Montag, 21. Juli 2014

Familiengottesdienst zum Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“, Altenritte, 20.7.2014, Auftakt Sommerfest.


Familiengottesdienst zum Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“, Altenritte, 20.7.2014, Auftakt Sommerfest.

Text der Lesung, als freie Erzählung mit Filztafel: Der verlorene Sohn, Lk 15.

Anspiel der Konfirmanden:

Kupski: Neulich auf der Konferfreizeit: Nachts blättert Vivienne im Gesangbuch.

K1: Oh, hier habe ich ein schönes Lied gefunden:

Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben;

K2: Den Sommer finde ich auch ganz toll: Da ist es warm, ich kann schwimmen gehen, ich kann mich sonnen, es gibt sechs Wochen Sommerferien, endlich keine Schule! Der Sommer ist meine Lieblingsjahreszeit.

K3: Naja, mir ist es jetzt aber viel zu heiß. Da habe ich nicht so viel Freude, sondern suche nur ein kühles Plätzchen. Gut, gegen einen Besuch im Schwimmbad habe ich auch nichts, aber immer dieser Sonnenbrand!

K2: Ich mag die Wärme. Im Sommer ist alles viel einfacher.

K3: Dann hast du ja schon Freude gefunden! Eigentlich ist es ja auch schön, rauszugehen. Die Blumen blühen so schön und ich sehe so gerne Schmetterlinge. Und einige Büsche riechen so gut. Aber was hat Gott damit zu tun?

K2: Der hat doch die Welt geschaffen, das haben wir doch heute in der Bibel gelesen: An sieben Tagen schuf Gott Himmel und Erde. Und es war sehr gut, so heißt es.

K1: Kann ich mal weiter vorlesen?

K2: Wir haben heute schon den ganzen Tag gesungen und gebetet und in der Bibel gelesen, jetzt reichts mal.

K3: Ich will jetzt mal endlich weiterlesen, das ist ein total spannendes Buch (hochhalten)

K1: nee, hört mal zu, das Lied geht noch weiter:

schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.

K2: Eigentlich haben sich ja nicht die Gärten geschmückt, das sind doch die Menschen. Die Menschen jäten Unkraut und pflanzen und säen, Die mähen den Rasen und beschneiden die Bäume, damit sie gut wachsen können. Die düngen und gießen und ernten das Gemüse.

K3: Und machen viel kaputt, begradigen die Flüsse, dass es andauernd Überschwemmungen gibt, zu viel Dünger, der das Essen vergiftet, die Luft wird verpestet durch Autos und Fabriken. Das machen die Menschen auch. Da freue ich mich nicht so! Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist es dann nicht perfekt?

Kupski klopft an: Gute Nacht!

K2: Herr Kupski, sagen Sie doch mal: Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist sie dann nicht nur schön?

K 3: Ja, das möchte ich auch wissen. Es gibt viel Schönes hier, aber auch viel Schreckliches.

 

 

Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn!

 

 

Eine wichtige Frage stellt ihr da: Wenn Gott die Welt geschaffen hat, warum ist sie dann nicht nur schön? Es gibt viel Schönes hier, aber auch viel Schreckliches.

 

 

Wie lautet die Antwort? Sie steckt in der Geschichte vom verlorenen Sohn. Es mag sich mancher gefragt haben, was die wohl mit dem Thema zu tun hat: Geht es heute nicht um das schöne Lied „Geh aus mein Herz, und suche Freud?“. Nun, es ist im Grunde ganz einfach: der junge Mann zog aus, um sein Glück zu suchen. Und er scheiterte, weil er das falsche Glück suchte. Und er wurde gerettet, weil sein Vater ihn aus reiner Liebe wieder aufnahm. Der junge Mann suchte das Glück von Geld, Erfolg, Ruhm und Spaß – und er fand am Ende, nach einem Weg in den Abgrund und die tiefste Demütigung, etwas ganz Anderes. Die Freude der Vergebung, die Freude einer unbegreiflichen Liebe, die nicht nach Schuld fragt, sondern sich einfach freut, wenn ein Mensch den Weg zurück findet. Für mich ist nach wie vor das Bewegendste an der Geschichte die kleine Szene, wo der Vater auf den Sohn zuläuft, als er ihn kommen sieht. Denn wisst ihr, was das bedeutet? Dass der Vater jeden Tag in der Tür stand und auf den Horizont schaute, ob und wann der Sohn wiederkommt. Das ist Liebe: sie lässt den anderen gehen, aber sie gibt ihn nicht auf!

Denn zur Liebe gehört die Fähigkeit, dem anderen die Freiheit zu geben. Genau das tut der Vater: er lässt seinem Sohn die Freiheit der Entscheidung. Und der Sohn entscheidet sich – und läuft in die Irre. Darum, meine Lieben, ist die Schöpfung, wie wir sie erleben, auch ein Ort des Schreckens, der Irrtums, des Schmerzes und des Todes. Sie sind der Preis der Freiheit. Weil wir uns entscheiden können und dürfen, machen wir Fehler, oft fatale, schlimme Fehler. Wir haben die Freiheit, auf der Suche nach dem Glück schlimmstes Unheil anzurichten. Heute ist der 20. Juli: vor 70 Jahren hat eine Gruppe von mutigen Männern versucht, den Diktator Adolf Hitler zu töten. Das hat nicht funktioniert, die Attentäter wurden hingerichtet, ihre Familien verfolgt. Warum ich darauf komme? Fast ein ganzes Volk war in die Irre gelaufen, weil es sein Glück suchte, weil es auf Versprechen und Verheißungen reingefallen war – und auf diese Weise ein Unheil über die Welt brachte, wie es in der Geschichte der Menschheit ohne Beispiel ist. Auch einige der Attentäter waren anfangs Bewunderer von Adolf Hitler, träumten auch von deutscher Herrlichkeit und Wiedergutmachung für die Schmach, die Deutschland nach dem ersten Weltkrieg vermeintlich und wohl auch in manchem tatsächlich erleben musste – sie merkten, zu spät, wie wir heute wissen, dass das ein Unheilsweg war. Und man beachte: Der Weg der Lösung des Problems war wieder ein Mord! Die Welt kann ein schrecklicher Ort sein, weil wir die Freiheit haben, unser Handeln selber zu bestimmen. Die Männer des 20. Juli sind Helden, weil sie sich tapfer entschlossen haben, ein größeres Übel durch ein kleineres Übel aus der Welt zu schaffen: Sie machten Gebrauch von der Freiheit. Und zahlten einen hohen Preis. Wir sollten sie in Ehren halten – sie glaubten an das Gute in der Schöpfung.

Die Bibel erzählt davon, wie die Menschen aus dem Garten Eden, aus dem Paradies vertrieben worden sind. Gott hat die Menschen, so wird erzählt, in einen wunderbaren Garten gestellt, in dem das Leben ganz auf Frieden und Koexistenz ausgerichtet war. Wir alle tragen dieses Bild von Paradies tief in uns. Und weil der Mensch das einzige Tier ist, dass Freiheit genießen darf, gab Gott ihnen ein Gebot, damit die Freiheit auch sichtbar wird: Freiheit ist nur dort, wo die Möglichkeit besteht, etwas falsch zu machen. Esst nicht vom dem Baum in der Mitte des Gartens, sonst müsst ihr sterben! Es ist der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse – ihr seid dem nicht gewachsen! Nur Gott darf davon essen. Wir wissen, wie es kam: Die Menschen aßen davon, erst Eva, dann Adam. Sie machten von ihrer Freiheit Gebrauch. Es war ihre Entscheidung. Und sie führte ins Unglück. Fortan, so wird trotz aller Märchenhaftigkeit der Geschichte beben doch sehr wahr und sehr eindrücklich erzählt, ist die Schöpfung angegriffen und nicht mehr in Ordnung. Der Acker wird für Adam ein Ort der Qual und der Last, Kinderkriegen wird für Eva lebensgefährlich, zwischen Mensch und Tier herrscht Feindschaft und an die Stelle der Liebe tritt das Streben nach Macht. Das ist, was wir die Sünde nennen. Und das spiegelt sich in der Geschichte vom verlorenen Sohn wieder: Er macht von seiner Freiheit gebrauch, aber weil er dabei das Gebot Gottes nicht achtet und sein Geld nicht zum Wohle des Nächsten einsetzt, muss er scheitern. Aber, und das ist ja das, wozu uns die Geschichte ermutigen will: er macht auch von seiner Freiheit Gebrauch, einen Schlussstrich zu ziehen und sein Leben zu ändern. Er erinnert sich daran, wie gut es ihm beim  Vater ging. Er schämt sich, wie sich Adam und Eve schämten, aber er verkriecht sich nicht vor Scham in der hintersten Ecke, sondern er steht auf und geht heim. Ein Rest von Vertrauen war noch in ihm wach. Und er sollte nicht enttäuscht werden. Ganz im Gegenteil: So wie Adam und Eva eben nicht sterben mussten, sondern leben durften, wenn auch unter verschärften Bedingungen, auf Bewährung, wenn man so will, so wird auch der Sohn vom Vater in die leibenden Arme genommen: ohne alle Bedingungen, einfach so. Denn so ist die Liebe: einfach so!

Nichts anderes ist Glauben, und von nicht anderem singt Paul Gerhardts Lied: Auf diese Liebe Gottes zu vertrauen. Die Schöpfung ist, weil wir Menschen unsere Freiheit eben auch zum Bösen gebrauchen, ein Ort der Unordnung geworden, aber Gottes Liebe bleibt. Der junge Mann sucht sein Glück, und mit Schmerzen lässt der Vater ihn ziehen, doch er ist, schon als er ihn ziehen lässt, bereit, ihn wieder aufzunehmen. Wo wir Menschen, wenn wir ehrlich sind, mit Zorn, Wut oder gar schierer Verachtung reagiert hätte, wie der ältere Bruder, reagiert der göttliche Vater mit Freude, ja mit ausgelassener Freude. Deswegen ist übrigens der ältere Bruder in der Geschichte so wichtig: Er ist wie wir. Er hält es nicht gut aus, dass Gott gnädig ist. Er hätte doch lieber, dass der jüngere Bruder bestraft wird. Er ist, man muss es leider sagen, aus der Sicht Gottes, voller Missgunst: Welches Unrecht geschieht ihm denn? Er lebte doch in der Sicherheit und der Ruhe des heimischen Herdes, er wählte eben den Weg der Sicherheit. Geschieht ihm ein Schaden? Siehe, mein Sohn war Tod, jetzt lebt er wieder, sagt der Vater und beschämt den älteren Bruder. Auch er soll zur Freude geführt werden: Manchmal brauchen wir Menschen dazu einen deutlichen Anstoß.

Und genau das macht Paul Gerhardt mit seinem fröhlichen Leid. Er erinnert uns daran, übrigens mitten im dreißigjährigen Krieg! – dass der wahre Ort der Freude bei Gott zu finden ist und das irdisches Glück nur sehr vorläufig ist. Darum wird ihm die Natur zur Schöpfung: Er sieht, weil er auf Gott vertraut, den schönen Garten, er sieht die Harmonie und die Freude, er sieht durch die Natur mit all ihren Grausamkeiten und Gemeinheiten hindurch, er sieht in der Natur so etwas wie ein Echo der Schöpfung, zu der Gott einst gesagt hat: und siehe, es war sehr gut!  Wie kommt er dazu? Er kommt dazu, weil er auf das vertraut, was Jesus Christus für uns getan hat: Der nämlich führt uns in die neue Freiheit der Kinder Gottes. Darum erzählt uns Jesus die Geschichte vom verlorenen Sohn. Denn Jesus Christus brachte etwas in die Welt, was vorher so nicht da war: die Hoffnung! Davon singt Paul Gerhardt nämlich: von der Hoffnung! Freiheit kann nur dann richtig gebraucht werden, wenn die Hoffnung dabei ist – die Hoffnung, dass Gott das, was wir anfangen, zu einem guten Ende führen wird – so wie es beim verlorenen Sohn am Ende ja auch war. In der Tat: Glauben heißt, auf das Happy End vertrauen. Darum sind bei den Paul-Gehardt-Liedern die letzten Strophen immer die wirklich schönen, und es ist fast ein bisschen schade, dass wir sie so selten singen: und darum singen wir jetzt auch gleich die Strophe 9-12, und ganz am Ende erst die erste und letzte Strophe.

Ich weiß: das war jetzt keine einfach Antwort auf eure einfache Frage. Aber der Glaube ist auch nicht dazu da, die Welt einfacher zu machen. Denn die einfachen Antworten sind selten die richtigen: sie enden oft in Gewalt und Ungerechtigkeit. Der Glaube will uns helfen, mit der komplizierten Welt zurecht zu kommen, in dem er uns Mut machen will: Und wenn Du auch bei den Schweinen hockst, wie der jüngere Bruder, es gibt den Weg zurück: trau Dich. Und wenn Du dich auch ungerecht behandelt fühlst: Du bist eingeladen! Und wenn Dir die Welt auch ein Ort des Schreckens ist: Sie ist Gottes gute Schöpfung. Gebrauche mutig deine Freiheit: vertraue nicht auf das, was dir als Glück erscheint, vertraute auf die Freude, die aus Gott kommt und einen ganz einfachen Namen hat: Glaube, Liebe, Hoffnung.

Das feiern wir heute, wenn wir Sommerfest feiern: Gottes Gute Schöpfung. Jeder Sommertag ist eine Erinnerung daran, wie Gott die Schöpfung gemeint hat. Es ist deine Entscheidung, wem Du dienst: Gott oder der Welt. Wer sich für Gott entscheidet, entscheidet sich für die Freude, weil sich Gott für uns entschieden hat: So singt es Paul Gerhardt in der letzten Strophe:

„Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reis an Leib und Seele grünen, so will ich dir und deiner Ehr, allein und sonsten keinem mehr, hier und dort ewig dienen, hier und dort ewig dienen.“

Schwestern und Brüder im Herrn. Die Freude an Gottes Schöpfung ist der Anfang aller Freude. lasst sie uns genießen und feiern! Es ist Erinnerung und Vorgeschmack auf das Paradies.  Amen.

 

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