Sonntag, 31. Januar 2021

Augenzeugen - Ohrenzeugen. Predigt zum ZoomGD Letzer S. n. Ep. 2021

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Pr 2Petr 1,16–19(20–21, Basibibel

16Wir haben euch ja angekündigt, dass unser Herr Jesus Christus machtvoll wiederkommen wird. Und dabei haben wir uns nicht auf ausgeklügelte, erfundene Geschichten gestützt. Sondern wir haben mit eigenen Augenseine wahre Größe gesehen. 17Von Gott, dem Vater, empfing er seine Ehre und Herrlichkeit –aus der majestätischen Herrlichkeit Gottes kam eine Stimme zu ihm, die sagte: »Das ist mein geliebter Sohn, an ihm habe ich Freude.«18 Diese Stimme haben wir selbst gehört. Sie kam vom Himmel her, als wir mit Jesus auf dem heiligen Berg waren.

19 So gewinnen die prophetischen Worte für uns noch an Zuverlässigkeit. Und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet. Denn diese Worte sind wie ein Licht, das an einem finsteren Ort brennt –bis der Tag anbricht und der Morgenstern in eurem Herzen aufgeht.20 Ihr sollt vor allem eines wissen: Kein prophetisches Wort aus der Heiligen Schrift lässt eine eigenmächtige Deutung zu. 21 Denn keines dieser Worte wurde jemals verkündet, weil ein Mensch es so gewollt hätte. Vielmehr waren Menschen vom Geist Gottes ergriffen und haben in seinem Auftrag geredet.

 

 

Liebe Gemeinde, Petrus war Augenzeuge. Die Worte, die er hier schreibt, beziehen sich auf eine Episode im Leben Jesu: die Geschichte von der sogenannten "Verklärung". Jesus steigt zum Beten auf einen Berg. Er nimmt Petrus, Johannes und Jakobus mit. Sie erleben eine Vision: Sie sehen, wie Jesus zu leuchten anfängt und mit Mose und dem Propheten Elia spricht. Daraufhin bricht es aus Petrus, der ja ein schlichtes Gemüt mit lockerer Zunge war, heraus: "Hier ist ein guter Platz, lasst uns hier Hütten bauen!" Währendessen legt sich eine Wolke aus Licht über sie, und sie hören eine Stimme: "Das ist mein Sohn, ihn habe ich lieb, an ihm habe ich Freude, Hört auf ihn". Da kriegen sie es mit der Angst zu tun, aber Jesus berührt sie und sagt: "Fürchtet Euch nicht". Und erzählt das niemanden weiter, bis ich auferstanden bin.

 

Man könnte sie beneiden: Sie haben gesehen, wovon wir immer nur hören. Ihr Glaube beruht auf Wissen, auf Erleben und Augenzeugenschaft. Aber: Das Sehen hat ihnen gar nichts genützt! Denn als es dann ernst wurde, als Verhaftung, Verurteilung und Tod folgten, gerieten sie in Furcht, flohen und verstanden die Welt nicht mehr. Was sie sahen, erschreckte sie.

 

Erst allmählich, erst nach einer ganzen Weile dämmerte ihnen, was wirklich geschehen war. Und zwar nicht aus dem, was sie gesehen haben, sondern aus dem, was sie gehört haben.

 

Sie haben die Geschichte Jesu nur verstanden, weil sie auf das Wort Gottes, oder wie Petrus hier schreibt: auf die "Propheten" gehört haben. Diese Worte deuteten ihnen die Geschichte. Glauben ist eben nicht nicht ein Wissen, sondern eine Art und Weise, die Welt zu sehen. Glauben verändert die Wahrnehmung.

 

Das haben sie ja auch auf dem Berg erlebt (und nicht verstanden): Gott selbst deutet die Person Jesu, der eben nicht nur ein besonders begabter jüdischer Rabbi war, sondern "der Sohn Gottes".

 

Damit ist gemeint: In ihm zeigt sich Gott selbst. Wenn es also etwas zu sehen gab, dann nur diesen Mann, und wenn es etwas zu hören gab, dann nur seine Worte.

 

Am Ende stehen die Augenzeugen an derselben Stelle wie wir: Deuten wir das Geschehen in der Welt als ein Handeln Gottes, oder halten wir alles für Zufall und bedeutungslos, oder sehen wir gar finstere Mächte am Werk?

 

Glauben heißt: Die Welt mit den Augen Jesu sehen. Als einen gesegneten Ort. Als den Ort, an dem Gott sich zeigt. 

 

Und wir haben Jesus heute nicht anders als in Form der Überlieferung in der Bibel, die wir deswegen die Heilige Schrift nennen. Und die müssen wir auslegen, weil sie sich eben nicht von selbst versteht. Das merkt man ja gerade an solchen seltsamen Geschichten, die einem erst einaml fremd sind.

 

Doch auch hier gilt: Das, was wir sehen, ist nicht alles. Die Buchstaben sind nicht die Botschaft. Die Buchstaben, das, was wir sehen, müssen gedeutet und ausgelegt werden. Und das, liebe Gemeinde, ist genau unsere Aufgab als Christenmenschen heute: Die Welt, in der wir leben, als Gottes Welt verstehen, als die Welt, in die hinein Gott gekommen ist, um die Liebe zu bringen. )

 

Denn die Welt ist kein liebevoller Ort, Corona macht uns das noch einmal überdeutlich. Und viele frustriert diese Erfahrung sehr. Sie ist ein Grund, warum viele so müde und viele so zornig sind, und für viele ist das ein Grund, sich vom Glauben abzuwenden.

 

Aber es gibt eben auch Liebe in der Welt. Und wie die Stimme auf dem Berg, sind wir es jetzt, die sagen: Und diese Liebe, das ist Gottes Wirken in der Welt. Wir sind also alle Zeugen, Ohrenzeugen, darin, diese frohe Botschaft weiterzugeben - nicht anderes meint das Wort "Prophet". So setzen wir dem Geschrei und dem Gejammer eine Hoffnung entgegen - auf die wir als Kirche vertrauen seit 2000 Jahren. Und so tun wir uns und den Menschen etwas Gutes.

 

Deswegen dieser schöne letzte Satz:  "Denn kein Prophetenwort wurde jemals verkündet, weil ein Mensch es so gewollt hat. Sondern es erging durch Menschen, die von Gottes Geist ergriffen waren und in seinem Auftrag redeten."

 

Was ist die Aufgabe der Kirche, was ist unser Aufgabe in der gerade Coronazeit? Die Welt retten? Nein, sondern Hoffnung in sie hineinzubringen, und aus der Hoffnung Trost.  Trost vor allem dann, wenn Menschen irre werden an dem, was sie sehen und erleben. Denn der Glaube kommt aus dem Hören (oder, in diesem Falle: aus dem hörenden Lesen) - und aus dem Weitergeben. Wir brauchen dafür keine heiligen Orte, keine Heiligen Zeiten, keine Heiligen Menschen, keine besonders Erleuchtete und Begabte. Weil Gott uns anspricht, sind wir heilige, egal wo wir sind: auch aus dem Wohnzimmer. Denn in der Taufe hat Gott auch zu uns gesagt: Du bist mein geliebtes Kind. Wir sind die Prophetinnen und Propheten, die das Weitererzählen und so andere Menschen zu Ohrenzeugen machen. Auch aus dem Wohnzimmer. Oder vielleicht sogar gerade: Ich jedenfalls begreife durch Corona noch einmal ganz neu, was Luther meinte, wenn er sagte: Gottesdienst kann auch im Schweinstalle stattfinden. Wir waren vielleicht doch zu sehr auf unsere Kirchen, auf die Tradition, auf das, woran wir uns gewöhnt hatte, fixiert und festgelegt, und haben gar nicht gemerkt, was Jesus meinte, wenn er sagte: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, das bin ich mitten unter ihnen. Ich bin mir nicht sicher, ob die „Kirchenpause“, die wir gerade machen müssen, nur ein Unglück ist, oder ob wir daraus nicht etwas mitnehmen oder neu verstehen: Gottes Wort ist überall Gottes Wort. Petrus muss keine Hütte auf dem heiligen Berg bauen. Der Heilige Ort, an dem es gilt, Gott hörbar zu machen, ist die Welt unten im Tal, ist hier. Hier brauchen wir den Glauben, damit wir nicht verzweifeln, mutlos werden oder den Halt verlieren.

 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie glauben können, auch wenn Sie nicht "sehen" - oder wenn, dann mit den Augen des Herzens, die uns der Geist Gottes öffnet, der hinter die Dinge schaut und die Liebe sieht.  Als "Prophet" in diesem Sinne, als getauftes Gotteskind, nichts als Amtsperson, darf ich Euch sagen: Ihr seid Gottes geliebte Kinder, er hat Freude an Euch. Sagt es weiter. 

 

Amen.

 

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