Dienstag, 12. Dezember 2017

Adventsgedicht



1. Advent, Advent,
der Vati rennt.
Denn er muß was Schönes kaufen,
also durch das Städtchen laufen
Boutique, Goldschmied, Spielzeugdealer:
was Rechtes für den Compispieler
für die Tochter was fürs Pferd
und für Mutti, was sie ehrt.
Die Weihnacht naht - mit ihr der Frust:
Was schenk ich bloß? - hab keine Lust
und vor allem keinen Dunst.
Schenken ist halt eine Kunst
für Menschen, die schon alles haben.
So muß Pappi fleißig traben.
Das schönste das er hat, kann er nicht geben:
Sich selber, seine Zeit, sein Leben.
Denn diese Gaben sieht man kaum
unterm bunt gestylten Weihnachtsbaum.
Also muß er munter flitzen
denn alle wollen was besitzen.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.

2. Advent, Advent,
die Mutti flennt.
Weihnachtsfeier, Kindergarten:
alle auf den Kuchen warten.
Weihnachtsfeier, Sportverein:
Mutti würzt den heißen Wein.
Und die Wohnung muß doch glänzen
Besuch wird kommen, ohne Grenzen.
Vier Wochen dauert dieser Kampf:
Heiligabend wird zum Krampf
weil in Hektik eingebettet.
Mutti durch die Wohnung jettet
Oh, die Nerven sind gespannt
heftig wird umhergerannt:
soll das Fest gelingen,
muß frau hier das Beste bringen.
Also gibt sie volle Power.
Doch reicht das nicht auf Dauer.
Denn was wirklich an ihr nagt:
daß kaum mal einer Danke sagt.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.

3. Advent, Advent,
Die Oma pennt.
Sie träumt von jenen Tagen,
als, im Leben voller Plagen,
diese Zeit die schönste war.
Lang ist's her, und kaum noch wahr.
Keiner will es von ihr hören.
Solche Worte können stören.
Sie erzeugen süssen Kummer.
Oma wird drum immer stummer.
Und sitzt so da. Und denkt daran
wie alles anders gehen kann.
Sie sieht, mit wirklichem Bedauern
die Enkel auf den Euro lauern,
weil sie den Groschen einst geehrt
den Apfel, und was sonst viel wert
in einer Zeit der echten Not.
Weihnachten: es ist fast tot.
Doch ist sie still
weil sie das Fest nicht stören will.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.

4. Advent, Advent,
Die Tochter nennt
das Weihnachtsfest 'ne Plage.
"Was soll'n das?" Ist ihre Frage.
Gedicht gelernt, Posaune geübt
und doch: die Stimmung ist getrübt.
War da nicht was mit Frieden?
Und Freude hinieden?
War da nicht was mit Kerzenschein,
und Fröhlichkeit und stille sein?
Wie wäre es, statt vieler Knete,
mit einer wirklich guten Fete?
Und ist da nicht "Der Asylant",
dem Weihnachten ganz unbekannt,
der unter schönen Weihnachtsbaum
mit Schmerzen träumt den Heimattraum?
Ist da nicht "Der Deutsche Wald",
mit toten Bäumen, sterbenskalt?
Und Kinder, die im Bombenkrach
Eltern verloren, Haus und Dach?
Die Tochter schweigt. Der Sohn ist Stille.
Und nehmen die Geschenkefülle.
Bemüht ist oft die Dankbarkeit.
Aller Friede scheint so weit.
Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,
fühlt sich dabei etwas verloren.

5. Advent, Advent.
Ich fänd
es schön, daran zu denken,
daß "Friede" mehr ist als bloß Schenken.
Vielmehr was wirklich Mühe macht:
Zu geben aufeinander acht.
Wird es jetzt fromm? Kommt jetzt Gelaber
Wie man es von Kanzeln kennt? Nein, aber -
Ein Augenzwinkern. Und ein Wunsch:
Plätzchen, Päckchen, Weihnachtspunsch,
alles schön, auf seine Weise.
Doch darunter ist, ganz leise,
die ganz besondre Köstlichkeit:
Das Windelkind.
Es schenkt uns Zeit.
Roland Kupski, 1999.

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