Dienstag, 24. Dezember 2013

Groß ist das Geheimnis, Vesper Heiligabend 2013

Ansprache 1. Tim 3, 16

16 Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens:
Er ist offenbart im Fleisch,
gerechtfertigt bim Geist,
erschienen den Engeln,
gepredigt den Heiden,
geglaubt in der Welt,
aufgenommen in die Herrlichkeit.
 
 
Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!
 
Genau, möchte man rufen, genau so ist es: das Geheimnis des Glaubens ist groß. Es übersteigt unsere Fähigkeiten, zu verstehen und zu begreifen. Darum sind wir ja hier, alle Jahre wieder aufs Neue, um vor das Geheimnis gestellt zu werden und von ihm zu hören:
Gott wird Mensch. Er zeigt sich im Fleisch. Er ist gerechtfertigt im Geist. Er ist erschienen den Engeln. Er wird gepredigt den Heiden. Er wird geglaubt in der Welt. Er ist aufgenommen in die Herrlichkeit.
Das ist ein Lied, dass der Apostel hier singt. Es ist ein Weihnachtslied, ein Lied, das davon singt, wie sehr sich der Apostel freut und wie er davon ergriffen ist. Von Weihnachten. Genau wie wir. Wir singen auch, und oft verstehen wir so recht gar nicht, was wir singen. Wir loben und preisen Gott, und oft verstehen wir gar nicht so genau, warum. Wir sind tief berührt, wissen aber gar nicht so ganz genau, wovon eigentlich. Wir kommen in die Kirche, weil uns etwas zieht, wissen aber gar nicht so genau, was.
Weil es eben ein Geheimnis ist. Ein Geheimnis darf man nicht verwechseln mit einem Rätsel. Denn Rätsel  kann man lösen. Geheimnisse aber werden immer größer, je mehr man davon versteht.
Nehmen wir die Musik. Das ist ein ganz großes Geheimnis, obwohl wir genau wissen, was da geschieht. Und doch ist es kaum verständlich, wie sie wirkt. Da wird Luft durch eine Blechröhre geblasen, indem mithilfe eines hölzernen Schalters eine Klappe geöffnet wird. Die Luft beginnt darin zu vibrieren, weil sie über eine scharfe Kante geführt wirdDa wird ein Stahlseitl über einen kleinen Holzksten gespannt, und dann schabt man mit Pferdehaaren, die mit Baumwachs klebrig gemacht worden sind, darüber. Beim Ausatmen wird verbrauchte Atemluft über eine Fleischspalte geführt, die mit Hilfe eines Muskel geöffnet und geschlossen wird. Was ich hier beschrieben habe: die Orgel, eine Geige, die menschliche Stimme. Alles gar nicht rätselhaft. Aber die Geräusche, die da gemacht werden, treiben uns die Tränen in die Augen, ergreifen unser Herzen, bewegen uns zu zutiefst, wenn wir sie hören, aber auch wenn wir sie machen: Musik ist ein unbegreifliches Wunder, obwohl wir genau beschreiben können, was da geschieht. Musik verändert uns und macht uns zu besseren Menschen, obwohl es doch nur bewegte Luft ist. Und sie führt uns zusammen in die Gemeinschaft.
So ist es auch mit dem Glauben. Wir erzählen Geschichten, die man genau aufdröseln kann. Wie war das damals in Palästina? Wie sah es das aus? Wie waren die Verhältnisse, wir wissen heute durch Wissenschaft unglaublich viel aus der Zeit in der Jesus geboren wurde. Wir wissen, welche Angaben in der heiligen Geschichte so geschehen sein können und welche im Laufe der Zeit durch das Erzählen an Genauigkeit verloren haben. Und doch hilft uns all das Wissen gar nichts, wenn uns das Geheimnis anrührt, das in diesen Geschichten verborgen ist. Das Geheimnis, das kein anderes ist, als Gott selber. wir hören in und unter alle dem seine Stimme. Wir sehen in all den Rätseln ihn am Werke. Und wir geraten ins Staunen, ins Loben und Preisen, oder eben auch, und das wird oft unterschlagen, ins Zweifeln und Grübeln, in Sorge, oder in Angst. Wenn Gott uns anrührt, rührt uns das Leben selber an: Von außen und doch ganz innen, und wir wissen gar nicht, wie uns geschieht. Wie die Musik. Das genau ist der Zauber von Weihnachten: Da berührt uns das Geheimnis ganz tief, weil es so einfach ist: Ein Kind wird geboren, Gott selber zeigt sich in ihm. Weihnachten zaubert ein Lächeln in eine freudlose Welt – denn wir werden vom Geheimnis des Lebens berührt.
Und darum meine Lieben, ist es so wichtig, dass wir die alten Geschichten immer wieder hören und dem Geheimnis immer wieder auf den Grund gehen, und dass wir damit nicht aufhören und dass wir miteinander singen und loben und Gott preisen für das, was er getan hat. Gott spricht ganz einfach zu uns. Er kommt als Kind. Einfacher geht es nicht. Er ruft die einfachen und schlichten  Hirten: klarer kann man nicht sagen, wer zum Glauben berufen ist. Er lässt die Weisen aus dem Morgenlande kommen und ihn anbeten: klarer und einfacher kann man nicht sagen, wer hier der wahre König ist. Er lässt die Engel singen: einfacher und schlichter kann man nicht zum mitsingen einladen. So will er uns anrühren, damit wir mithinein genommen werden in das Geheimnis des Lebens, damit sich uns das Leben neu erschließt und zu einem neuen, besseren Leben gerufen werde: Ehre sei Gott inder Höhe und Frieden auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Gott teilt sein Geheimnis mit uns in dieser Nacht.
Das lasst uns nach draußen tragen, in die Dunkelheit der Welt. Vielen Menschen ist der Glaube ein Rätsel. Viele reden davon, dass sie nicht glauben können, weil sie denken, dass der Glauben so etwas wie Mathematik oder Physik ist, das man studieren und lernen muss. Für viele ist der Glaube ein Rätsel. Viele verloren ihren Glauben, weil er ihnen als trockene Morallehre oder fromme Besserwisserei, oder gar als doppelzüngige Heuchelei begegnet ist. Vielen ist der Glaube egal, weil sie nicht sehen, was er bringt. Aber der Glaube ist nicht wie Physik oder Mathematik, der Glauben ist eher wie Musik: fang an, mach mit, lass Dich hineinziehen, höre gut zu, öffne dich für den Klang: und sie wird dich berühren. So berühren uns die alten, immer wieder erzählten Geschichten, die uns zum Geheimnis des Lebens führen wollen. Die Herzen und die Hände sollen uns geöffnet werden, damit wir Frieden in die Welt bringen, damit die Welt ein wenig besser machen, als sie ist, damit wir das Licht in die Welt bringen, das mit Jesus Christus in die Welt gekommen ist:
Und groß ist, wie jedermann bekennen muss, das Geheimnis des Glaubens:
Er ist offenbart im Fleisch,
gerechtfertigt bim Geist,
erschienen den Engeln,
gepredigt den Heiden,
geglaubt in der Welt,
aufgenommen in die Herrlichkeit.
An Weihnachten gehen wir mit nach Bethlehem, stehen wir vor der Krippe und wundern uns  und spüren, dass wir gemeint sind.
Denn wie lautet es, das Geheimnis?
Oh, es ist ganz einfach, und ihr wisst es alle, was da in dem Kind in der Krippe als Geheimnis der Welt erscheint, was kein Physiker erforschen, kein Mathematiker berechnen und kein Musiker komponieren kann, es ist ganz einfach, das Geheimnis, und ihr kennt es und weil ihr es kennt, sehnt ihr Euch danach und weil ihr euch danach sehnt, hat es Gott offenbart als das Geheimnis der Weihnacht.
Es ist die Liebe. Was wollen wir mehr. Amen.


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