Samstag, 25. Februar 2017

Karneval Predigt zu Estomihi, Lk 10,38-42. Wo Jesus ist, da redet Gott. Gereimt

Maria und Marta

38 Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf.
39 Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. 40 Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, dass mich meine Schwester lässt allein dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfen soll! 41 Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. 42 Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.



Zur Fastnacht ist es guter Brauch,

dass man was reimt  - ich tu es auch.

Nicht, dass ihr die Schenkel klopft

oder die Trän´ vor Lachen tropft,


doch manchmal braucht, von Zeit zu Zeit,

dass Gotteswort ein neues Kleid:

und wenn die Narren Wahrheit sprechen,

indem sie Reimendes verbrechen,


so nehm´ ich mir ein frisches Herz,

und reime auch – nicht bloß zum Scherz:

Es soll doch eine Predigt sein –

mit einem Lächlen, das wär fein!

  

Jesus durch die Lande zieht,

was mancher gar nicht gerne sieht:

er spricht die armen Leute an

und heilt die Kranken dann und wann,


er weist die Herren streng zurecht

ergreift Partei für Magd und Knecht,

er streitet mit der Obrigkeit

und macht das Herz für Arme weit.


Er spricht so schön vom Gottesreich

in dem die Menschen alle gleich,

Wo Gott allein ist an der Macht

und allem Bösen Ende macht.

  

Er hat die Frommen im Visier,

wenn die es übertreiben hier,

und aus dem göttlichen Gebot.

machen eine Menschennot.


In manchem schönen Gleichnisbild

spricht er von Gottes Gnade mild:

Vom Samkorn, das von selber wächst;

er rettet Menschen, die verhext.


Er isst mit Zöllnern, die verachtet

weil sie der Römer Macht gepachtet,

er geht zu Fremden, die verpönt,

damit man sich daran gewöhnt,


dass Gott nur Menschen kennt und liebt

und unsre Grenzen gern verschiebt.

Und schließlich sagt er klar und laut:

Glauben meint, dass man vertraut.


Wer meint, er könne Gott bestechen

tut er im Tempel nur gut blechen,

wer meint, er könne Gott gefallen,

wenn er recht frommt tut bei dem allen,


der hat sich jämmerlich geirrt

und gilt vor Jesus als verwirrt.

Allein der Glaube macht uns frei,

frommes Tun birgt Heuchelei,


wenn nicht das Herz dabei bedenkt:

das alles ist von Gott geschenkt.

So ist der Glaube nicht ein Tun,

sondern eine Art von Ruhn.


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Denn bevor die Hand sich rührt

wird das Ohr zuerst berührt.

Bevor die Menschen richtig handeln,

muss Gott die Seele erst verwandeln.


Und dieses tut er durch sein Wort:

Drum ist hier und jetzt der Ort

wo Gott auch heute zu uns spricht.

Alles andere zählt jetzt nicht.


Ergreife die Gelegenheit,

denn heute ist die Jesuszeit!

Wo er ist, da muss alles schweigen,

und das Herz zu ihm sich neigen.


Darum wird uns heut erzählt,

wie Jesus sich als Gast verhält.

Auch hier ist er sich selber treu,

das Altmodische macht er neu.


Zuerst: Er kehrt bei Frauen ein,

und zwar als Mann, und ganz allein.

Das allein ist skandalös:

Wer so was tut, ist nicht seriös!


Denn in der antiken Zeit

war die Welt noch nicht so weit:

Weil die Männern es so wollen,

müssen sich die Frauen trollen,


Mann und Weib bleibt fein getrennt,

was man „Schöpfungsordnung“ nennt,

als hätte Gott nicht zwei geschaffen,

damit sie sich zusammenraffen.


Mit diesem Irrtum ist nun Schluss:

Jesus scheut nicht den Verdruss

und durchbricht die alte Sitte:

setzt sich in der Frauen Mitte!


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Maria heißt die eine Frau

sie nutzt die Chance auch gleich schlau

sie lässt alles stehn und liegen,

sich an Jesus anzuschmiegen.


Sie lauscht ergriffen, was er spricht:

Den Moment verpasst sie nicht!

Sie lässt die Sitte Sitte sein

und stellt sich ganz auf Jesus ein.


Martha aber sich nicht traut:

sie klappert in der Küche laut,

Mit Schüsseln und mit Dippen,

und schmiert für Jesus Schrippen.


Sie tut, was sie als Frau gut kann:

sie dient als Wirtin hier dem Mann.

Man denkt: das ist ein feiner Zug!

Martha handelt wirklich klug.


Sie kann sich´s aber nicht verkneifen,

aus der Küche rauszukeifen:

Ich schaffe hier mit viel Gebrumm,

und die Schwester sitzt herum!


Doch bei Jesus geht´s so nicht!

Er geht mit Martha ins Gericht!

Und weist sie deutlich nun zurecht:

Was Du jetzt tust, ist  grad mal schlecht!


Du machst als Köchin dir viel Not,

und backst für Jesus frisches Brot.

Das ist zwar wirklich gut gedacht,

doch dafür bin ich nicht gemacht!


Ich bringe  Dir das Gotteswort,

ganz persönlich an den Ort

wo Du mit deiner Schwester lebst

und ehrlich nach dem Guten strebst.


Nun sitzt er hier, vor deiner Nase

doch du machst in der Küch´ Gerase

und verpasst den Augenblick

wo Dich berührt das Gottesglück!


Auch wenn du das nicht gerne hörst.
doch mit deinem Klappern störst

du jetzt den heiligen Moment

der nur das stille Hören kennt.


So sag ich, Jesus, dir mit Macht:

Maria es grad besser macht.

Sie lässt die Arbeit Arbeit sein

und lässt sich auf den Glauben ein.


So komm, und setzt dich auch dazu,

lass die Arbeit mal in Ruh,

denn Kochen kannst Du jederzeit

mach dich jetzt für Gott bereit!


Wir wissen nicht, was sie nun sagt.

Ob sie dieser Rüffel plagt?

Oder ob sie, ganz beglückt,

nah an ihre Schwester rückt?


Was Jesus sagt, ist oft ganz neu,

und das macht uns manchmal scheu,

weil er so ganz in Frage stellt

was scheinbar richtig in der Welt.


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Die Arbeit ist ein hohes Gut,

was niemand hier bestreiten tut.

Doch auch die Andacht ist sehr wichtig,

sie macht uns zum Leben tüchtig.


Denn wer nur werkelt, läuft Gefahr

dass er verpasst, was wunderbar.

Gott hat diese Welt gemacht,

als einen Ort auch voller Pracht.


Darauf will uns Jesus bringen:

das wir dankbar Lieder singen,

und dass von Zeit zu Zeit wir ruhn

und unsere Hände gar nichts tun.


Stattdessen unsre Ohren spitzen

und Jesus still zu Füßen sitzen.

Ganz gewiss: wir brauchen Brot!

Doch groß ist auch die Herzensnot.


Und die, so steht´s in Gottes Willen,

will Jesus gerne für uns stillen!

So gibt es eine Zeit zum Beten,

und eine Zeit zum Brotteig kneten.


Drum, Schwestern, Brüder, seid recht schlau,

und macht es so wie diese Frau:

Setzt Euch zu Jesus, hört ihm zu,

so findet ihr im Herzen ruh.


Und deckt, von Gottes Wort erfrischt,

danach mit Köstlichem den Tisch.

Nehmt Euch am Tage auch mal Zeit

und macht euch ganz für Gott bereit.


Wer immer nur am Schaffen ist,

und dabei Gottes Wort vergisst,

der wird am Ende ganz verdrieslich,

und als Mensch ganz unersprießlich.


So mancher fühlt sie heut gestresst,

und in die Arbeit reingrepresst,

er sieht vor lauter Schaffen nicht,

am Horizont des helle Licht.


Die Arbeit kann uns nicht erlösen,

Denn „Arbeit“ können auch die Bösen.

Jesus aber will uns lenken,

dass wir hier ganz anders denken:


Die Arbeit hat nur einen Sinn,

sie führt uns auf den nächsten hin

und hilft, die Welt uns zu gestalten

und friedlichen diesen Ort verwalten.


Jedoch, die tiefe Kraft zum Leben,

kann Arbeit uns allein nicht geben.

Da braucht es mehr: Die Gottesmacht,

die uns zu neuen Menschen macht.


So legt nun, Schwestern, Brüder,

die Arbeit für ein Weilchen nieder,

und legt die Hände in den Schoß:

denn unsere Geistesnot ist groß!


Wo Jesus ist, da redet Gott

und durchbricht den alten Trott.

Er lehrt uns, neu die Welt zu sehn

und auch mal neue Wege gehn.


Denn Gott ist unsre starke Kraft,

die im alten Neues schafft:

Er gibt uns unser täglich Brot

und rettet uns aus Seelennot.


So lasst uns nun Maria sein,

und ladet jede Martha ein:

Nimm Dir täglich etwas Zeit

und mache dich für Gott bereit!


So wird dein sehnlichstes Verlangen,

das Leben täglich zu empfangen,

auf schlichte Weise gut gestillt:

wenn ihr nur dazu seid gewillt,


und Jesus zu euch kommen lasst:

Jede Hütte wird Palast

wenn dort seine Gnade wohnt

und dort seine Liebe thront.


Die Gnade aber Gott des Herrn,

der unsere Vernunft so fern,

erfülle Euch mit aller Kraft

in Jesus, der den Glauben schafft.

Montag, 13. Februar 2017

Predigt 12.2.2017, Lk 17, 7-10. Großmäuler, Egoisten, Narzisten

Wieder eine "aktuelle" Predigt für die Predigtwerkstatt Premium, deshalb mit "Verfallsdatum". Aber vielleicht doch nützlich zu lesen, spätestens in sechs Jahren.

Sonntag: Septuagesima, 12.2.2017, Lk 17, 7-10

7 Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn der vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch?

8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken?

9 Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war?

10 So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.


Liebe Gemeinde!


Harte und schroffe Worte spricht Jesus hier. Vor allem wirken sie sehr unzeitgemäß. „Wir sind unnütze Knechte, wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren, wir brauchen keinen Dank“ – das ist eine Form der Selbstrücknahme und ein Pathos der Pflichterfüllung, das uns mit Skepsis erfüllt. Wir haben damit keine guten Erfahrungen gemacht. Es erinnert an ein anderes Jesuswort, das für Jahrhunderte das Leitbild protestantischer Christen war: „Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“. Der Philosoph Friedrich Nietzsche, der aus einem frommen protestantischen Pfarrhaus stammt und dieses Denken mit der Muttermilch bekommen hat, schreibt dazu ganz süffisant und treffsicher: „Wer sich selbst erniedrigt, will erhöht werden“. Es ist schlicht der Tatbestand der Heuchelei, der hier droht. Es gibt eine Form der Selbstrücknahme und ein Pathos der Pflichterfüllung, das mit simulierter oder echter Leidensmiene in Wahrheit nach tiefster Anerkennung lechzt. „Wir sind nur unnütze Knechte, wir haben nur unsere Pflicht getan“: das kann ein schlimmer Satz sein!


Doch auf der anderen Seite erleben wir im Moment an vielen Stellen eine völlige Entfesselung des Gegenteils. Gerade politische Ämter, aber auch Führungsämter in Wirtschaft und gesellschaftlichen Institutionen, sind schwer angeschlagen in der öffentlichen Wertschätzung: Hier scheint so etwas wie ein Gedanke der Pflicht und der Selbstrücknahme völlig vergessen zu sein. Wir erleben, wie sich Menschen bereichern über alles Maß hinaus, so dass man keineswegs den Eindruck hat, sie arbeiteten aus dem Gefühl einer inneren Verpflichtung heraus und im Dienst einer Sache, sondern nur um ihrer selbst willen. Dabei geht es oft nicht um Bereicherung im materiellen Sinne. Die Selbstinszenierung, der Verlust jeglicher Bescheidenheit und Selbstrücknahme bestimmt Wahlkämpfe und zieht, nicht nur in den USA, immer mehr in die Politik ein. „Schaut was wir leisten, wir sind wichtig, ohne uns geht gar nichts, seid gefälligst dankbar“. Zwar wird auch viel von der Pflicht geredet: Man ist dem Vaterland verpflichtet, um es wieder groß zu machen; man ist den Menschen verpflichtet, um sie wieder in stabile Verhältnisse zu führen; man ist der Geschichte verpflichtet, um das zu bewahren, was die Generation vor uns aufgebaut hat – das klingt alles im Grunde gar nicht schlecht. Doch: Die Botschaft hören wir wohl, allein es fehlt der Glaube, weil es denen an Glaubwürdigkeit zu fehlen scheint, die sie sagen.


Der Eindruck, dass Menschen sich gar nicht einer Sache verpflichtet fühlen, sondern letztlich nur ihrem Ego, hat eine verheerende Wirkung. Großmäuler, Wichtigtuer, Egozentriker, Narzissten und Größenwahnsinnige scheinen am Werk, und bei aller Übertreibung, die in diesen Worten steckt: für die Stimmung ist das gar nicht gut. Haben wir die Haltung der Pflichterfüllung, die hinter die Aufgabe zurücktritt, völlig verloren? Und wie können wir sie wiedergewinnen? Denn auch wenn das Wort Jesu in seiner Zuspitzung sehr hart klingt: Es gewinnt unter diesen Voraussetzung an Wahrheit. Warum sagt Jesus das so? Hinter den Worten Jesus steht erst einmal eine Frage des Glaubens. Denn es ist ein Gleichnis vom Himmelreich. Es geht um die Beziehung zu Gott. Die aber wird nicht über Leistung und Arbeit hergestellt. Das ist die genau frohe Botschaft, die hinter Jesu scheinbar harten Worten steckt! Im Jubiläumsjahr der Reformation können wir sie mit den Worten Luthers formulieren: Allein aus Glauben wird der Mensch gerecht. Allein die Vertrauensbeziehung bestimmt unser Verhältnis zu Gott. Wer sich Gott vertrauensvoll zuwendet, der ist gerettet, oder wie Jesus es sehr viel schöner sagt: selig. Nicht wir tun etwas für Gott, sondern Gott hat etwas für uns getan! Dieser schöne Satz hat aber eben auch eine klare Konsequenz: Das Reich Gottes, die Gotteskindschaft, die Gnade, wie immer wir es nennen wollen, können wir uns nicht erarbeiten. Gnade ist nicht die Belohnung, sie ist nicht der Dank für religiöse Pflichterfüllung. In diesem Sinne sagt Jesus: Wir sind unnütze Knechte, unsere Arbeit ist Pflichterfüllung, mehr nicht. Aber auch nicht weniger! Die gute Arbeit wird damit ja nicht abgewertet, sondern im Gegenteil: Sie wird von dem Ballast befreit, immer noch mit einem Auge auf Gott und seinen Dank schielen zu müssen. Aus diesem Blickwinkel wird die fromme Heuchelei, die wir hinter dem Pathos der Pflichterfüllung vermuten, gerade abgewehrt. Damit bekommen wir aber auch in den Blick, dass hier eben nicht von irgendeiner Pflicht die Rede ist. Es geht hier ganz konkret um den Dienst am Nächsten. Es geht hier nicht um eine abstrakte Pflicht, sondern es geht um das ganz selbstverständliche Tun des Guten um des anderen Menschen willen. Und es sind gerade die einfachen Taten des Guten, um die es geht. Jesus zählt sie in einem späteren Kapitel auf: Hungrige speisen, Dürstende tränken, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Gefangene besuchen, Kranke pflegen, Tote bestatten (Mt 25). Das sind die sogenannten „Sieben Werke der Barmherzigkeit“. Sie sind, wenn man so will, die Christenpflicht – nicht um Gott damit einen Gefallen zu tun und sich bei ihm Lohn und Wertschätzung zu erarbeiten, sondern weil das Tun dieser einfachen Werke nicht anderes ist, als die elementaren Bedürfnisse des Menschseins zu stillen. Da geht es überhaupt nicht um den, der die guten Werke tut, sondern nur um den, der sie empfängt. In diesem Sinne sind wir „unnütze Knechte“. Der Satz Jesu will uns helfen, unsere Motivation zu überprüfen und gerade nicht falschen Pflichten zu folgen. Es ist wirklich ein scharfer Satz!


So hat es Sinn, von „Pflicht“ zu reden, und vielleicht ist es wirklich an der Zeit, das auch wieder etwas deutlicher zu tun. Und das geschieht auch. Denn wir erleben über all dem Geschrei der Selbstdarstellung, Selbstbereicherung und Selbstbeweihräucherung auch ein wachsendes Verständnis dafür, dass wir diesen elementaren Aufgaben verpflichtet sind. Die beeindruckende Bewegung der Menschen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren, ist zu nennen. Oder die spürbar wachsende Bereitschaft, sich gegen politische Strömungen zu erheben, die unsere Freiheit und unser demokratische Miteinander unterhöhlen wollen, indem sie aus Selbstsucht Hass, Ausgrenzung und nationalen oder gruppenbezogenen Egoismus predigen. Da spüren Menschen immer deutlicher eine Verpflichtung, sich dagegen zu engagieren.


Wir sind unnütze Knechte – und Mägde, muss man ergänzen – wenn es darum geht, vor Gott zu bestehen. Da helfen uns unsere guten Taten überhaupt nicht, weil sie gar nicht gefragt sind. Vor Gott ist allein unser Glauben gefragt, der im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit nicht ängstlich und furchtsam nach der Pflicht vor Gott fragt und auf seinen Dank schielt, sondern aus großer innerer Freiheit und Gelassenheit heraus die einfache Frage stellt: Was ist zu tun um des nächsten Willen? Denn vor Gott müssen wir nichts beweisen. Seine Wertschätzung und Liebe kommt uns entgegen, die können wir ohne jeden Zweifel voraussetzen. Dafür steht Jesus mit seinem Leben ein, und Gott beglaubigt sein Leben durch die Auferweckung von den Toten, die uns allen verheißen ist. Der Glauben handelt nicht aus Angst und Ruhmsucht, sondern aus Freiheit und Gewissheit heraus. In diesen Sinne sind wir höchst nützliche Knechte und Mägde! Martin Luther hat das in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ einmal in einen wunderbaren paradoxen Satz gefasst: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Was hier wie ein Widerspruch klingt, beschreibt in Wahrheit eine Balance von Freiheit und Pflicht, von Selbstrücknahme und Selbstbewusstsein. Sie verhindert einerseits, dass wir unser Ego unmäßig aufblähen und andererseits ermutigt sie uns, beherzt zu tun, was zu tun ist: Nicht um Gottes Willen, nicht um unserer selbst willen, sondern um des Anderen Willen. Das ist eine sehr vernünftige Regel, weil sie das menschliche Maß hält. Und es ist nun tatsächlich unsere Pflicht als Christen, diese vernünftige, befreiende Botschaft in die Welt zu tragen. „Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was uns aufgetragen war“. Dieser scheinbar so harte Satz ist ein schöner Prüfstein, im großen Geschrei der Selbstdarsteller, Wichtigtuer und selbsternannten Menschheitsretter das rechte Maß zu finden: der selbstverständliche Dienst am Nächsten, der als solcher nun wahrhaftig alles andere als unnütz ist. Gott gebe uns die Kraft und die Weisheit, diese Balance zu halten und zu finden. Es täte uns allen gut, am meisten aber denen, die auf Gerechtigkeit, Zuwendung und Wertschätzung warten. Also am Ende uns allen. So ganze ohne Lohn geht es eben doch nicht: Denn das einfache Tun des Guten trägt seinen Dank in sich. Wer das einmal erlebt hat, wird es nie wieder vergessen. Genau dazu will Jesus uns mit seinem harten Satz ermutigen: Tu es einfach!


Amen.