ihr der Frust:

Was schenk ich bloß? - hab keine Lust

und vor allem keinen Dunst.

Schenken ist halt eine Kunst

für Menschen, die schon alles haben.

So muß Pappi fleißig traben.

Das schönste das er hat, kann er nicht geben:

Sich selber, seine Zeit, sein Leben.

Denn diese Gaben sieht man kaum

unterm bunt gestylten Weihnachtsbaum.

Also muß er munter flitzen

denn alle wollen was besitzen.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

die Mutti flennt.

Weihnachtsfeier, Kindergarten:

alle auf den Kuchen warten.

Weihnachtsfeier, Sportverein:

Mutti würzt den heißen Wein.

Und die Wohnung muß doch glänzen

Besuch wird kommen, ohne Grenzen.

Vier Wochen dauert dieser Kampf:

Heiligabend wird zum Krampf

weil in Hektik eingebettet.

Mutti durch die Wohnung jettet

Oh, die Nerven sind gespannt

heftig wird umhergerannt:

soll das Fest gelingen,

muß frau hier das Beste bringen.

Also gibt sie volle Power.

Doch reicht das nicht auf Dauer.

Denn was wirklich an ihr nagt:

daß kaum mal einer Danke sagt.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

Die Oma pennt.

Sie träumt von jenen Tagen,

als, im Leben voller Plagen,

diese Zeit die schönste war.

Lang ist's her, und kaum noch wahr.

Keiner will es von ihr hören.

Solche Worte können stören.

Sie erzeugen süssen Kummer.

Oma wird drum immer stummer.

Und sitzt so da. Und denkt daran

wie alles anders gehen kann.

Sie sieht, mit wirklichem Bedauern

die Enkel auf den Euro lauern,

weil sie den Groschen einst geehrt

den Apfel, und was sonst viel wert

in einer Zeit der echten Not.

Weihnachten: es ist fast tot.

Doch ist sie still

weil sie das Fest nicht stören will.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

Die Tochter nennt

das Weihnachtsfest 'ne Plage.

"Was soll'n das?" Ist ihre Frage.

Gedicht gelernt, Posaune geübt

und doch: die Stimmung ist getrübt.

War da nicht was mit Frieden?

Und Freude hinieden?

War da nicht was mit Kerzenschein,

und Fröhlichkeit und stille sein?

Wie wäre es, statt vieler Knete,

mit einer wirklich guten Fete?

Und ist da nicht "Der Asylant",

dem Weihnachten ganz unbekannt,

der unter schönen Weihnachtsbaum

mit Schmerzen träumt den Heimattraum?

Ist da nicht "Der Deutsche Wald",

mit toten Bäumen, sterbenskalt?

Und Kinder, die im Bombenkrach

Eltern verloren, Haus und Dach?

Die Tochter schweigt. Der Sohn ist Stille.

Und nehmen die Geschenkefülle.

Bemüht ist oft die Dankbarkeit.

Aller Friede scheint so weit.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent.

Ich fänd

es schön, daran zu denken,

Daß "Friede" mehr ist als bloß Schenken.

Vielmehr was wirklich Mühe macht:

Zu geben aufeinander acht.

Wird es jetzt fromm? Kommt jetzt Gelaber

Wie man es von Kanzeln kennt? Nein, aber -

Ein Augenzwinkern. Und ein Wunsch:

Plätzchen, Päckchen, Weihnachtspunsch,

alles schön, auf seine Weise.

Doch darunter ist, ganz leise,

die ganz besondre Köstlichkeit:

Das Windelkind.

Es schenkt uns Zeit.