Dienstag, 14. April 2015

Predigt Ostersonntag 2015, Altenritte, Mk 16, 1-8


Mk 16,1-8

161 Jesu Auferstehung

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, daß der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, [a] daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

 

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!

 

Das ist keine Auferstehungsgeschichte. Wir erfahren gar nicht so genau, was geschehen ist. Wir erfahren nur: das Grab war leer. Der Tote war nicht dort, wo man ihn normalerweise vermutet: er war nicht im Grab. In der gesamten Bibel gibt es keine Erzählung davon, was genau am Ostermorgen geschehen ist. Wir erfahren nur etwas über die Wirkungen. Aber was heitß hier „nur“. Auf die Wirkung kommt es ja an. Und die Wirkung, dessen, was das geschehen ist, die spüren wir bis heute.

Die Frauen finden ein leeres Grab. Sie haben ein Vision: Ein Engel sagt ihnen, dass Jesus auferstanden ist, er ist nicht hier. Sie sollen aber zu den Jüngern gehen, nach Galiläa, wohin sie geflohen sind. Dort werden Sie Jesus sehen.

Und was machen die Frauen: sie geraten, was wohl nur mehr als verständlich ist, in Panik und fliehen. Und sie schweigen.

So war es, als das erste Licht des Tages anbrach. Die Frauen haben gesehen, was geschehen ist, aber sie haben es nicht begriffen. Und sind sie uns, denke ich mal, doch sehr nahe. Das leere Grab bedeutet gar nichts. Es ist ein leeres Grab, und das ist eine merkwürdige Vorstellung. Darüber kann man spotten, darüber kann man sich fürchten, darüber kann man in abergläubische Ehrfurcht verfallen. Aber Glauben ist das nicht.

Was wir heute, an diesem Tage feiern, ist das Ergebnis eines Verstehensprozesses, der fünfzig Tage dauerte. Darum beginnt heute die österliche Freudenzeit.

Darum feiern wir ja auch die österliche Festzeit bis Himmelfahrt. In den folgenden 50 Tagen geschahen die eigentlichen Wunder, die den Osterglauben entzündeten: die Überwindung des Schreckens, des Zweifels und der Ohnmacht. Das Leere Grab ist nur der Anfang: und die Geschichte zeigt uns sehr deutlich, dass es bei Auferstehung um mehr und um etwas anderes geht als um die Wiederbelebung eines Toten. Es geht um einen radikalen Wandel des Denkens. Das leere Grab ist im Grunde ein Symbol für unser leeres Herz. Und gefüllt werden kann es nur durch Verstehen und Begreifen, und das geht nur in der Gemeinschaft. 

Davon erzählen die Ostergeschichten.

In der Folge begegneten Menschen dem Auferstandenen Jesus. Aber nicht in Fleisch und Blut, sondern als Vision und Erscheinung. Und immer ging es darum, gemeinsam zu essen! Zuerst erschien er zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, aber sie erkennen ihn nicht. Er legt ihnen die gesamte Bibel aus, um sie zu trösten, aber sie begreifen kein Wort. Erst als sie beim Essen sitzen, geschieht es:

Jesus nimmt das Brot, bricht es und gibt es ihnen – und sie erkennen plötzlich, was geschehen ist: Jesus ist bei ihnen. Sie erkennen ihn an den Zeichen, die er tut. Doch in dem Moment, wo sie ihn erkennen, verflüchtigt sich die Erscheinung. Er ist kein wiederbelebter Toter, er ist reiner Geist, der ihnen in körperlicher Gestalt erscheinen ist; und doch sagen sie: Brannte nicht unser Herz? Das Feuer des Glaubens war in ihnen entzündet, nicht, weil sie in einem leeren Grab standen, sondern weil sie bei Feier der Abendmahls plötzlich seine Nähe erfahren haben. Sie laufen zu den anderen, erzählen ihnen das, die hatten inzwischen auch von den Frauen gehört, was geschehen ist – und natürlich auch nicht geglaubt. Erst als auch ihnen der Auferstandene erschien und mit ihnen das Brot brach, verstanden auch sie, was geschehen ist: Gott hat die Mauer des Todes niedergerissen und spricht zu uns von jenseits dieser Mauer, um uns zu trösten. Jetzt erst macht sich der Osterjubel breit, aber langsam – noch in der Abschiedszene an Himmelfahrt hören wird, dass etliche der Jünger zweifeln! Wir hören es von Paulus in der Lesung. Erst erschien er dem Petrus, dann ein paar andren, schließlich 500 Brüdern –das ist das, was uns die Pfingstgeschichte erzählt. Erst langsam brach sich das begreifen Raum, und plötzlich war die Frage, was da genau am Ostermorgen geschehen ist, völlig unwichtig – deswegen wird uns übrigens die Geschichte vom Ostermorgen von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes in ganz verschiedenen Fassungen erzählt!. Sie spürten die Kraft des Auferstandenen, sie spüren, dass der Schrecken von Karfreitag nur ein Durchgang war durch das Leiden zum Jubel, durch den Schrecken zur Dankbarkeit und zur Freude, und dass damit die normale Ordnung des Lebens- die ja mit dem Schrecken des Todes endet – auf den Kopf gestellt war. Der Tod Gottes war der Anfang des Ewigen Lebens. Der tiefste Moment seiner Erniedrigung war der Anfang seiner Erhöhung. Ab jetzt können Gott und Mensch nur noch zusammen gedacht werden. Was am Karfreitag gestorben ist, ist ein falsches Bild von Gott. Was am Ostermorgen sich in den Menschen breit macht, ist ein neues Bild von Gott, in dem Gott und Menschen vereint sind, wo Tod und Leben kein Widerspruch sind, wo Vergängnlichkeit und Ewigkeit vereint sind.

Glaube entsteht, wenn Menschen von Jesus ergriffen werden und erkennen, wer er für sie ist. Glauben entsteht,  wenn Menschen hinter den Buchstaben und Wörtern, die ja auch bloß eine Art leeres Grab sind, plötzlich Gott erkennen und begreifen, dass er zu ihnen spricht. Dann geschieht Auferstehung jeden Tag, so ist jeden Tag Ostern:  wenn ein Menschen aus seiner Angst, aus seiner Schuld und seiner Ohnmacht geholt wird, weil er die Nähe Jesu erfährt. Wenn ein Mensch die Angst vor Gott verliert und Vertrauen in seine Kraft findet, dann ist Auferstehung, neues Leben mitten im Alten.  Die Auferstehung am jüngsten Tage ist dann nur die Vollendung dieses Geschehens, das Ziel der Hoffnung, die aber jetzt schon nach uns greift, denn jetzt brauchen wir sie.

Darum müssen wir erzählen, und nicht schweigen – die Frauen haben ja am Ende auch erzählt, was ihnen wiederfahren ist, wie sie Auferstehung erlebt haben. Was das leere Grab bedeutet, erschließt sich also im Grunde erst ganz zum Schluss. Es ist unsere eigene innere Leere, von der hier die Rede ist. Suchen wir Gott in der Leere unseres Herzens, werden wir in nicht finden. Wir finden ihn nur in der Gemeinschaft der Glaubenden. Glaube ohne Kirche, Glauben ohne Gemeinde, Glauben ohne Verkündigung ist leer, leer wie das Grab. Erst wenn unser Herz mit dem Worte Gottes gefüllt ist, öffnet sich uns die Wahrheit. Christen glauben nicht an ein übernatürliches Wunder von Wiederbelebung, sondern sie glauben an das natürliche Wunder der Verwandlung aus der Kraft Gottes. Wir erkennen Gott nur und ausschließlich in der Gemeinschaft, die sich um die Zeichen seiner Gegenwart versammelt. Der Theologe Ernst Fuchs hat es einmal so formuliert: Jesus ist in das Wort hinein auferstanden. Wenn wir von ihm reden, dann ist er gegenwärtig.

Darum feiern wir das Abendmahl. Im Abendmahl ist Jesus ganz besonders gegenwärtig: nämlich als ein Stück Brot und ein Schluck Wein, als ein Symbol und Zeichen seiner Nähe. Da ist er uns ganz körperlich nahe. Darum ist das Abendmahl die zentrale Feier unseres Glaubens. Auch Brot und Wein sind letztlich nur leere Dinge, wenn man so will: So, wie sie da jetzt stehen, sind sie ein leeres Grab. Aber wenn wir gleich die Worte dazu sprechen, die Jesus dazu gesprochen hat, dann werden sie zu Zeichen seiner Gegenwart. . Erst das Wort Gottes macht sie für uns zum Zeichen seiner Gnade. Im Grunde ist es ganz einfach. Wir denken immer viel zu kompliziert.

Und so ist auch eine Kirche nur ein leeres Grab, wenn darin nicht das Wort Gotts verkündigt wird. Und so sind auch wir im Grunde wie ein leeres Grab, wenn nicht das Wort Gottes in uns einzieht und uns weckt. Darum müssen wir es immer und wieder hören. Glauben lebt von der Verkündigung, Glauben lebt vom Hören, Glauben lebt von der Gemeinschaft. Glauben lebt genau von dem, was wir hier gerade tun.  

Ostern ist nicht nur der Anfang.  Wir feiern heute nicht nur die Erinnerung an etwas, was vor 2000 Jahren geschah. Ostern ist auch Gegenwart und Zukunft: Denn an Ostern leuchtet das Licht der Ewigkeit in unser Leben. Dafür steht diese schöne Kerze, die heute morgen aus dem Dunkel der Nacht in die Kirche gebracht wurde.

Schwestern und Brüder: lasst euch hineinnehmen in das Licht der Ostertages, das kein anderes Licht ist als das Licht des ersten Schöpfungstages, als Gott aus dem Nichts heraus die Welt in das Sein rief, lasst Euch hereinnehmen in das tiefste Geheimnis des Kosmos, dass da lautet: Über allem waltet die Liebe, das Kreuz ist nicht das letzte Wort!
Das ist im Grunde das, was Gott uns sagen will und was auch der Engel den Frauen gesagt hat: Fürchtet Euch nicht!

1 Kommentar:

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.