Lesung:
Magnificat,
Lk
1,39-45.46-55.56
Marias
Besuch bei Elisabeth
39
Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu
einer Stadt in Juda 40 und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte
Elisabeth. 41 Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte
das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt 42 und
rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die
Frucht deines Leibes! 43 Und wie geschieht mir das, dass die Mutter meines
Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte,
hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. 45 Und [a]selig bist du, die du
geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn.
Marias
Lobgesang
Und
Maria sprach:
Meine
Seele erhebt den Herrn,
und
mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; 48 denn er hat die Niedrigkeit
seiner Magd angesehen.
Siehe,
von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. 49 Denn er hat große
Dinge an mir getan,
der
da mächtig ist und dessen Name heilig ist. 50 Und seine Barmherzigkeit währt
von Geschlecht zu Geschlecht
bei
denen, die ihn fürchten.
Er
übt Gewalt mit seinem Arm
und
zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er
stößt die Gewaltigen vom Thron
und
erhebt die Niedrigen.[a]
Die
Hungrigen füllt er mit Gütern
und
lässt die Reichen leer ausgehen.[a]
Er
gedenkt der Barmherzigkeit
und
hilft seinem Diener Israel auf, 55 wie er geredet hat zu unsern Vätern,
Abraham
und seinen Kindern in Ewigkeit.
56
Und Maria blieb bei ihr etwa drei Monate; danach kehrte sie wieder heim.
Predigt:
Jes 52, 7-10
7 Wie lieblich sind auf den
Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen,
Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Deine Wächter rufen mit
lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der
HERR nach Zion zurückkehrt.
9 Seid fröhlich und rühmt
miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und
Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen
aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Liebe Gemeinde!
Es gehört für mich zu den stärksten Szenen im
ganzen Neuen Testament, was wir eben aus dem Munde der Kirchenvorsteherinnen gehört
haben:
Die beiden Frauen, die im Auftrage Gottes
Schwanger sind, treffen aufeinander. Die eine, viel zu alt schon, um noch
Kinder zu kriegen, ist überglücklich. Die andere, sehr jung und unehelich
schwanger, ist in einer schwierigen Situation. Sie sind Cousinen. Sowohl
Elisabeth als auch Maria stammen aus einem priesterlichen Geschlecht, ihre
Stammbäume ragen tief in die Geschichte des Volkes Israel hinein. Sie wissen,
was ihre Schwangerschaften bedeuten. Die eine, Elisabeth, wird den letzten
Propheten gebären. Die andere, Maria, den neuen König. Sie sind von diesem
Wissen ganz erfüllt.
Aber sonst weiß es niemand. Und es glaubt
ihnen auch niemand. Vor allem Maria wird es schwer gehabt haben, das erzählt uns
das Matthäusevangelium sehr eindrücklich. Ihr Verlobter wollte sie verstoßen,
nur ein Engel konnte ihn in letzter Minute davon abringen, sie zu und der
Gerichtsbarkeit zu übergeben, was nicht gut für sie ausgegangen wäre.
Und auch Elisabeth hat ein Problem. In ihrem
Alter – also sagen wir mal: 50 - schwanger zu werden galt als wenig schicklich,
um nicht zu sagen, als Sünde. Darum verstecken sich die beiden Frauen in den
Bergen in der Nähe Jerusalems. Sie müssen sich verbergen vor der Welt, die
ihnen nicht glaubt, die ihnen Vorwürfe und Nachstellungen macht, sie anfeindet
und verspottet.
Kommt Euch das bekannt vor? Die beiden Wissen, was unter ihrem Herzen tragen, die beiden glauben und vertrauen auf das,
was Gott ihnen gesagt hat, aber draußen glaubt es ihnen keiner. Der Glaube
bringt sie in Schwierigkeiten. Das ist doch eine Erfahrung, die wir auch
zunehmend machen. Wer sich heute als glaubender Menschen bekennt, wer sich als glaubendes
Mitglied der Gottesvolkes bekennt, wird doch auch schief angesehen, bespöttelt
und immer mehr auch feindselig angegangen.
Glauben ist für viele so eine Art
Verrücktheit geworden.
Dabei ist in Wahrheit verrückt, nicht zu
glauben.
Denn ohne Glauben ist das Leben leer und
finster, es besteht nur aus Überleben, und zwar ein Überleben auf einen
trostlosen Tod hin.
Ohne Glauben, ohne Vertrauen auf Gott, ist
doch die Weltgeschichte nichts anderes als ein finsterer Ort, wo Menschen
einander abschlachten und einander die Haut über die Ohren ziehen, wo die Natur
verschandelt und ausgebeutet wird und wo Krankheit, Armut und Katastrophen
herrschen. Ohne Glauben ist die Welt doch ein trostloser, schrecklicher Ort.
Nur dem Glauben erschließt sich das Geheimnis
der Welt, in dem aller Trost liegt. Nur dem Glauben öffnet sich die Tiefe der
Welt: Der Glaube sieht den Arm Gottes in der Geschichte und im eigenen Leben. Der
Glaube kann sogar Kummer, Schmerz und Leid aus Gottes Hand nehmen. Der Glaube
findet Trost und Ermutigung.
Als die beiden Frauen aufeinandertreffen,
grüßen sie einander, Elisabeth weiß ja, wen ihre Cousine unter dem Herzen
trägt: den künftigen König der Herzen. Darum sagt sie die berühmten Worte:,
Glückselig bist du!
Denn du hast geglaubt,
dass in Erfüllung geht,
was dir der Herr versprochen hat."
Und Maria antwortet darauf mit einem Lied:
Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freut sich Gottes, meines
Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Die beiden Frauen stärken sich gegenseitig in
ihrem Glauben, sie lieben und achten sich als die, die das Geheimnis Gottes
kennen und teilen. Sie sind die erste Kirchengemeinde: Sie stärken einander den
Glauben an Jesus Christus
So kann der Glaube stark werden: Wenn wir
einander stärken und stützen im Glauben, wie diese beiden Frauen. Man kann eben
nicht allein im stillen Kämmerlein sitzen und glauben. Glaube braucht die
Gemeinde, die Kirche, Glaube braucht die anderen, die glauben. Denn unser
persönlicher Glaube ist nie stark genug, viel zu anfällig und verletzlich. Ohne
Kirche, ohne Gemeinde zu glauben führt stracks in Zweifel und Anfechtung, und
schlimmer noch: In Aberglauben und Irrglauben. Wir brauchen die Stütze von
Außen, denn der Glaube ist nichts, was von innen kommt. Der Glaube ist, wie bei
den beiden Frauen: er ist wie eine Schwangerschaft: Es geschieht zwar in uns,
aber es kommt von außen. Er wächst nicht ohne Samen.
Wie aber kommen wir zum Glauben? Nun,
wahrhaftig, kommen wir so zum Glauben wie die Jungfrau zum Kinde, das ist die
tiefere Bedeutung der sogenannten Jungfrauengeburt: Zum Glauben kommen wir durch
das Wirken des Heiligen Geistes. Und der wiederum wirkt, indem er zu uns spricht. Maria hört, was Gott sagt: Darum
glaubt sie. Sie glaubt ihm aufs Wort, und so verliert sie nicht nur alle Angst,
sondern mehr noch: Sie wird in ihrer Freude und Ihrem Glück selber zu einer
Prophetin, zu einer Sängerin und singt eines der schönsten Lieder der Bibel
Sie singt so, wie es der Prophet Jesaja 400
Jahre früher schon gesagt hat:
„Wie lieblich sind auf den
Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen,
Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Deine Wächter rufen mit
lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der
HERR nach Zion zurückkehrt.
Seid fröhlich und rühmt
miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und
Jerusalem erlöst. Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen
aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.“
Und was damals nur dem Volk Israel gesagt war
und der Stadt Jerusalem, das ist nun der ganzen Welt gesagt und dem großen,
weltweiten Dorf, indem wir leben:
„Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten,
die das Frieden verkündigen, Gutes predigen Heil verkündigen. „
Darum genau geht es.
Wir sind als Kirche in einer Art Krise. Das
ist überhaupt keine Frage. Die Menschen hören uns nicht mehr zu. Was in den
Medien und leider oft auch in der Schule als Religion verkauft und angeboten
wird, ist oft nur noch schierer Aberglaube oder eine wirre Mischung aus
Ideologie und Mythologie, oder sagen wir es krass auf Deutsch: Selbsttäuschung
und blöder unwahrer Kitsch.
In unserem bürgerliches Weihnachtsfest - das ich persönlich sehr mag - ist die Menschwerdung
Gottes kaum noch zu erkennen. Die Adventszeit ist zur „Vorweihnachtszeit“
geworden: Der Advent als Zeit der inneren Vorbereitung auf die Ankunft Gottes,
gar als Bußzeit und Zeit des inneren Gerichtes ist eigentlich nur noch etwas
für Eingeweihte. Schade.
Die Stimme der Kirche und des Glaubens wird
kaum noch wahrgenommen, selbst von ihren Mitgliedern nicht, und wenn, dann oft
so verzerrt und schief, dass man nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Von der Freudenbotschaft
Gottes ist offensichtlich nicht mehr viel zu hören. Ich höre eher säuerliche
Gelehrsamkeit, politische Bescheidwisserei und überhebliches Gefrömmel. oft
sogar mit peinlichem Gerede, das um den heißen Brei herumredet, weil es die
Leute angeblich so wollen. Ich kann das Wort zum Sonntag und das ganze
betuliche Getue nicht mehr ertragen. Hier geht es um Gott! Und davon sollten
wir reden.
Viele Menschen treten aus, weil sie im Grunde
gar nicht wissen, was die Kirche ist und was sie soll und was sie will. Und
deswegen kommen sie auch mit den Veränderungen nicht mehr mit. Das Geld wird
knapp, wir müssen uns als Kirche verändern, kleiner werden, bescheidener, die
fetten Jahre sind vorbei. Wir müssen uns von Gebäuden trennen, wir können nicht
mehr alle Dienste bezahlen. Das macht vielen Menschen Angst, viele macht es
auch wütend und aggressiv. Wer nicht weiß, wofür die Kirche steht und was ihre
eigentliche Aufgabe ist, der wird sie schnell mit dem verwechseln, was man von
ihr sieht. Im Grunde aber, meine Lieben brauchen wir zum Kirche sein nur drei Dinge:
die Heilige Schrift, Menschen, die kundig sind, sie auszulegen und eine
Gemeinde, die hört, was ihr gesagt wird. Und das ist eben nicht einfach das Gegenüber von Pfarrer/Pfarrerin und Gemeinde. Hier fängt der Geistliche Schlendrian schon an.
Und wozu ist die Kirche da? Was ist ihr
Auftrag, was ihr Kern und ihr Wesen? Das fragen wir uns gerade in der
Adventszeit immer wieder, weil wir immer mehr spüren, dass das, was „Draussen“
geschieht mit unserem Glauben wenig zu tun hat. Was antworten wir auf die
Frage, wer wir als Kirche sind?
Nun, genau das, was der Prophet sagt, wer wir
sind: Freudenboten. Uns ist das Wort Gottes anvertraut. Wir sind die Boten
seiner Taten. Wir sind die Geheimnisträger. Wir sind die Freudenboten! Wie die
beiden Frauen, die das Geheimnis Gottes unter ihrem Herzen tragen.
Aha, mag jetzt der eine oder andere sagen, und was geht mich das an?
Was geht die Welt das an? Oh, dann hört noch einmal genau hin, was Maria da so
singt, und sagt mir, ob das nicht eine ganz und gar politische Botschaft ist,
die an Eindeutigkeit, Klarheit und Einfachheit kaum noch zu übertreffen ist?
Nehmt mal alle Ehrfurchtswatte aus Euren Ohren, legt mal allen religiösen und
kommerziellen Weihnachtskitsch beiseite, der uns den Verstand verkleben will und hört doch
einfach mal, was sie singt, und ich lese es euch mal in einer ganz modernen,
aber sehr genauen Übersetzung vor:
"Ich
lobe den Herrn aus tiefstem Herzen.
Alles
in mir jubelt vor Freude
über
Gott, meinen Retter.
Denn
er wendet sich mir zu,
obwohl
ich nur seine unbedeutende Dienerin bin.
Sieh
doch:
Von
jetzt an werden mich alle Generationen
glückselig
preisen.
Alle
Menschen werden erkennen, welches Glück mir zuteilgeworden ist, und mich dafür
ehren."
Denn
Gott, der mächtig ist,
handelt
wunderbar an mir.
Er
ist barmherzig zu denen,
die
ihn ehren und ihm vertrauen –
von
Generation zu Generation.
Er
hebt seinen starken Arm
und
fegt die Überheblichen hinweg.
Er
stürzt die Machthaber vom Thron
und
hebt die Unbedeutenden empor.
Er
füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben
und
schickt die Reichen mit leeren Händen fort.
Er
erinnert sich an seine Barmherzigkeit
So
hat er es unseren Vätern versprochen:
Abraham und seinen
Nachkommen
für
alle Zeiten!"
Das geht uns der Glaube an:
Er verändert die Welt von innen heraus, weil er unseren Blick auf die
Machtlosen lenkt und von unten her denkt. An die Stelle von Gewalt und
Machtstreben treten das Wort und die Barmherzigkeit. Das ist die Botschaft, die
die Welt braucht, und uns, der Kirche Jesu Christ, der Gemeinde Gottes in
Großenritte und Altenritte, ist sie
anvertraut.
Die Zukunft der Kirche hängt
nicht an Pfarrstellen und Gemeindehäusern, ja nicht einmal an Kirchengebäuden,
schon gar nicht an Domen und Palästen, an Kirchensteuer und Spendenaufkommen,
die Zukunft der Kirche hängt einzig und allein davon ab, ob wir es machen wie
Maria und Elisabeth: Ja sagen, wenn Gott uns ruft. So bereiten wir uns vor auf
sein Kommen. Wenn wir wissen, wofür wir da sind, wenn wir Gottes Ruf hören,
dann werden wir auch die Phantasie und die Kraft bekommen, zu entscheiden, wer
wir sein wollen. Dann wird man uns auch zuhören, weil wir etwas ganz Unerhörtes
sagen, was sonst keiner sagt in der Welt:
10 Der HERR hat offenbart
seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das
Heil unsres Gottes.
Dann wird man auch auf uns
hören, denn das ist eine gute Nachricht, und der Geist Gottes steckt in ihr.
Dann sind wir Freudenboten mit lieblichen Füßen. Und die Menschen werden sagen:
Ach so ist das gemeint? Sie werden Furcht und Scham ablegen, und sie werden
begierig werden, mehr davon zu hören, und sie werden die Hände falten zum
Gebet, und das ist der Anfang allen Tuns, aller Weisheit, aller Klugheit, so
wir aus der Vorweihnachstzeit wieder er Advent: Gott kommt!.
Unter dieser Verheißung stehen
wir. Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig
sein.
Gott berühre Euch mit seinem
Geist, er komme in euer Herz, er wecke Euren Verstand, er setze Euch in
Bewegung, er verwandele Euch durch Freude in Freudenboten.
Amen.
"Gott berühre Euch mit seinem Geist, er komme in euer Herz, er wecke Euren Verstand, er setze Euch in Bewegung, er verwandele Euch durch Freude in Freudenboten."
AntwortenLöschenDanke - ebenso!
Freu mich auf die Weihnachtspredigten...
AntwortenLöschen