Montag, 15. Dezember 2014

Advents- und Weihnachtspoesie

Nun, zum Predigen komme ich dieses Jahr an Weihnachten so gut wie gar nicht. Also geht die Energie mal wieder ein wenig in Richtung "Poesie" (sprich: Pösje; damit hier nicht der Eindruck entsteht, ich hätte den Pegasus gesattelt und wollte gar mit Orpheusens Harfe unterwegs sein). Es ist, wenn man so will, homiletische Gebrauchslyrik, angeregt durch einen Kollegen, der damit einen Gottesdienst gestaltet.
Sollte jemand dergleichen aus der theologisch-poetischen Räucherkammer verwursten wollen, so wäre es mir doch ganz lieb, wenn ich es erstens erführe und zweitens mein Name dabei schon irgendwie auftaucht. Nicht, weil ich auf Lorbeeren aus bin (die brauche ich nur für die Suppe und die Gulaschsoße), sondern weil ich die Mechanismen der theologischen Wurstfabrik inzwischen gut genug kenne, um ein wenig dafür zu sorgen, dass es so bleibt, wie es seit Urbeginn war: Nur der Mythos hat keinen Autor.

Ich bin übrigens für kundige Hinweise, wo das eine oder andere klappert, schief und krumm ist, immer sehr dankbar.



Weihnachtliche Fragen

 

Auf Heu und auf Stroh.
Du fragst Dich: Warum?
Wieso nicht in Seide und Samt?
 
Im Stall unter Tieren.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht vor Dienern und Sklaven?
 
In fremden Gefilden.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht im Zentrum der Macht?
 
Als schutzloser Säugling.
Du fragst dich: Warum?
Wieso nicht als machtvoller Held?
 
Weil Gott es so wollte.
Als Mensch unter Menschen
Dem Menschen ein Mensch.

 

Heute

 

Heute wären es wohl
Banker und Forscher,
die etwas gelesen haben
von einem neuen Trend
in Sachen Gott:
 
Sie würden sich ebenso täuschen
wie damals die Klugen
mit ihren Sternen und Büchern.
Sie liefen auch
in den falschen Palast.
Weil der Palast schon falsch war.
 
Heute wären es wohl
Zeitarbeiter oder
moderne Tagelöhner (sagen wir mal:
Packerinnen und Packer)
denen gesagt würde:
Die Zeit der Gerechtigkeit
bricht heute an.
 
Sie würden ebenso laufen
wie damals die Hirten.
und wären erstaunt
eine Familie zu sehen:
auf der Flucht.
 
Heute wären es wohl
wir
die es auch nicht
verstünden,
was die Engel uns sagen.
 
Doch tief berührt
gingen sie alle
nach Hause.
 

Heiße Weihnacht

 

Weil wir hier Winter haben
fällt es uns leicht,
von Wärme zu reden
und vom strahlenden Licht.
 
Wie aber, wären wir
am anderen Ende der Erde?
Eine laue Sommernacht
Spekulatius am Pool?
 
Wir würden wohl
den Winter in uns
spüren müssen
und das Dunkel im Herzen.
 
Vielleicht käme uns
Weihnachten
in Australien
viel näher?

 

 

 

Verhaltener Jubel

 

Der Stern in jener dunklen Nacht
führt zur unerschöpften Macht
die sich, durch Liebe eingebunden,
In Menschentiefe eingefunden.
 
Der ewig ist, kommt in die Zeit
kostet die Vergänglichkeit,
die so furchtbar bitter schmeckt
und uns von Jahr zu Jahr verschreckt.
 
Die Angst, die uns gefangen hält,
vergiftet peinvoll alle Welt,
macht uns herzlos, neidisch, dumm,
bricht die Rücken, biegt uns krumm.
 
Weil wir in uns gefangen sind,
kommt er menschlich, kommt als Kind.
Seine Engel lässt er künden:
frei seid ihr von allen Sünden!
 
So glänzt der Stern, das kleine Licht,
in jedes Menschen Angesicht.
Wir erkennen, tief betroffen:
was einzig hilft, ist mutig hoffen.
 
 

Nachweihnacht

 

Der Tag wird kommen,
da singen wir wieder
auf kahlen Gefilden,
fröhliche Lieder.
 
Der Tag wird kommen,
da schweigen die Klagen
der Schmerz wird verklingen,
es enden die Plagen.
 
Der Tag wird kommen,
da suchen die Arme
des Nächsten den Nächsten,
dass der Mensch sich erbarme.
 
Die Welt muss vergehen
die Liebe wird siegen
und niemand wird sterben
in Hunger und Kriegen.
 
Es ist schon das Amen
darüber gesprochen.
Die Mächtigen zittern,
der Tod ist gebrochen.
 
Gott hat geredet.
So können wir leben.
Wir müssen nur wagen,
die Häupter zu heben.
 
Winter

 

Die alte Eiche weiß nichts von Erlösung:
Sie steht kahl in der Kälte.
Auch die frostharten Felsen
singen kein Gloria.
 
Der Schnee fällt, weil er fällt.
Eisiger Wind faucht keine Hymnen.
Die Blätter wehen in absichtslosen Kreiseln,
sie haben keine Meinung.
 
Das Eis glitzert auf der Straße,
sein Funkeln ist bloß Licht.
Die Katze miaut
nach Futter und Milch.
 
Das bange Herz aber
fürchtet die Kälte.
Für alle Stummen
ruft es nach Gott.
 
 

Er ist´s (Winteranfang, Frei nach Mörike)

 

Winter lässt sein weißes Tuch
wieder auf die Erde fallen.
Und des Frostes schwerer Fluch
lässt die Eisschicht krachend knallen.
Die zarten Veilchen ziehen sich
            tief verschreckt zurück.
Der kluge Igel igelt ein
            sich in Winterschlafes Glück.
Dass uns die die warme Gnade blüht,
hofft das fröstelnde Gemüt.
 

 

 

 Das folgende Poem ist schon ein wenig älter und wurde auch schon publiziert, in der Waldeckschen Landeszeitung. Ist ewig her. 1996?  

 

Advent, Advent,

der Vati rennt.

Denn er muß was Schönes kaufen,

also durch das Städtchen laufen

Boutique, Goldschmied, Spielzeugdealer:

was Rechtes für den Compispieler

für die Tochter was fürs Pferd

und für Mutti, was sie ehrt.

Die Weihnacht naht - mit ihr der Frust:

Was schenk ich bloß? - hab keine Lust

und vor allem keinen Dunst.

Schenken ist halt eine Kunst

für Menschen, die schon alles haben.

So muß Pappi fleißig traben.

Das schönste das er hat, kann er nicht geben:

Sich selber, seine Zeit, sein Leben.

Denn diese Gaben sieht man kaum

unterm bunt gestylten Weihnachtsbaum.

Also muß er munter flitzen

denn alle wollen was besitzen.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

die Mutti flennt.

Weihnachtsfeier, Kindergarten:

alle auf den Kuchen warten.

Weihnachtsfeier, Sportverein:

Mutti würzt den heißen Wein.

Und die Wohnung muß doch glänzen

Besuch wird kommen, ohne Grenzen.

Vier Wochen dauert dieser Kampf:

Heiligabend wird zum Krampf

weil in Hektik eingebettet.

Mutti durch die Wohnung jettet

Oh, die Nerven sind gespannt

heftig wird umhergerannt:

soll das Fest gelingen,

muß frau hier das Beste bringen.

Also gibt sie volle Power.

Doch reicht das nicht auf Dauer.

Denn was wirklich an ihr nagt:

daß kaum mal einer Danke sagt.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

Die Oma pennt.

Sie träumt von jenen Tagen,

als, im Leben voller Plagen,

diese Zeit die schönste war.

Lang ist's her, und kaum noch wahr.

Keiner will es von ihr hören.

Solche Worte können stören.

Sie erzeugen süssen Kummer.

Oma wird drum immer stummer.

Und sitzt so da. Und denkt daran

wie alles anders gehen kann.

Sie sieht, mit wirklichem Bedauern

die Enkel auf den Euro lauern,

weil sie den Groschen einst geehrt

den Apfel, und was sonst viel wert

in einer Zeit der echten Not.

Weihnachten: es ist fast tot.

Doch ist sie still

weil sie das Fest nicht stören will.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent,

Die Tochter nennt

das Weihnachtsfest 'ne Plage.

"Was soll'n das?" Ist ihre Frage.

Gedicht gelernt, Posaune geübt

und doch: die Stimmung ist getrübt.

War da nicht was mit Frieden?

Und Freude hinieden?

War da nicht was mit Kerzenschein,

und Fröhlichkeit und stille sein?

Wie wäre es, statt vieler Knete,

mit einer wirklich guten Fete?

Und ist da nicht "Der Asylant",

dem Weihnachten ganz unbekannt,

der unter schönen Weihnachtsbaum

mit Schmerzen träumt den Heimattraum?

Ist da nicht "Der Deutsche Wald",

mit toten Bäumen, sterbenskalt?

Und Kinder, die im Bombenkrach

Eltern verloren, Haus und Dach?

Die Tochter schweigt. Der Sohn ist Stille.

Und nehmen die Geschenkefülle.

Bemüht ist oft die Dankbarkeit.

Aller Friede scheint so weit.

Das Kind jedoch - Gott, hier geboren,

fühlt sich dabei etwas verloren.

 

Advent, Advent.

Ich fänd

es schön, daran zu denken,

Daß "Friede" mehr ist als bloß Schenken.

Vielmehr was wirklich Mühe macht:

Zu geben aufeinander acht.

Wird es jetzt fromm? Kommt jetzt Gelaber

Wie man es von Kanzeln kennt? Nein, aber -

Ein Augenzwinkern. Und ein Wunsch:

Plätzchen, Päckchen, Weihnachtspunsch,

alles schön, auf seine Weise.

Doch darunter ist, ganz leise,

die ganz besondre Köstlichkeit:

Das Windelkind.

Es schenkt uns Zeit.

 

 

 

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